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Klima und Wandel

„Time is up!“ – Eine Nachhaltigkeits-Phillipika

Dominik LennéSonntag, 20.08.2023

Mark Beneke ist Kriminalbiologe, überzeugter Veganer, klimawissenschaftlich breit informiert und absoluter Schnellredner. Hörer von Radio 1 in Berlin kennen ihn aus der Samstags-Vormittags-Sendung, wo er oft über absonderliche Ergebnisse der Wissenschaft referiert. 

In dieser anderthalbstündigen Aufzeichnung eines an der TU Dortmund gehaltenen Vortrags geht er durch das ganze Elend der Klimakrise. Die Vorlesung ist wie ein Schlag vor den Kopf mit dem Vorschlaghammer. 

Er hat sehr dezidierte Ansichten, die aber alle begründet sind, und bringt eine enorme Detailfülle, wie überall auf der Welt das momentane lokale wirtschaftliche Interesse über die Sorge für das wertvolle System Erde obsiegt. Sei es bei den Erdöl-Förderungsgenehmigungen von Biden, dem europäischen Geld für die afrikanische Pipeline EACOP (East African Crude Oil Pipeline), bei den spanischen Erdbeerbauern, die den benachbarten Naturschutzgebieten das Wasser abgraben, der deutschen Hochleistungslandwirtschaft, deren Ackergifte auch die Fauna von Naturschutzgebieten ruinieren oder, was mich besonders frappiert hat, der freimütigen Ankündigung der arabischen Ölfirmen "jeden Tropfen Öl zu fördern und auch zu verkaufen". 

Ob es um den Anteil der Menschheit geht, die in Gebieten außerhalb der für Menschen und ihre Nahrungsproduktion möglichen Klima-Nische werden leben müssen¹ oder die 200 "Klimabomben", das sind aktuelle Projekte, deren jetzt schon bekannten Folgeemissionen unser Emissionsbudget um ein Mehrfaches aufbrauchen würden – wir kriegen einen Fakt nach dem anderen um die Ohren gehauen, dass uns Hören und Sehen vergeht. 

Der eigentliche Vortrag dauert 1:16 h. Dann kommen Fragen. 

Beneke ist nicht jedermanns Geschmack – aber seine Verve, sein Engagement, sein wacher, schneller Geist und seine Klarheit sind beeindruckend. 

--------

¹ Bei den zu erwartenden 2,7 °C über Referenzwert und einer Bevölkerung von 9,5 Milliarden sind das 40%. Der Grund für diesen hohen Wert ist, dass die neu hinzukommende Bevölkerung komplett in kritischen Gebieten im globalen Süden leben wird. 

„Time is up!“ – Eine Nachhaltigkeits-Phillipika

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Kommentare 10
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

    Danke, der Mann ist beeindruckend. Ich hätte allerdings lieber eine kritische Diskussion von Klimatologen, Soziologen, Ökonomen etc. als ein in vielen Gebieten dilettierendes, schnell sprechendes Multitalent, der mir aus Zeitungsartikeln wortreich und tiefbewegt die Welt erklärt. Er muß doch nicht beweisen, das die Welt wärmer wird und das dramatische Folgen haben wird. Seine Schnellschüsse beim Zusammenhang von Profitmaximierung und Weltbevölkerung sind so aberwitzig reduktionistisch und einseitig - wenn dass sein Denkstil ist, gute Nacht. Auch war in den 60er und 70er Jahren der CO2 Ausstoß und eine Klimakrise eben kein wirkliches Thema in den Medien. Eher sprach man dort von der wiederkehrenden Eiszeit. Der Club of Rome hat in seinen ersten Berichten auch nicht auf das Thema und dann nicht gleich auf die Brisanz hingewiesen. Der Club ging davon aus, dass die Ressourcen schnell zur Neige gehen würden. Demnach hätten wir heute gar nicht mehr viele fossile Brennstoffe zur Verfügung….

    Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Erwärmung schneller geht, als es viele Modellrechnungen zeigen. Aber was folgt daraus. Große Teile der Staaten, der globalen Menschheit werden ihr Leben, ihre Wirtschaft nicht so schnell umstellen oder entwickeln. Stattdessen führen sie oft Kriege. Da kann er die Apokalypse noch so oft beschwören. Was folgt daraus für die nationale und europäische Politik? Wie erhalten wir unsere wirtschaftlichen Fähigkeiten die Bevölkerung (zuhause und in der Welt) zu ernähren. Womit wollen wir zukünftig Windanlagen produzieren? Ist das wirklich die richtige Strategie für eine Anpassung an eine wärmere Welt, die (vielleicht außer uns in D - was ja auch nicht stimmt ;-( ) weiter CO2 ausstößt?

    1. Michael Salbeck
      Michael Salbeck · vor einem Jahr

      Ich folge Beneke schon lange. Seine Zielgruppe sind nicht die schon informierten Menschen, die die aktuellen intellektuell durchdringen. Er möchte Menschen ansprechen, die nicht tief in den Themen drin sind und/oder noch skeptisch den wissenschaftlichen Erkenntnissen gegenüber sind.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Michael Salbeck Er bewegt sich aber auf einem Gebiet, in dem er selbst kein Experte ist. Und das tut er offensichtlich auf mehreren Gebieten. Dazu kommt, gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen muß man durchaus skeptisch sein. Und man muß tief drin sein in einer Scientific Community um zu entscheiden, wie vertrauenswürdig letztendlich eine wissenschaftliche Aussage ist. Klar, ein Artikel in der Science hat Gewicht. Besser wäre eine Diskussion unter Experten über diesen Artikel. Denn auch ein Peer Review bestätigt zwar die Seriosität aber garantiert keine endgültige Wahrheit.

    3. Michael Salbeck
      Michael Salbeck · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Ich denke, wir müssen hier nicht über die endgültige Wahrheit diskutieren. Die gibt es nicht und hat niemand.
      Benecke ist auf einem Teil der Themen, die er anspricht, schon sehr bewandert: Beim Artensterben. Immerhin hat er Biologie und Zoologie studiert und in seiner Arbeit hat er mit Insekten zu tun. Durch seine wissenschaftliche Ausbildung ist er auch in der Lage wissenschaftliche Arbeiten anderer Wissenschaftsbereiche zu lesen.
      Diskussionen unter Experten zu Papers/Artikel in der Sience gibt es. Nur, sind die für die Allgemeinheit verständlich und auch dafür gedacht? Womit wir wieder bei der Zielgruppe sind.
      Ich meine, wenn es nicht möglich ist, sowas wie Benecke zu machen, kann man auch den gesamten Wissenschaftsjournalismus einstampfen ;-)

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Michael Salbeck Alles richtig. Durch unsere wissenschaftliche Ausbildung sind wir in der Lage auch Papers anderer Wissenschaftsbereiche zu lesen. Nur sollte man da nicht den Schiedsrichter spielen sondern versuchen den Diskurs dort wiederzugeben, so gut es geht. Besonders für Menschen, die nicht tief im Thema stehen. Ansonsten hab ich nichts dagegen, das Benecke seine Meinung sagt. Aber so wie ich ihn agieren gesehen habe bleibe ich skeptisch. Sicher weiß er besonders viel über Insekten, aber seine dezidierte Aussage über die Landwirtschaft als Ursache des Insektensterben erschien mir auch da etwas einseitig. Also ja, soll er machen. Anregend ist er alle mal.

  2. Michael Praschma
    Michael Praschma · vor einem Jahr

    Ich muss gestehen, dass ich mir die Fragerunde nicht mehr anhören konnte/wollte – der Vortrag war derart fundiert deprimierend, dass mir die Phantasie fehlt, um mir vorzustellen, dass in der verbleibenden Zeit noch etwas herausgekommen ist, das Hoffnungen machen könnte.
    Falls jemand es bis zum Schluss geschafft hat, und ich habe mich getäuscht: Bitte sachdienliche Hinweise.

    1. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor einem Jahr

      Ging mir ähnlich. Das ist schon ein Sperrfeuer aus Katastrophen... Aber was folgt daraus, was haben wir hier zu erwarten? In DE wird es noch halbwegs glimpflich abgehen. Sich innerlich und praktisch auf Veränderung einrichten? Noch konsequenter mit dem eigenen Verhalten werden?
      Sich die Lebensfreude nehmen zu lassen kann es auch nicht sein, im Gegenteil.

