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Medien und Gesellschaft

"Bumsen, belügen, wegwerfen": Wie Springer Reichelt gewähren ließ

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzSamstag, 18.02.2023

Ich schätze Anja Reschke als Journalistin. Deshalb haben mich die ersten beiden Folgen von "Reschke Fernsehen" enttäuscht. Alles wirkte auf mich wie ein schlechter Böhmermann-Abklatsch, inhaltlich, stilistisch und humoristisch passte wenig zusammen.

Die dritte Folge ändert das. Was Reschke und ihre Redaktion in "Julian Reichelt und die Frauen: 'Bumsen, belügen, wegwerfen'" aufdecken, ist bedrückend und empörend zugleich. Die knapp 30 Minuten starten eher langsam, Reschke erzählt bereits bekannte MeToo-Fälle und den Machtmissbrauch des ehemaligen Bild-Chefs Julian Reichelt. Dann gewinnt der Film an Fahrt – und wie.

Reschke lässt die betroffenen Frauen zu Wort kommen, die Brutalität und Ausmaß der Übergriffe und Einschüchterung schildern. Indirekt tritt auch Reichelt selbst auf, in Form von Nachrichten, die er Frauen schrieb, mit denen er schlief. Der Tiefpunkt: "Weil ne dumme Affäre wie du es nicht besser verdient hat, ganz einfach: Bumsen, belügen, wegwerfen." Vor diesem Hintergrund wirkt es absurd, dass Reichelt versuchte, unter anderem wegen des angeblich irreführenden Titel presserechtlich gegen die damalige Spiegel-Recherche vorzugehen: "Vögeln, fördern, feuern"

Die Aussagen der Frauen und das Verhalten von Reichelt wird gegengeschnitten mit der Reaktion von Springer-Chef Mathias Döpfner, der offenbar viel früher und umfassender von Machtmissbrauch, Drogenkonsum und Affären des Bild-Chefs wusste, als er zugab. Am Ende bleibt eine Frage, die Übermedien bereits vor genau einem Jahr stellte: "Was muss eigentlich noch passieren, damit Döpfner geht?"

"Bumsen, belügen, wegwerfen": Wie Springer Reichelt gewähren ließ

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Kommentare 5
  1. Jan Freitag
    Jan Freitag · vor mehr als ein Jahr

    Wichtiger piq, danke Simon! In spätestens sieben, acht Jahren wird Reichelt bei der AfD oder einer ähnlichen Neugründung sein und sich um Ämter bewerben, nur so ein düsterer Tipp...

    1. Angelika Weishaupt
      Angelika Weishaupt · vor mehr als ein Jahr

      Dazu muss er nicht zur AfD oder ähnlichen Partei gehen. In den sogenannten Volksparteien könnte er sich auch noch etablieren. Es ist naiv anzunehmen, dort gäbe es keinen systemischen Sexismus.

    2. Jan Freitag
      Jan Freitag · vor mehr als ein Jahr

      @Angelika Weishaupt Das stimmt, aber Reichelt überholt Maaßen auf Sarazzins Überholspur ideologisch grad Richtung Höcke, da wird selbst die Werteunion zu links für den publizistischen Gewalttäter

    3. Angelika Weishaupt
      Angelika Weishaupt · vor mehr als ein Jahr

      @Jan Freitag Richtig. Er ist nicht nur ein widerlicher Sexist. Dieser Mann hat viele gefährliche Facetten. 'Achtung, Reichelt!', sollte man wortwörtlich nehmen.

  2. Angelika Weishaupt
    Angelika Weishaupt · vor mehr als ein Jahr

    Ich habe Reschke Fernsehen gestern mit dem Reichelt Beitrag gesehen. Ich war so angewidert!! Wir leben im 21. Jahrhundert und es hat sich in den letzten 50 Jahren nichts geändert. Männer verharren in ihren Machtpositionen und sexualisieren weiterhin Frauen, um sie zu dominieren.

    Vor 30 Jahren habe ich in einer Konzertagentur gearbeitet. Wenn mein Chef hinter mir stand, während ich am Schreibtisch arbeitete, war es gar nicht unüblich, dass er anfing meinen Nacken zu massieren oder mich darum bat, seine vergessenen Utensilien im Bordell abholen zu lassen. Das war tiefstes 20. Jahrhundert.

    Ein mir gut bekannter dänischer Journalist betreibt mittlerweile eine peinliche Website für "weiße alte Männer", auf der er sich dazu hinreißen ließ zu schreiben: "Wir verlieren Privilegien, um die uns unsere Söhne noch beneiden werden." Ich hoffe, sein Sohn ist klüger!!

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