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Klima und Wandel

Was ein CO2-Preis leisten sollte und warum der Emissionshandel alleine nicht reicht

Alexandra Endres
Journalistin
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Alexandra EndresMittwoch, 01.05.2019

Den Ausstoß von CO2 mit einem Preis zu belegen – sei es durch eine Steuer oder durch Emissionszertifikate, die man kaufen und handeln müsste – nennt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in diesem Beitrag den "Königsweg für den Klimaschutz". Der Text ist interessant, weil er die aktuelle politische Debatte zum Anlass nimmt, einen Schritt zurückzutreten und noch einmal etwas grundsätzlicher auf das Thema zu schauen.

Vier wesentliche Punkte:

1. Warum finden Ökonomen (und Klimapolitiker) den CO2-Preis überhaupt gut? – Die Antwort ist fast banal: Weil er den Ausstoß von CO2 teurer macht und deshalb einschränkt, sofern er hoch genug ist. Dann lohnt es sich nämlich, Energie zu sparen oder auf Erneuerbare umzusteigen. 

2. Es gibt doch schon den EU-Emissionshandel. Warum reicht der nicht? – Der Emissionshandel hat zwei Vorteile: Die EU legt fest, welche Menge an CO2 ausgestoßen werden darf, und gibt die entsprechende Menge an Zertifikaten aus. So erreicht sie ihre Ziele auf jeden Fall. Wie die Unternehmen es schaffen, nicht mehr CO2 auszustoßen, also in welche Technik sie z.B. investieren, ist nicht mehr Sorge der Politik, sondern regelt sich am Markt. Der Traum aller Liberalen! Aber der Emissionshandel reguliert nur Industrie und Energieversorger. Und Kritiker sagen, er schaffe keinen stabilen Investitionsrahmen.

3. Warum braucht man eine Steuer? – Es würde nicht funktionieren, den Emissionshandel einfach auf den Auto- und Gebäudesektor auszuweiten, denn CO2-Vermeidungskosten sind dort so hoch, dass es zunächst billiger wäre, sich freizukaufen. Dem Klima wäre nicht geholfen. Eine Steuer hingegen könnte man sektorspezifisch anpassen. Allerdings ist es schwierig, herauszufinden, wie hoch der Steuersatz für jeden Sektor sein müsste, um die Klimaziele zu erreichen.

4. Wie kann man soziale Härten vermeiden? – Indem man andere Energiesteuern senkt, etwa die Stromsteuer, und Geld an ärmere Haushalte auszahlt. Auch dieser Text nennt  Schweden und die Schweiz als Vorbilder. Und Kanada.

Was ein CO2-Preis leisten sollte und warum der Emissionshandel alleine nicht reicht

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Kommentare 7
  1. Alexandra Endres
    Alexandra Endres · vor mehr als 5 Jahre

    Nur ein Nachtrag zum Thema: Ich habe einmal für Zeit Online die zentralen Punkte der Debatte zusammengefasst. Nachzulesen hier: https://www.zeit.de/wi...

  2. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

    Was die Schweiz macht ist schlau: sie bildet den Preissteigerungsmechanismus des Zertifikatesystems im Steuersystem nach. Damit beseitigt sie jedoch im gleichen Zug die Planbarkeit der Steuer. Die Rückverteilung der Einnahmen hilft bei der Akzeptanzfrage und ist sozial positiv.

    Dass allerdings emissionsintensive Betriebe ausgenommen werden, ist inkonsequent, genau wie bei uns auch. Mittelfristig müssen diese Industrien - ich sags jetzt mal krass: zum größeren Teil weg. Wir müssen dorthin kommen, uns das einzugestehen. Dann kann man nämlich auch eine Abfederungsstrategie entwickeln. Entsprechende Einfuhren müssen dann entsprechende Steuern bzw. Zertifikate nachzahlen.

    Dennoch möchte ich für das Zertifikatesystem eine Lanze brechen. Der Teufel steckt hier im Detail. Und ein Detail sind 1,5 Gt Überschusszertifikate. Die werden zwar nächstens auf 0,4 Gt zusammengestrichen, wenn ich nicht irre, aber auch das ist noch ordentlich Luft. Das zweite Detail ist die Emissionsgrenze, die zu hoch liegt. Es wie ein Porsche mit einem Trabbimotor. Hat einfach keinen Zug. Wenn das System so gut ist, wer hat dann den Trabbimotor eingebaut? Er ist wohl das Ergebnis eines typisch europäischen Kompromisses. Die Bremserländer (ja ich sehe auch dich an, Polska...) müssen halt auch mitgenommen werden.

    Das ist der eigentliche Vorteil der Steuer: Sie kann national realisiert werden - und das heißt: schneller als in Europa. Aber man kann ja das Eine tun und das Andere nicht lassen, man muss sogar.

