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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Als ich klein war, hörte ich Sting, Bruce Springsteen und Prince. Als ich groß war, hörte ich Cat Power, Frank Ocean und Kanye West. Vor allem Kanye West. An einem heißen Juli-Sonnabendmittag trug ich aus irgendeinem Grund das weiße St. Pablo-Shirt von seiner unseligen 2016er-Tour (musste aufgrund seiner bipolaren Krankheit abgebrochen werden) und kaufte mir die neuen adidas-Niteball in der Torstraße. Der Verkäufer flippte sofort aus, als er mich den Laden betreten sah - "das richtige Shirt genau heute!" Es war der Tag nach der ersten Stadion-Listening-Party in Atlanta, wo Kanye vor zehntausenden zahlenden Fans nichts anderes tat, als auf die Bühne zu kommen und coram publico sein neues Album anzuhören, das dann am nächsten Tag erscheinen sollte, aber natürlich ohne weitere Angaben von Gründen oder Terminen indefinitely postponed wurde.
Der Sneaker-Verkäufer trug selbst ein super Shirt (Aufschrift: I'm close to giving up) und war vielleicht ein noch größerer Kanye-Fan als ich. Er hatte sich das Event nachts im Livestream angesehen und wir redeten darüber, was uns Kanye überhaupt noch bedeutet. "Ein Superstar in einem fatalen Superstar-System, der mit jedem Scheiß durchkommt", fand der Sneaker-Verkäufer, und: "Er schuldet mir fünf Alben". Gleichzeitig sei er überhaupt nur noch wegen Kanye am Leben, so der Sneaker-Verkäufer weiter und relativ unvermittelt zu mir: Er habe sich mit 13 umbringen wollen und schon alles vorbereitet (Zimmertür abgeschlossen, Musik extra laut, damit ihn keiner hört) und dann wäre Through the Wire gekommen und hätte ihn von seinem Vorhaben abgehalten. Ich mußte zugeben, dass ich den Song nicht mal kannte (ich war bei Kanye erst später, mit The Graduation, eingestiegen). War aber gleichzeitig von der kruden, ungeschützten Art, in der der Sneaker-Verkäufer mir seine Story erzählte, so beeindruckt, dass ich kurz davor war, meine eigenen privaten Probleme mit ihm zu bereden:
Seit Jahren versuche ich mehr oder weniger hartnäckig, als absoluter No-Name-Autor in die berühmte KiWi-Musikbibliothek-Reihe aufgenommen zu werden, wo Leute wie Sophie Passmann, Thees Uhlmann oder Helene Hegemann über Leute wie Frank Ocean, die Toten Hosen oder Patti Smith schreiben. Ich würde natürlich Kanye West machen und versuche das in langen Mails an die Verlegerin und Cheflektorin irgendwie zu "begründen". Denn warum auf Gottes grüner Erde sollte ein mittelalter weißer Autor, dessen Auflage ziemlich südlich von fünfstellig liegen, über den (nach dem Tod von Prince) größten Musiker des 21. Jahrhunderts schreiben, dessen Einnahmen einigermaßen nördlich von zehnstellig liegen? Etwas in Kanye spricht zu mir, ich kann es tatsächlich auf die Schnelle nicht besser sagen (und dieser Text hier könnte tatsächlich der letzte Versuch sein, es trotzdem zu versuchen).
Um mich für mein Buchprojekt darüber hinaus locker zu machen, habe ich immerhin schon seinen Wikipedia-Eintrag in Word kopiert - der 30 Seiten lang ist. Und mir jetzt drei Bücher Sekundär- und Mal-Literatur besorgt.
Im Kanye West Coloring Book stehen einfach nur Fakten aus seinem Leben neben Bildern zum Ausmalen ("Kanye did fifty versions of the mix on the track Stronger before he was happy with it.")
Das Unofficial Kanye West Tweet Coloring Book hingegen zeigt den Autor auf der Höhe seiner durchgeknallten Twitter-Kunst:
I no longer have a manager. I can’t be managed.
Super inspired by my visit to Ikea today, really amazing company … my mind is racing with the possibilities …
I hate when I’m on a flight and I wake up with a water bottle next to me like oh great now I gotta be responsible for this water bottle.
Und My Beautiful Dark Twisted Fantasy von Kirk Walker Graves aus der schönen Bloomsbury-Reihe 33 1/3 (englisches Vorbild für die KiWi-Bibliothek?) ist eine fast schon akademische Exegese von Kanyes gleichnamigem Meisterwerk von 2010, in das ich aus Zeitgründen leider noch nicht groß reinlesen konnte (trotzdem gutes Gefühl, es im Regal zu haben).
Inzwischen ist Donda, sein neues Album, sogar doch noch erschienen. Neben seiner toten Mutter (Donda), Jesus und ihm geht es vor allem um Gefängnisse: Konkret um die vielen Schwarzen ohne echte Chance auf Resozialisierung in amerikanischen Gefängnissen. Allgemeiner aber auch um die Gefängnisse des Glaubens oder unserer Ambitionen und Gefühle. Freitagabends höre ich Donda gern im Gefängnis meiner Schreibwohnung zum Krafttraining und muss dann oft weinen. Leider konnte ich mit dem Sneaker-Verkäufer noch nicht darüber reden.
Quelle: Zane Lowe/Kanye West Bild: privat EN www.youtube.com
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