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Medien und Gesellschaft

Apology statt Nopology: Wie sich Medien entschuldigen sollten

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzMontag, 06.02.2023

Eine der bekanntesten Entschuldigungen im deutschsprachigen Journalismus stammt von der Chefredaktion der ZEIT:

Wir bedauern, dass sich einige Leser in ihrem ethischen Empfinden verletzt gefühlt haben, und dass der Eindruck entstehen konnte, die ZEIT oder auch Mariam Lau würden einer Seenotrettung generell eine Absage erteilen. Dies ist nicht der Fall.

Auch an das Mea Culpa der SZ dürften sich noch viele erinnern:

Viele unserer Leserinnen und Leser kritisieren diese Veröffentlichung scharf und sind empört. Manche empfinden den Text als antisemitisch, etliche sehen Levit als Künstler und Menschen herabgewürdigt. Auch er selbst sieht das so. Das tut uns leid, und deswegen bitten wir Igor Levit persönlich wie auch unsere Leserinnen und Leser um Entschuldigung.

Auslöser waren das Pro & Contra zur privaten Seenotrettung sowie ein Porträt des Pianisten Igor Levit. Beide Stellungnahmen erfüllen nicht alle Kriterien für eine gute Entschuldigung, die Veronique Brüggemann von funk im Newsletter von Anne-Kathrin Gerstlauer nennt:

Eine gute Entschuldigung erfolgt zeitnah, benennt die gemachten Fehler klar und korrigiert sie – wenn möglich – eindeutig und sauber. Hier gehen wir vor, wie bei einer Richtigstellung.

Die Antwort der ZEIT ist eher eine Rechtfertigung, die Reaktion der SZ kam zu spät (zuvor gab es andere, ausweichende Stellungnahmen in sozialen Medien). Das passt zu dem, was Veronique schreibt:

In einigen Köpfen hängt noch der Gedanke fest, Kritik lasse sich abwarten und aussitzen und dass das Anerkennen von Fehlern einen viel größeren Imageschaden bringe, als die Kritik selbst. In Zeiten von Social Media stimmt diese Einstellung fatal. Fehler versenden sich nicht mehr.

Eine schlechte „Entschuldigung“ kommt fast immer zu spät. Nämlich dann, wenn der Druck so groß geworden ist, dass man irgendwas sagen muss, obwohl man nicht will. Das zeigt sich auch im Text des Statements. 

Schlechte Entschuldigungen, auch als "Nopology" bekannt, sind bei Unternehmen und Verlagen leider weitverbreitet. Sie klingen zum Beispiel so:

Bei kontroversen Beiträgen kann es passieren, dass auch Gefühle verletzt werden. Das war natürlich nicht unsere Absicht. Wir wollten uns dem Thema jüdische Nasen humoristisch nähern. Sollte das missverstanden worden sein und sich dadurch jemand verletzt gefühlt haben, tut uns das leid.

Mit den Tipps von Veronique wird aus einer solchen Nopoly eine Apology – und das ist nicht nur wichtig für Medien und Redaktionen, sondern für alle Menschen, die sich für Fehler entschuldigen möchten.

Apology statt Nopology: Wie sich Medien entschuldigen sollten

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Kommentare 3
  1. Michael Praschma
    Michael Praschma · vor fast 2 Jahre

    Zwei Dinge gehören in diesem Zusammenhang noch wesentlich deutlicher herausgestrichen:
    1.: Die oft verwendete Phrase "Ich entschuldige mich für …" ist an und für sich schon eine Unverschämtheit, denn entschuldigen kann ich mich nie selber, sondern nur die Person, der ich etwas angetan habe. "Ich bitte um Entschuldigung" – meinetwegen, aber dann mit allen Voraussetzungen, die im Artikel richtigerweise angeführt sind.
    2.: Es schadet durchaus dem öffentlichen Diskurs, wenn Nopologies erfolgen, wo eigentlich eine harsche begründete Zurückweisung von Vorwürfen angebracht wäre. Denn der Unkultur der Nopologies entspricht ja die Unkultur des Shitstorms, wo dieser eine noch mögliche respektvolle Auseinandersetzung vom Tisch fegt.

  2. Alexander Matzkeit
    Alexander Matzkeit · vor fast 2 Jahre

    Diese Art von Diskussion um Entschuldigungen gibt es immer wieder und ich finde sie verkennt eine Tatsache: Sie funktioniert nur, wenn der Kritisierte tatsächlich einsieht, einen Fehler gemacht zu haben und wirklich um Entschuldigung bitten will. In der Regel ist das ja nicht der Fall, sondern es wird sich nur entschuldigt, weil das erwartet wird und ja, jetzt wissen alle, dass es eine "korrekte" Form dafür gibt. Aber meist ist es halt doch nur ein PR-Move hinter dem der Gedanke steht "Ich mache das jetzt mal lieber, sonst hört die Kritik nie auf und darauf habe ich keinen Bock."

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor fast 2 Jahre

      Berechtigter Hinweis, Veronique thematisiert das zumindest indirekt:
      "In der Folge ist es wichtig, berechtigte Wut und Kritik aushalten. Außerdem solltet ihr überlegen, wie ihr ähnliche Fehler in Zukunft verhindern und entsprechende Maßnahmen umsetzen werdet. Auch diese kann man ankündigen. Je nach Sachlage, kann das aber wirken wie ein leeres Versprechen, deswegen ist hier Vorsicht geboten."

      Das setzt ja eine gewisse Einsicht voraus. Ich glaube, dass es tatsächlich Fälle gibt, in denen Menschen ehrlich um Entschuldigung bitten möchten, sich aber unglücklich ausdrücken. Grundsätzlich bin ich aber bei dir: Viele Apologies werden zu Nopologies, weil nur PR dahintersteckt. Oft merkt man es Entschuldigungen an, ob sie ernst gemeint sind oder nicht.

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