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor einem Jahr

      @Dominik Lenné ...wegen dem "noch konsequenter im eigenen Verhalten werden": das kann man für sich tun, aber es ist schon enorm wichtig und auch irgendwie klar geworden inzwischen, dass es die Verbraucher nicht ändern werden und dass die Forderung danach und der Umstand, dass viel zu wenige es viel zu wenig versuchen, nicht die Nebelkerze sein darf, hinter der Politik sich versteckt.

      Ansonsten hat es bei mir in den letzten vielleicht 2 Jahren insofern eine Verschiebung gegeben, dass ich nicht mehr denke "Klimaschutz um jeden Preis", sondern eben öfter "Umgang mit den Folgen der Katastrophe um jeden Preis". Dazu gehört auch wirtschaftliche Handlungsfähigkeit. Dünnes Eis, weil die "Erben" der Leugner der Klimakatastrophe sich genau darauf verlegt haben, den Klimaschutz generell zu diskreditieren, als eben Zerstörer dieser Handlungsfähigkeit.

    3. Michael Salbeck
      Michael Salbeck · vor einem Jahr

      @Marcus von Jordan "... auch irgendwie klar geworden inzwischen, dass es die Verbraucher nicht ändern werden und dass die Forderung danach und der Umstand, dass viel zu wenige es viel zu wenig versuchen, nicht die Nebelkerze sein darf, hinter der Politik sich versteckt."

      Der Verbraucher hat viel mehr Einfluss und Macht als man im ersten Moment denkt. Ohne ihn geht es nicht.
      Z.B., wenn Verbraucher/Menschen weniger Fleisch kaufen, wird es große Auswirkungen auf die ganze Fleischindustrie haben.
      Ich bin daher der Meinung, dass man mehr Engagement der Verbraucher/Menschen einfordern sollte. Das würde viel bewegen.
      Mann kann das beim Thema Homeoffice sehen. Das ist fast ausschließlich durch die Arbeitnehmer getrieben. Und verändert die ganze Arbeitslandschaft.

    4. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor einem Jahr

      @Michael Salbeck Das was ich meine, kann man tatsächlich sehr gut am Thema Homeoffice sehen - das wäre ohne Corona nicht in der Nähe von dem, wo es jetzt ist. Die machtvolle Entwicklung kam erst durch einen strukturellen Impact.
      Und so ist es mit der Nachhaltigkeit vielleicht auch?
      Bestehst du nicht auf ein Konzept, das nachweislich gescheitert ist? Verbraucherengagement tritt auf der Stelle mehr oder weniger. Eine viel zu kleine Menge von Bürger'innen stellt sich selber auf den Prüfstand, schränkt sich selber ein, sucht nach einer eigenen, bewussten Rolle, setzt sich verminderter Partizipation und höheren Kosten aus (viele können das auch nicht). Sie tun das immer im Gefühl , dass sie sich da sozusagen gegen das System stellen, was sie immer noch umgibt. Immer noch alles voller klimaschädlicher Subvention, Billigfleisch, Flugrekorde, SUVs und der Bauer verballert für einen Silo-Ballen so viel Plastik, wie das ganze Dorf im Jahr Plastiktüten spart. Gleichzeitig wird man belächelt oder geradezu angefeindet einfach nur weil man es irgendwie versucht, man muss noch nicht mal etwas fordern. Die Grünen sind die Verbotspartei und ihre Wähler'innen sind Spielverderber und Moralisten.
      Die etwas größeren Entwicklungen, wie mehr Fleischersatzprodukte auch im Mainstream-Markt oder Bio im Discounter, scheinen mir auch eher aus unternehmerischer Verantwortung geboren, als durch Verbraucherdruck provoziert oder?
      Kommen wir da weiter? Sind wir da weitergekommen?

      Ich bin ja für dieses Engagement. Ich versuche mich selber darin und stecke auch allerhand Feindseligkeit ein dafür. Aber ich möchte nicht, dass es eine Unklarheit darüber gibt, dass wir eine Veränderung "von oben" brauchen, damit halbwegs schnell etwas vorwärts geht und dass sich die dafür Verantwortlichen nicht verstecken können hinter der Freiheit der Bürger'innen, die das ja nicht ausreichend wollen.

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