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Kurator'in für: Klima und Wandel Volk und Wirtschaft
Journalistin und Buchautorin mit Fokus auf Klima, Umwelt und Lateinamerika. Seit Oktober 2022 feste Freie beim neuen Briefing Climate.Table, das von Berlin aus über die globale Klimakrise und -politik berichtet. Von 2006 bis 2020 war ich Redakteurin bei ZEIT ONLINE: zuerst Finanz-, dann Wirtschaftsredakteurin, schließlich Redakteurin im Ressort Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Seit 2021 arbeite ich freiberuflich. Basis: Hamburg.
Über meine Reisen durch Mexiko und Kolumbien sind zwei Bücher erschienen: Von Kolumbien und davon, wie schwer es ist, ein Land nach jahrzehntelangem Krieg zu befrieden, handelt "Wer singt, erzählt – Wer tanzt, überlebt", erschienen 2017 im DuMont Reiseverlag. Das Buch "Niemand liebt das Leben mehr als wir", 2019 im gleichen Verlag erschienen, erzählt von der Vielfalt Mexikos. Gemeinsam mit der Rechtsanwältin Roda Verheyen habe ich außerdem ein Buch über Klimaklagen geschrieben. "Wir alle haben ein Recht auf Zukunft" ist 2023 bei dtv erschienen.
... dann habe ich nichts dagegen." Das sagt der Physiker Anders Levermann im Spiegel-Interview mit Susanne Götze (paid content).
Levermann leitet die Abteilung Komplexitätsforschung am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), und er hat gerade ein Buch geschrieben, das am kommenden Donnerstag, den 19.10., erscheint. In "Die Faltung der Welt" beschreibt er, wie die Menschheit innerhalb der planetaren Grenzen leben kann, ohne auf Fortschritt und Entwicklung zu verzichten.
Entscheidend dafür ist, dass dem Entwicklungsdrang der Menschen harte Grenzen gesetzt werden. Dann sucht er sich innerhalb dieser Grenzen andere, neue Wege. Die Bewegung bleibt, aber sie "faltet sich zurück in den Raum", sagt Levermann, und so bahnt sich der Fortschritt eben einen anderen, neuen Weg:Ich erforsche seit Jahrzehnten komplexe Systeme und deren Verhalten. Als Physiker lernt man von der Chaostheorie, dass es unendliche Bewegung im endlichen Raum gibt. Auch wenn das theoretisch klingt, so kann es helfen, klimapolitische Lösungen zu finden.
Menschen sind kreativ, weil sie Grenzen haben. Wir hören nur begrenzt Frequenzen, komponieren aber immer neue Musik. Ähnlich ist es in der Malerei mit Farben oder beim Kochen. Unsere Sinne sind beschränkt, aber wir holen ständig neue Facetten aus ihnen heraus. Das schaffen wir nur, weil wir innerhalb eines Raumes der Möglichkeiten unseren Pfad »falten«. (...) Begrenzung macht innovativ und fortschrittlich.
Wer jetzt an die FDP denkt, an den CO₂-Handel und "Technologieoffenheit", liegt nicht ganz falsch. In einer sich faltenden Welt schreibt niemand vor, was innerhalb der Grenzen möglich ist, die FDP wird das mögen. Das heißt aber auch, dass jede(r) selbstverständlich Fehler machen darf (Susanne Götze fragt an dieser Stelle nach Wasserstoffheizungen und E-Fuels).
Entscheidend ist, dass die harten Grenzen unverrückbar bleiben. Das wiederum wäre mit der FDP, so wie sie sich derzeit darstellt, wohl nicht zu machen.
Die Idee der Faltung klingt erst einmal ziemlich abstrakt. Levermann gibt aber auch praktische Beispiele dafür, wie sie in die Politik umgesetzt werden könnte. Mit dem EU-Emissionshandel funktioniere sie schon, sagt er. Auch der ursprüngliche Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes sei "ganz im Sinne der Faltung" gewesen. Und wenn es darum gehe, Grenzwerte für Chemikalien festzulegen, könnte der Staat – statt jedem neuen Stoff, der entwickelt wird, hinterherzurecherchieren, um mögliche Gefahren zu prüfen – einfach festlegen: "Niemand darf etwas in die Umwelt einbringen, was Natur oder Menschen schadet." Damit läge die Beweispflicht bei den Unternehmen. Sie müssten deutlich vorsichtiger agieren.
Wachstum und Kapitalismus sind für Levermann also nicht das Problem. Die zunehmende Ungleichheit aber sehr wohl. Faltungsgrenzen, sagt er, würden "Megakonzerne wie Amazon und Google... wieder in den Markt (und Wettbewerb) zurückholen", und sie würden die Einkommensungleichheit begrenzen.
Wie soll das in einer globalen Wirtschaft, in denen Staaten sich auf gemeinsame Regeln einigen müssen, funktionieren?
Alle wirklich grundlegenden wirtschaftlichen Änderungen müssen national mit einer Art verallgemeinertem Lieferkettengesetz kombiniert werden. Die Faltungsgrenze könnte dabei sein, dass in einem Land keine Produkte mehr verkauft werden dürfen, deren Herstellung den Gesetzen des Landes widerspricht.
Wie realistisch es ist, die Idee der Faltung auf die globale Wirtschaft zu übertragen? Ich habe keine Ahnung. Aber das Konzept scheint mir eine spannende Möglichkeit, die Wachstumsdebatte in der Klimakrise anders zu führen, und zwar jenseits der alten Grenzen zwischen Kapitalisten und Antikapitalisten. Vielleicht eröffnet das ja neue Wege. Ganz im Sinne der Chaostheorie. Noch einmal Levermann:
Grenzen sind nicht das Ende der Wirtschaft oder unseres Wohlstands, sondern deren Garant. Sie sind der Anfang von etwas Neuem. Wir hören nicht auf zu produzieren und zu leben, wir tun es nur anders. Es kann weiter rasant vorangehen, nur unter anderen Vorzeichen. Es geht nicht um ein Zurück oder ein Weniger, sondern darum, es anders zu machen. Sehen Sie es als Herausforderung, neue Technologien und Lebensweisen zu entwickeln – innovativ statt regressiv.
Quelle: Susanne Götze, DER SPIEGEL Bild: Max Eicke / DER S... Artikel kostenpflichtig www.spiegel.de
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Danke. Levermann sagt eigentlich etwas Altbekanntes. Wachstum ist nicht gleich Wachstum. Es hängt von der Qualität ab. Die Grenze des Wachstums in der einen Qualität (z.B. fossile Energien) eröffnet neuen Qualitäten Wachstumsmöglichkeiten (EE, Kernenergie). Welche neuen Wege praktikabel/erfolgreich sind läßt sich allerdings nur evolutionär mit Versuch und Irrtum feststellen. Das ergibt sich auch aus der Komplexität. Mit oder ohne FDP. Den Grundsatz "Niemand darf etwas in die Umwelt einbringen, was Natur oder Menschen schadet." halte ich daher für etwas naiv, wenig praktikabel. Ohne ein gewisses Risiko geht es nicht. Und jeder Schritt des Menschen in "der Natur" verändert diese, "schadet" eigentlich im gewissen Sinn immer. Je nach Schwelle/Maßstab, den man anlegt.
das nenne ich mal einen neuen gedanken, nicht nur das wiederkäuen längst bekannter.