    Im Übrigen ist es dem Klima vollkommen wurscht, ob jeder einzelne Sektor der Volkswirtschaft seine ihm zugedachten Prozentsätze an Emissionsminderung schafft - es interessiert sich nur für die Summe. Ressentiments gegen die bösen Autofirmen hat das Klima keine. Es ist genau der erwünschte Effekt des Zertifikatesystems, dass die Einsparungen da zuerst erfolgen, wo es am billigsten ist! Das kann und soll man ihm nicht ankreiden! Schaut auf die Summe, die Summe zählt, sonst nichts.

    Des Weiteren ist, wie schon von J.H. bemerkt, Geld nicht alles. Wenn ich von meinem Dach auf die Dächer der Nachbarschaft blicke, fällt mir eines auf: dass mir keine Solaranlagen auffallen. Das hat Gründe, die nicht nur im Geld liegen, denn Solaranlagen rechnen sich schon lange - im Prinzip. Auch hier steckt der Teufel im Detail.

    Was ich mir in meinen kühnen Träumen wünsche, ist ein guter Übersichtsartikel über das komplexe EU-Klimaschutzwesen und seine Geschichte. Das ist nämlich nicht uninteressant. Wenn jemand sowas findet - oder Lust und Zeit hat es zu schreiben, oder jemanden kennt, der das hat. das wäre toll. Und dann hier piqen.

    http://sandbag-climate...

    1. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor mehr als 5 Jahre

      Hallo Dominique,

      Du schreibst: "Im Übrigen ist es dem Klima vollkommen wurscht, ob jeder einzelne Sektor der Volkswirtschaft seine ihm zugedachten Prozentsätze an Emissionsminderung schafft - es interessiert sich nur für die Summe. Ressentiments gegen die bösen Autofirmen hat das Klima keine. Es ist genau der erwünschte Effekt des Zertifikatesystems, dass die Einsparungen da zuerst erfolgen, wo es am billigsten ist! Das kann und soll man ihm nicht ankreiden! Schaut auf die Summe, die Summe zählt, sonst nichts."

      Im Prinzip ist das so, ja. Wenn ich das richtig verstehe, unterscheiden sich aber die Elastizitäten in den verschiedenen Sektoren. Emittenten reagieren also unterschiedlich auf Preissteigerungen. Wenn man also jeden Energieträger pro Tonne CO2, die er ausstößt, um den Betrag x verteuert (egal ob per Steuer oder Zertifikat), dann wird Benzin zwar teurer, aber die Leute (vor allem auf dem Land) fahren trotzdem weiter Auto. Vielleicht ein kleineres Modell - aber wenn Strom im gleichen Ausmaß teurer wird, gemessen am CO2, ist die Reaktion eine andere. Nur ein Beispiel... Das heißt dann aber auch, dass CO2 nicht unbedingt dort vermieden wird, wo es am billigsten ist, sondern dort, wo die Leute am empfindlichsten auf Preiserhöhungen reagieren.

      Das ist jetzt vermutlich zu grob dargestellt, und soweit ich weiß, gibt es in dem Bereich Forschungslücken, aber grundsätzlich scheint zu stimmen: Die Preiselastizitäten unterscheiden sich. Wenn das so ist, dann brauchen wir aber zumindest unterstützend noch Sektorziele - oder noch besser: gleich politische Programme, die z.B. den öffentlichen Nahverkehr, die Radwege etc. so ausbauen, dass die Leute sowieso auf ihr Auto verzichten. Am besten gefördert durch die Einnahmen aus dem CO2-Preis.

      Das Argument in dem Text ist aber noch ein anderes. Die Zertifikate sollen ja stetig verknappt werden, um Emissionsminderungen zu erreichen. Ökonomen sagen, dass der Preis dann zum Ende hin in die Höhe schnellen könnte, ähnlich wie eine Hockeystick-Kurve. Die Gründe hab ich noch nicht ganz durchschaut. Das wäre für Investoren / Unternehmer dann ein Schock und kein Investitionsanreiz mehr. Dem könnte man mit Sektorzielen vorbeugen.

      Viele Grüße,

      Alexandra

      Alexandra

    2. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor mehr als 5 Jahre

      @Alexandra Endres Vielen Dank für die Antwort. Es ist doch schön, wenn sich eine gute Diskussion entspinnt.

      Ich bin auch kein Ökonom, um das vorauszuschicken. Es stimmt, dass die Preiselastizität in den verschiedenen Sektoren unterschiedlich ist und dass deshalb beim Emissionspreis die Abnahme dort am schnellsten erfolgt, wo diese am größten ist. Ein Faktor werden die Vermeidungskosten sein, d.h. der Preis pro Tonne Emission weniger, ein anderer Faktor die subjektiven Vorlieben, also dass wir bereit sind, etwa für das Autofahren mehr Geld auszugeben und dafür woanders zu sparen. Das sehe ich nicht als Problem, denn der Begriff der Effizienz existiert nicht absolut, sondern hat Sinn nur im Kontext der Vorlieben und Prioritäten der Menschen.

