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Wie ist eine Affäre, bei der man sich nie trifft?
Journalistin. Autorin. Seit (gefühlt) schon immer.
Kurator'in für: Fundstücke Liebe, Sex und Wir Kopf und Körper
Theresa Bäuerlein schreibt am liebsten über die Hintergründe gesellschaftlicher Phänomene für verschiedene deutsche Medien. Themen, die sie dabei immer wieder faszinieren, sind Liebe und Sex mitsamt der dazugehörigen Industrie und Ernährungsfragen. Genau so gerne gräbt sie sich aber in jedes andere Thema ein, das ihren Kopf zum Surren bringt.
Monatelang hatte die Autorin dieses Artikels eine leidenschaftliche Affäre mit einem fünfzehn Jahre jüngeren Mann – ohne ihn aber ein einziges Mal zu treffen. Er, ein Italiener, der in den USA lebt, sagt immer wieder, dass er dazu bereit sei, aber will es dann doch nicht.
Der Italiener will mich nicht persönlich treffen. Er sagt, dass er dazu bereit ist – er erwähnt sogar einen Lieblingsort –, aber in den folgenden Tagen spricht er das Thema nicht an; und somit auch ich nicht. Habe ich unsere Gespräche falsch eingeschätzt, die Stimmung falsch verstanden? Ich habe Angst, dass ich, wenn ich zu sehr darauf dränge, verzweifelt wirke oder dass der Italiener verschwindet.
Das – die Selbstzweifel, der Widerwille, direkt zu sein – ist mein erstes Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt.
Die Autorin versucht zu verstehen, wie sie nach zehn Jahren ohne Sex und ohne Dating eine geradezu obsessive, erotische Beziehung zu einem Mann entwickeln konnte, die nur aus Textnachrichten und gelegentlichen Video-Anrufen bestand.
Der Italiener liebt es, meine Grenzen auszutesten. Am Ende der ersten Woche fragt er mich, ob ich bereit wäre, einen Rock aus einem schwarzen Müllsack zu nähen und ein Foto für ihn zu machen, während ich ihn trage. Ich sage ihm, dass das nicht geht. Er versucht es auf eine andere, weniger persönliche Art: Würde ich einen Satz schwarzer Müllsäcke zusammenkleben, um eine Art Unterlage für eine Matratze zu schaffen? Ich weiß, worauf er hinaus will – manche B.D.S.M.- oder Kink-Leute haben Vinyl-Bettlaken. Ich sage ihm, dass ich die Worte „Müll“ oder „Abfall“ nicht mag.
Wer ist dieser Mann überhaupt? Wie viel von dem, was er erzählt, ist wahr, wie viel gelogen?
Meine Freunde versuchen, im Internet Informationen über den Italiener zu finden. Sie scheitern alle. Vor allem Jay und Wendy sind besorgt. Sie wissen, wie wenig Zeit und Energie ich derzeit in Arbeit investiere. Wendy ist beunruhigt darüber, wie unergründlich der Italiener ist. Zum einen glaubt sie nicht, dass er dort arbeitet, wo er sagt. Als sie auf der LinkedIn-Seite des Unternehmens nach Mitarbeitern mit dem Namen Luca sucht, gibt es zwar einige, aber keiner von ihnen ist meiner.
Das alles ist überraschend spannend zu lesen. Ein bisschen Krimi, ein bisschen Shades Of Gray – und eine kluge Frau, die sich und ihre Sehnsüchte und Probleme ehrlich reflektiert.
Quelle: The New Yorker Bild: Ohni Lisle EN www.newyorker.com
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