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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Es kommt kaum zu Ballwechseln, weil Nolte sich weigert, seine perfekt geschwungene Vorhand auf Sicherheit umzustellen. Er macht dabei im Grunde alles richtig, nur dass die Bälle konstant im Aus landen und ihn so was wie Taktik nicht allzu sehr interessiert. Ab und zu, wenn ein besonders schön durchgezogener Vorhand-Winner wieder nur im Aus landet, stößt Nolte kleine spitze Michael-Jackson-Schreie aus. Und während ich die verschlagenen Bälle aus den Urin-Büschen hole, stelle ich ihm biographische Fragen.
Stichwort Namen, das Allerschwierigste: Wie zufrieden ist er mit seinem eigenen? Jakob Nolte mag seinen Namen, würde ihn aber unterm Strich nicht im Roman verwenden, weil ihm das wie ein Taschenspielertrick vorkäme. Wie präzise kann er älteren Jahrgängen seinen eigenen erklären? „Wenn man 1988 geboren ist, hat man gerade noch so das Gefühl, alles zu verstehen, was medial passiert, erste Verunsicherungen wie Tiktok inklusive.“ Den Übergang zwischen virtuell und real in seinem Leben empfindet er bruchlos-fließend. Er kann schon mal einen Sonnabend lang durchgamen und benutzt von den Sozialen Medien nur Telegram.
Er mag aber auch das Soziale, speziell im Theaterbetrieb oder seinem Tischtennisverein TTC Neukölln. Jakob Nolte geht gern aus, vermisste in der Pandemie seine Kreuzberger Lieblingskneipe und das Clubbing. Musik ist ihm sehr wichtig, er hört sie auch beim Schreiben, wenn die Texte nicht zu appellativ sind. Bon Iver ist ihm bereits zu Mainstream, und der ganze weiße Indie-Bereich suspekt, seit Leute wie Ariel Pink und John Maus Trump unterstützen. Sein eigener nicht komplett obskurer oder unbekannter Lieblingsmusiker ist momentan Travis Scott.
Insgesamt ist der Nachmittag also ein großer Spaß, ohne jemals vollkommen albern in die Untiefen des ironischen Spielens abzugleiten. Was bei Autoren, in der Regel Meister der Monolog-Sportarten wie Laufen und Schwimmen, bei den sogenannten Dialog-Ballsportarten ja oft die reale Gefahr ist. Richard Ford hat das mal im Sportreporter beschrieben: sich zu sehr beim Golfschwung von außen zu betrachten, um es dann jemals wieder unverkrampft hinzubekommen.
Jakob Nolte und ich hingegen sind wenigstens immer noch besser als die jugendlichen Punks, die an der Platte neben uns zu spielen angefangen haben – und die sich nicht weiter daran stören, dass zwei Erwachsene an einem normalen Werktag nachmittags um Punkte spielen und zwischen den Sätzen Pause machen und über Literatur reden.
Wir sitzen auf der Parkbank neben den Platten, essen Bananenbrot, trinken Spezi und rauchen gegen den Zuckerschock American Spirits. Im Gespräch geht es abschließend um das Problem des Storyism in der Literatur. Den Begriff habe ich mir ausgedacht und dem Film Prinzessinnenbad entnommen, wo die Mädchen immer „Story!“ rufen, wenn sie was nicht glauben. Im Kurzen Buch über Tobias gibt es dazu oft Anlass: Tobias Mutter war als Kind ein Junge. Eine mit ihrem Leben unzufriedene Tischtennisfreundin wird in einen Hasen verzaubert. Tobias verliebt sich in einen Mann, der Tobias heißt. Jelka war mal ein paar Tage tot, im Meer ertrunken, und erwachte bei ihrer Beerdigung wieder. Und stellt Tobias anschließend die entscheidende ewige Frage aller mit herkömmlichen Realismus-Strukturen brechenden Literatur und Religion: Glaubst du mir?
Oder rufst du Story? Letzte Frage an Jakob Nolte, ob für ihn die Groteske die Überwindung des gerade in der Literatur besonders aktuellen Schismas Autofiktion versus Fiktion bedeutet.
Jakob Nolte denkt kurz nach und findet den Begriff der Autofiktion als völlig an den Haaren herbeigezogen: „Die meisten Fiktionen sind biographisch und andersherum genauso. Ich glaube auch nicht, dass Carrère deckungsgleich mit den Ich-Erzählern seiner Bücher ist. Jedes Erzählen ist einer Dramaturgie untergeordnet, weil Erzählen aus lesbaren Entscheidungen besteht. Für das Leben eines Menschen stimmt das nur begrenzt. Diesen Unterschied kann man schlicht nicht überwinden. Erzählen heißt Verfremden. Was schade ist! Aber was soll man machen.“
Zum Abschied analysieren wir noch kurz unser Game. Jakob Nolte hat von elf Sätzen nur zwei gewonnen: Ein Problem sei für ihn gewesen, dass der Belag meiner alten Hobbykeller-Kelle so wenig Spin aufgenommen hätte. Deswegen wäre der Schnitt genau so zurückgekommen, wie er ihn gespielt hat. Ein häufiges Problem beim Lesen des Spiels! Wir verabreden ein Rematch, und dann schaffe ich es nicht mehr ganz, vor dem Gewitter nach Mitte zurückzuradeln.
Quelle: Justin Vernon Bild: Nokia 800 Tough EN www.youtube.com
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