      Zur Kritik der "unsicheren Preisentwicklung":

      "Die Preise könnten in die Höhe schießen, wenn die Vermeidungskosten zu hoch werden." ist in doppelter Hinsicht Quark: 1. ist es eine unveränderbare Tatsache, dass die Emissionspreise sich an den Vermeidungskosten orientieren. Auch eine Steuer muss sich daran orientieren. Also kein Argument. 2. schießen die V. nicht plötzlich in die Höhe, sondern allmählich, in dem Maße, wie die billigen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Das kann berechnet werden und wird auch berechnet.

      Eine allgemeine Steuer muss auch mehr und mehr erhöht werden, und zwar auf eine nicht ganz vorhersagbare Weise. Wenn die Emissionen zu hoch sind, muss u.U. die Steuer beträchtlich erhöht werden (es sei denn politischer Druck verhindere dies...). Außerdem hat auch das ETS einen Stabilisierungsmechanismus in Form der Market Stability Reserve, der plötzliche Preisanstiege mildert. Hier sehe ich keinen wesentlichen Unterschied zwischen ETS und Steuer-Ansatz.

      Über sektorale Steuerung steht in dem Artikel auch nicht wirklich etwas. Schmidts und Edenhofers Vorschlag beinhaltet gleiche Belastung aller Energieträger und damit gerade keine sektorale Steuerung. Es wird auch kein Argument angeführt, warum es schlecht sei, dass die Autobranche kurzfristig mehr Luft hat als Andere, es wird einfach so vorausgesetzt.

      Im Übrigen ist Mindestpreis für Zertifikate praktisch eine Steuer, solange der Marktpreis niedriger ist. Er ist ein Reparaturmechanismus für die angeführten Fehler bei der Einrichtung des ETS (zu hohe Obergrenze). Warum also nicht gleich Grundfehler korrigieren?

    3. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor mehr als 5 Jahre

      @Dominik Lenné Hallo Dominique,

      danke für die Antwort!

      "Das sehe ich nicht als Problem, denn der Begriff der Effizienz existiert nicht absolut, sondern hat Sinn nur im Kontext der Vorlieben und Prioritäten der Menschen. " - Ja, aber mein Argument war: Wenn dem so ist, dann werden eben die Emissionen nicht dort reduziert, wo es am günstigsten ist, sondern dort, wo die Präferenzen es zulassen. Das heißt, die Kosten sind eben nicht zwangsläufig maximal niedrig, wie von Dir in Deinem ersten Kommentar ausgeführt. Oder übersehe ich da was?

      Das mit dem "Hockey-Stick-Kurve" versuche ich auch grade noch zu durchdringen. Das Argument habe ich nicht nur im gepiqten FAZ-Artikel gefunden, sondern auch von Ökonomen anderswo. Also aus berufenem Munde ;-). Mehr kann ich dazu im Moment leider nicht sagen.

      Zu den Sektorzielen steht in dem Text nichts, das stimmt. Was nicht heißt, dass sie nicht sinnvoll wären (aus meiner Sicht im Moment). Auch da suche ich nach piq-barem Material.

      Spontan würde ich sagen, es geht gar nicht darum, dass die Autobranche "kurzfristig mehr Luft hat als andere" - im Moment ist es ja eher so, dass die Emissionen im Verkehr seit einiger Zeit gar nicht sinken, in anderen Sektoren aber schon. Im Verkehr gäbe es also durchaus akuten Handlungsbedarf. Meinetwegen könnte man ihn auch in den Emissionshandel mit eingliedern, das scheint ja aber auch europarechtlich nicht ganz einfach zu sein. Also ein nationaler Emissionshandel? Dann fahren alle über die Grenze zum Tanken, und es ist nicht viel gewonnen.

      Schöne Grüße!
      Alexandra

  3. Jörg Haas
    Jörg Haas · vor mehr als 5 Jahre

    Es wird wichtig sein, sektorale Ziele und v.a. sektorspezifische Politiken zu verteidigen, wenn nun ein CO2 Preis kommen soll. Denn es gibt zahlreiche Barrieren für Emissionsminderung, die mit einem CO2-Preis nicht überwunden werden. Stichworte wären fehlende Infrastruktur im Verkehr oder Mieter-Eigentümer Dilemma bei Gebäuden. Oder Effizienz bei Elektronik, die in der Masse relevant aber für den Einzelnen zu mickrig ist um Kaufenscheidungen zu beeinflussen.

    1. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor mehr als 5 Jahre

      Ja, das denke ich auch. Der nächste Text zu diesem Thema, der mir unterkommt, wird gepiqd. Versprochen.

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