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Klima und Wandel

Westantarktis: Gigantischer Eisberg bricht ab

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
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Nick ReimerDonnerstag, 20.05.2021

Es gibt mittlerweile fast wöchentlich Schlagzeilen, die die ganze Wucht der Klimaerhitzung illustrieren: Das Abschmelzen des Grönlandgletschers scheint begonnen zu haben, Hitze, die unsere Gesundheit angreift, das Ende der deutschen Gletscher bereits in neun Jahren, ein neuer Treibhausgas-Rekord in der Atmosphäre, oder dass trotz Corona die Abholzung tropischer Wälder zunimmt. Jetzt wurde  beobachtet, wie vom Ronne-Schelfeis in der Antarktis der zurzeit größte Eisberg der Welt abgebrochen ist. Mit einer Fläche von 4.320 Quadratkilometern ist der A-76 getaufte Eisberg größer als die Insel Mallorca.

Das Ronne-Schelfeis ist bis zu 1.600 Meter dick, hat etwa die Größe Schwedens und liegt östlich der westantarktischen Halbinsel. Bislang gilt diese gewaltige Eisfläche als vom Klimawandel noch ungefährdet, weil das unter dem Eis zirkulierende Meerwasser eher kalt ist – anders als bei den zunehmend von warmem Tiefenwasser unterspülten Schelfeisen in der Amundsensee. Doch nun belegen Aufnahmen des Sentinel-1-Satelliten, dass auch östlich der westantarktischen Halbinsel neue Bewegung ist: Der abgebrochene Eisberg ist rund 170 Kilometer lang und rund 25 Kilometer breit, er driftet jetzt in wärmere Gefilde und wird sich mit der Zeit auflösen.

Britische WissenschaftlerInnen weisen zwar darauf hin, dass dieses "Kalben" nichts Ungewöhnliches ist. Prinzipiell aber ist ein intaktes Schelfeis enorm wichtig für den Meeresspiegel. "Der wesentliche Unterschied zum Schmelzen auf Grönland (also in der Arktis, die Red.) ist der Rückgang von Schelfeis", sagt der Glaziologe Ingo Sasgen vom Alfred-Wegener-Institut. Das Schelfeis schwimmt auf dem Meer und schützt so die Gletscher der Antarktis.

Allerdings hat der Ozean große Teile jener Energie aufgenommen, die der menschengemachte Treibhauseffekt auf der Erde hält. Nach Berechnungen des Atmosphärenphysikers Lijing Cheng nahmen die Weltmeere in den vergangenen 25 Jahren die unvorstellbare Menge von 228 Zettajoule auf – die Energie von 3,6 Milliarden Hiroshima-Atombomben. Das entspricht etwa vier Hiroshima-Bomben pro Sekunde. In der Westantarktis hatten Winde zuletzt vergleichsweise warmes Tiefenwasser an den Eisrand gebracht. "Das wärmere Wasser setzt dem Schelfeis zu", erläutert Sasgen. Wird dieser Schelfeisgürtel zerstört, fehlen Rückhaltekräfte. Das Eis der antarktischen Inlandsgletscher fließt immer schneller nach und die Gletscher ziehen sich zurück.

Der Prozess hat in der Westantarktis bereits begonnen, auch dies sei ein Kippelement, sagt der Glaziologe. "Einmal in Gang gesetzt, lässt sich der Masseverlust nicht mehr stoppen", so Sasgen. Was auf der Antarktis oder in der Arktis verschwindet, schwappt irgendwann auch an unsere Küsten: Allein der grönländische Eispanzer speichert so viel Wasser, dass der Meeresspiegel um sieben Meter steigt, wenn er abgetaut ist. Und da dieses Grönlandeis höher als 3.000 Meter ist, schmilzt es aus den kühlen oberen Luftschichten nach unten in immer wärmere: Das ist unaufhaltsam.

Der Text auf Tagesschau.de ist übrigens ein gutes Beispiel, warum wir eine Sendung wie "Klima vor acht" dringend bräuchten: Die Kollegen vermelden zwar den Abbruch des Eisberges, lassen den Leser aber mit den Folgen allein.

Westantarktis: Gigantischer Eisberg bricht ab

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