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*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)
Es ist angesichts der deutschen Geschichte kaum verwunderlich, dass zentrale Werke hebräischer und auch jiddischer Literatur des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts erst erst jetzt Eingang in die Publikationen deutschsprachiger Verlage finden. Dabei soll die Leistung des jüdischen Verlages im Suhrkamp Verlag nicht in Abrede gestellt werden, aber wenn man sich durch Bücher wie zum Beispiel Scholems "Poetica" liest, bemerkt man schnell die Lücken, trifft auf die Momente, an denen man nicht weiterkommt. Namen bleiben Namen und verweisen auf ein Werk, das dem deutschen Leser nicht oder kaum zugänglich ist. Umso glücklicher und dankbar ist man, wenn einer der kleineren Verlage seine wirtschaftliche Existenz förmlich aufs Spiel setzt, um eine dieser Lücken zu schließen.
In der Edition Rugerup ist in einer vorbildlich editierten Ausgabe unter dem Titel „Dein Glanz nahm mir die Worte“ das Werk des Dichters Saul Tschernichowski erschienen. Tschernichowski, der zu den Modernisierern der hebräischen Lyrik zählt, ist 1875 in der Ukraine geboren und gehörte zu den Erneuerern der hebräischen Literatur im Odessa um 1900.
Odessa war eine multinationale multiethnische Stadt zu dieser Jahrhundertwende, und wenn man wie Walter Benjamin Paris als die Hauptstadt dieses Millenniums betrachtet, so war das ukrainische Odessa wahrscheinlich so etwas wie dessen wichtigster Schwarzmeerhafen und innerhalb dieser multikulturellen Stadtlandschaft entwickelte sich auch eine pulsierende jüdische Kunst- und Literaturszene.
Tschernichowski wuchs auf dem Land auf und ging in der Jugend in eben jenes Odessa. Er studierte dann in Heidelberg und Lausanne Medizin. Von 1923 bis 1932 lebte er in Berlin und wanderte dann nach Israel aus, wo er in Tel Aviv als Kinderarzt arbeitete. Er verstarb 1943.
Als Dichter debütierte er 1899 mit einem Gedichtband, dem bereits das Interesse an europäischen Formen und Schreibweisen eingepflanzt war. In seinem Vorwort zum ersten Band der hier vorliegenden Ausgabe beschreibt Aminadav Dykmann, der Professor für vergleichende Literaturwissenschaft in Jerusalem ist, eben jenes erste Auftreten des Dichters und seine Positionierung im europäischen Raum.
Die Ausgabe also besteht aus drei Bänden. Der erste enthält die Sonette, Idyllen und Gedichte, der zweite besteht aus den Poemen und einem längeren autobiografischen Prosatext, den zu lesen gerade im Kontext der Gedichte und der Zeit vor Odessa eine Welt eröffnet, die vergangen ist, aber hier noch einmal aufleuchtet, und zwar in der Art, dass das Leuchten eindringliche Lichtspuren hinterlässt.
Der dritte Band birgt einen aus umfangreichen Anmerkungen und Kommentaren des Übersetzers und Herausgebers Jörg Schulte bestehenden Apparat. Schulte ist Professor für slawische Literaturen in Köln und hat als Übersetzer großes geleistet. Schon bei den Sonetten im ersten Band, oder eben gerade bei den Sonetten in ihrer vergleichsweise strengen Form, wird das deutlich.
Die Sonette sind in der Ausgabe zweisprachig abgedruckt und ich stellte bei der Lektüre einmal mehr fest, welches Manko es ist, nicht wenigstens die Hebräische Schrift lesen zu können. So blieb mir nichts übrig, als in der gleichen grafischen Gestalt so etwas wie eine Reimform zu mutmaßen. Für die Richtigkeit meiner Folgerungen hatte ich natürlich keine Gewähr. Aber ich war nach der Lektüre der festen Überzeugung, dem Übersetzer trauen zu können, in seiner klugen Abwägung von Reim und Reimverzicht den Charakter der Texte bestens transportiert zu haben.
Der Gedichtteil des Bandes beginnt mit einem Paukenschlag, mit dem Sonettenkranz An die Sonne von 1920, mit vierzehn Texten also, deren Schlussverse jeweils den ersten Vers des nächsten bilden, und die vom Meistersonett, das aus den vierzehn Anfangsversen besteht, bekränzt werden.
Bei Tschernichowski mischen sich in den Gedichten Sequenzen mythischen Ursprungs mit einer expressiven zeitgenössischen Sprache, so dass aus dieser seit der Renaissance in Italien bestehenden Gedichtform, die sich in Europa ausbreitete, leuchtende Gegenwart wird. Und es ist genau das, was diese literarische Form ausmacht, dieses zyklische Phönixgleiche wieder aufleben.
Im siebenten Sonett findet sich im zweiten Terzett die titelgebende Zeile:
Aber im Funken, im Auge, das erlischt,/ im Licht, das Licht aufsaugt, eh es für immer starr wird – / in eben diesem Blitz aus gleißend hellem Feuer,// das selbst nach Feuer ruft, den Untergang befiehlt – / in ihnen fand ich dich. Dein Glanz nahm mir die Worte./ Kam ich zu früh? Erschuf mich Gott, mein Fels, zu spät?
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