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Kurator'in für: Feminismen
Annett Gröschner, in Magdeburg geboren, lebt seit 1983 in Berlin. Studium der Germanistik in Berlin und Paris. Seit 1997 freiberufliche Schriftstellerin, Journalistin und Dozentin. Seit 1992 literarisch-fotografische Projekte mit dem Fotografen Arwed Messmer (u.a. Ausstellung und Buch "Berlin, Fruchtstraße am 27. März 1952", 2012; "Inventarisierung der Macht. Die Berliner Mauer aus anderer Sicht", 2016). Schreibt Romane, Erzählungen, Essays, Theaterstücke, Radiofeature und Reportagen. 2000 erschien ihr Roman "Moskauer Eis", 2011 der Roman "Walpurgistag". Zuletzt erschienen die Bücher "Berliner Bürger*stuben. Palimpseste und Geschichten" (Edition Nautilus), 2022 und das Buntbuch "Spazier-Gaenge in Berlin: Anna Louisa Karsch", 2022. Seit 2012 ist sie Gastperformerin bei She She Pop.
www.annettgroeschner.de
Mitte August wurde in Istanbul die Schriftstellerin und Journalistin Aslı Erdoğan verhaftet, zusammen mit 22 Journalisten der pro-kurdischen Zeitung „Özgür Gündem“, für die sie als Kolumnistin arbeitete. Vorgeworfen wird ihr „Volksverhetzung“ und Propaganda für eine illegale Organisation“. Damit ist sie wie Zehntausende, die seit dem Putschversuch im Juli verhaftet wurden, Ziel der Flurbereinigung des Erdoğan-Regimes. Menschen im In- und Ausland engagieren sich für ihre Freilassung, bei change.org gibt es eine Petition, die schon fast 30.000 Menschen unterzeichnet haben. Der Bürgermeister von Graz, wo Aslı Erdoğan 2012 fast ein Jahr als Writer in Exile lebte, hat dem türkischen Botschafter in Österreich seine Besorgnis über die Verhaftung mitgeteilt und um Informationen über die Gründe gebeten. Aslı Erdogan dürfe jederzeit das Gastrecht seiner Stadt beanspruchen.
Aslı Erdoğan ist das vollkommene Gegenteil ihres Namensvetters und war schon öfters Zielscheibe für Verleumdungen, Verfolgungen und Hetzkampagnen.
Die Verletzungen, die sie bei einem Verhör erlitt, hinterließen bleibende Schäden an der Halswirbelsäule. Mehrmals konnte sie sich nur durch Exil im Ausland weiteren Verletzungen entziehen. Aber sie kehrte immer wieder in die Türkei zurück.
Sie beugt sich keiner Konvention, sie ist mutig, vertritt die Rechte der Frauen, der Kurden und anderer Minderheiten und entschuldigte sich 2008 zusammen mit Kollegen für das Leid, das der türkische Staat den Armeniern angetan hat.
Die wirksamste Unterstützung verhafteter Schriftsteller ist die Lektüre ihrer Bücher
Im Falle Aslı Erdoğans empfehle ich sehr den 2008 im Unionsverlag in deutscher Übersetzung erschienenen Roman Die Stadt mit der roten Pelerine, der beweist, dass Aslı Erdoğan neben ihrem politischen Engagement und ihrer Arbeit als Kolumnistin eine hervorragende Romanschriftstellerin ist (und das auch selbst nicht vergessen sollte). Sowohl von seinem Aufbau als auch von seiner Figurenkonstellation her ist Die Stadt mit der roten Pelerine der Roman einer klugen, freien, der literarischen Moderne verpflichteten Autorin, für die Tabus dazu da sind, literarisch gebrochen zu werden.
Die Stadt mit der roten Pelerine spielt in Rio de Janeiro, wo Erdoğan selbst mehrere Jahre verbracht hat, nachdem sie ihre vielversprechende Karriere als Teilchenphysikerin zugunsten der einer Schriftstellerin aufgegeben hatte. „Warum habe ich mich für diese Stadt entschieden, die meine Todfeindin geworden ist? Für Rio de Janeiro, diese Stadt, deren rote Pelerine – Faser für Faser aus menschlichem Leid gewoben – meine Persönlichkeit erstickt, die ihre scharfen Zähne hinter Karnevalsmasken verbirgt?“
Die Protagonistin ist eine Vagabundin, die sich die Stadt wie ein Labyrinth mit all seinen Umwegen und Sackgassen einschließlich der menschlichen Abgründe erläuft und in oft aussichtlose Situationen gerät, die gerade für eine Ausländerin tödlich sein können. Im Roman wird die Geschichte doppelt erzählt. Zum einen aus der Sicht einer personalen Erzählerin, dicht an der Figur Özgür, eine junge türkische Akademikerin, die ihre Promotion an der Uni in Rio aufgegeben hat und nun in den Tag hineinlebt und zum anderen in Form von kursiv gesetzten Aufzeichnungen Özgürs in ein grünes Heft, das ebenfalls den Titel Die Stadt mit der roten Pelerine trägt und in der die Protagonistin Ö. in einem ganz anderen, kosmopolitischen Stil und mit deutlichen Bezügen zu anderen Autoren, wie Clarice Lispector oder Julio Cortazàr, dieselben Sachen noch einmal verfremdet erlebt. Dieses Vexierbild macht die Stadt flimmernd, laut, gefährlich und anziehend zugleich.
„Sie war eine altgediente Migrantin, die schon lange wusste, dass alles, was für einen Menschen unverzichtbar ist, in eine einzige Tasche passt und dass man das, was dann noch übrig ist, getrost zurücklassen kann.“ Möge die altgediente Migrantin Aslı Erdoğan bald die Möglichkeit haben, mit ihrer Tasche als freie Frau in die Welt zu verschwinden und Atem zu holen.
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