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Klima und Wandel

Wenn Hitze zum Fluchtgrund wird

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
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Nick ReimerMittwoch, 06.05.2020

Die "ökologische Nische des Menschen" ist 11 bis 15 Grad Celsius warm. Zwar gibt es in der Nische noch eine kleinere – zwischen 20 bis 25 Grad Celsius. Wissenschaftler der Universität im niederländischen Wageningen und im chinesischen Nanjing fanden aber heraus, dass in den letzten 6.000 Jahren Menschen am liebsten dort siedelten, wo es im Jahresdurchschnitt 11 bis 15 Grad Celsius warm ist.

Im Umkehrschluss untersuchten die Wissenschaftler, was es für die Spezies Mensch bedeuten würde, wenn sie weiterhin den Treibhauseffekt anheizt: Land erwärmt sich schneller als die Ozeane, würde kein Klimaschutz betrieben, wären in 50 Jahren im Extremfall 3,5 Milliarden Menschen großer Hitze ausgesetzt, wie die Forscher im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" schrieben. Sie würden in Gebieten leben, in denen die jährliche Durchschnittstemperatur mehr als 29 Grad Celsius beträgt – falls sie nicht auswandern. Einer der Hauptautoren der Studie, Prof. Marten Scheffer von der Wageningen University:

"Das Coronavirus hat die Welt in einer Weise verändert, die noch vor wenigen Monaten schwer vorstellbar war. Unsere Ergebnisse zeigen, wie der Klimawandel etwas Ähnliches bewirken könnte".

Aktuell bedecken jene Gebiete, in denen die Jahresdurchschnittstemperatur über 29 Grad Celsius beträgt, 0,8 Prozent der weltweiten Landfläche – vor allem in der Sahara. Geht die Treibhausgas-Produktion so weiter, werden sich solche Flächen bis 2070 auf 19 Prozent ausdehnen. Von den steigenden Temperaturen wären allein in Indien mehr als eine Milliarde Menschen davon betroffen, in Nigeria, Pakistan, Indonesien und Sudan jeweils mehr als 100 Millionen Menschen. Dies würde den Migrationsdruck enorm erhöhen und die globale Lebensmittelproduktion vor extreme Herausforderungen stellen. Prof. Scheffer:

"Ich denke, man kann mit Fug und Recht sagen, dass Durchschnittstemperaturen über 29°C lebensfeindlich sind. Man müsste entweder umziehen oder sich anpassen. Aber dieser Anpassung sind Grenzen gesetzt. Wenn man genug Geld und Energie hat, kann man vielleicht Klimaanlagen benutzen und Lebensmittel einfliegen lassen, dann geht es vielleicht einigermaßen. Aber das kommt für die meisten Menschen gar nicht erst in Frage".

In Deutschland lag die Mitteltemperatur nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes 2019 übrigens bei 10,3 Grad Celsius. Zwar steigt sie pro Jahrzehnt hierzulande aktuell um 0,37 Grad Celsius an. Man kann sich also gut vorstellen, wohin die Milliarden Individuen der Spezies fliehen werden: Eine Jahresdurchschnittstemperatur von 11 bis 15 Grad Celsius gilt als ideal.

Wenn Hitze zum Fluchtgrund wird

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Kommentare 1
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor mehr als 4 Jahre

    Wenn man das ein wenig weitertreibt, kommt man dahin, dass es Regionen geben könnte, in denen das physische Überleben für Menschen in Hitzewellen nicht mehr möglich ist, weil Luftfeuchtigkeit und Hitze zusammenkommen.
    Aber das ist gar nicht unbedingt nötig. Die Ruinierung der Landwirtschaft allein ist bereits ausreichend für ein veritables Monsterproblem.
    Im Übrigen meine ich, dass alle Kraft- und Brennstoffe in das EU Emissionsmaximum (EU-ETS) integriert werden sollten, und dieses Maximum schneller gesenkt werden sollte.
    Also es gibt viel zu tun ...

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