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Ulla Lenze, geb. 1973, lebt und schreibt in Berlin. Sie veröffentlichte die Romane „Schwester und Bruder“ (2003), „Archanu" (2008), „Der kleine Rest des Todes" (2012) und „Die endlose Stadt" (2015). Für ihr Gesamtwerk erhielt sie 2016 den Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft. Sie war Stadtschreiberin in Damaskus, Writer-in-Residence in Istanbul, Mumbai und Venedig.
Seit ein paar Tagen versuche ich, zu Stephan Wackwitz hochgelobtem autobiografischen Prosaband „Die Bilder meiner Mutter“ ein paar Gedanken zu notieren. Das ist schwierig. Während der Lektüre geriet ich immer wieder in einen Erkenntnistaumel, ohne sagen zu können, was genau ich eigentlich erkannt habe. Genau das schätze ich an diesem Buch: auch wenn ich erst mal aufgeschmissen bin, will ich darüber schreiben. Inzwischen glaube ich, dass sich diese Wirkung dem Ineinander unterschiedlicher Ebenen verdankt, zwischen denen Wackwitz wechselt; souverän wie intuitiv werden Mentalitätsgeschichte der Bundesrepublik, Familiengeschichte, Identitätssuche und psychoanalytischer Subtext miteinander verbunden und in neue Kontexte gesetzt. Etwa das Kinderbuch „Bambi“, das ihm die Mutter damals schenkte, und das ihm heute „nicht nur die mythische Ödnis traditionellen Familienlebens vor Augen“ führt, sondern ihm auch seine „Unfähigkeit zum Leben in einer Familie“ erklärt.
„Die Bilder meiner Mutter“, das sind zum einen die Selbstbilder seiner 1920 geborenen Mutter Margot Wackwitz (wechselnd unter den Paradigmenwechseln der Jahrzehnte). Es sind aber auch wörtlich die Bilder, die Margot Wackwitz zeitlebens gezeichnet hat und die das Buch mit filigranen Illustrationen bereichern. Margot Wackwitz strebte zunächst eine künstlerische Karriere an; der provinziellen Enge ihrer Herkunft entkam sie durch eine Ausbildung zur Modezeichnerin (ein Beruf, den es heute gar nicht mehr gibt), begab sich sich aber nach ihrer Heirat in eine klassische Frauenrolle (Mutter, Hausfrau, Assistentin des Ehemanns).
Diesen Rückzug, diese Selbstzurücknahme (die die Mutter gleichzeitig wettzumachen versucht durch Selbstreflexion und Analyse), kann man als exemplarisch sehen für eine Zeit, in der es schlichtweg an Strukturen mangelte, um sich "das eigene Leben zu erobern". Erst die Generation danach scheint dazu in der Lage. Wackwitz schreibt: „Während mein Sohn und ich in unserem einundzwanzigsten Jahrhundert längst routinierte Biographen unserer selbst sind, tatkräftige Konstrukteure unserer Lebensläufe, Selbstbilder, Patchworkfamilien. Wir haben genau diesen wilden Mut (diese Lebensfrechheit) als unsere Schlüsselqualifikation erkannt.“
Stephan Wackwitz' Stil ist, wie man hier schon merkt, persönlich. Er ist dabei sehr großzügig, ohne je exhibitionistisch zu sein. Er spart bei der Analyse des Familienmaterials sich selbst nicht aus, das macht ihn glaubhaft. Er verzichtet auf Verurteilung, aber nicht auf Emotionalität. Das Motiv der Einsamkeit etwa – die Einsamkeit einer Familie mit sich selbst – taucht immer wieder auf, besonders bewegend am Beispiel der jugendlichen Schwester, die sich gegen die Eltern – die eher reflexhaft die beginnende „Jugendkultur“ ablehnen – in einem Brief zur Wehr setzt: „Nur Ihr habt die richtige Urteilskraft – ich aber lasse mich von allen Seiten schlecht beeinflussen. So denkt Ihr – und habt Ihr schon mal darüber nachgedacht, daß mich solch eine Einstellung verletzen könnte?“
Wahrscheinlich werden heute noch ähnliche Briefe bzw. E-mails an Eltern geschrieben. Aber viel unverbundener wirken die Welten der Eltern und ihrer Kinder, wenn Wackwitz die Zeit der Sechziger, der Siebziger gegenwärtig macht. Erstaunlich ist dann, dass das alles noch gar nicht lange her ist.
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