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Klima und Wandel

Grünes Wirtschaftswachstum: Geht doch!

Ralph Diermann
Energiejournalist

Strom, Wärme und Mobilität – das sind meine Themen. Ich arbeite seit 2008 als freier Energiejournalist u.a. für die Süddeutsche Zeitung, Spiegel Online, die Neue Zürcher Zeitung, für Riffreporter sowie für einige Fachzeitschriften.

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Ralph DiermannMontag, 05.11.2018

Eigentlich ist die Frage ein alter Hut: Schließen sich Wirtschaftswachstum und Klima-/Natur-/Umweltschutz aus? Bereits vor fast fünfzig Jahren hat der Club of Rome auf die Grenzen des Wachstums hingewiesen: Nur wenn wir die Konsumspirale verlassen, können wir den Ressourcen-Raubbau beenden. Eine Studie des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI Essen), vorgestellt von Joachim Wille auf klimareporter.de, kommt zu dem Ergebnis, dass ein grünes Wirtschaftswachstum sehr wohl möglich ist.

Der Schlüssel liegt laut der vom Umweltbundesamt beauftragten Studie in der Internalisierung der Klimakosten. Sprich: Die Preise müssen Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung abbilden. Das wirkungsvollste Instrument wäre eine CO2-Bepreisung, etwa durch eine Ausweitung des CO2-Emissionshandels auf die bislang nicht berücksichtigten Bereiche Verkehr, Wärmeversorgung und Landwirtschaft. Da der Emissionshandel EU-weit gilt, müsste hier auf europäischer Ebene angesetzt werden. Doch auch die Bundesregierung kann aktiv werden: Indem sie das deutsche Steuern- und Abgabensystem im Energiebereich so umbaut, dass Energieträger mit hohen CO2-Emissionen teurer und solche mit geringeren billiger werden. Die Einkünfte sollten dann über einen „Öko-Bonus“ an die Bürger zurückfließen.

Das „Degrowth“-Konzept halten die Autoren der Studie dagegen für den falschen Ansatz. Es sei unklar, wie das politisch durchzusetzen wäre, ohne gesellschaftliche Verwerfungen zu erzeugen. Außerdem sei es ineffizient, weil es nicht nach den jeweiligen Umweltbelastungen der einzelnen wirtschaftlichen Aktivitäten differenziert.

Grünes Wirtschaftswachstum: Geht doch!

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Kommentare 8
  1. Leon Leuser
    Leon Leuser · vor 6 Jahren

    Ich war doch sehr überrascht über diesen piq, nachdem ich gestern auf der Abschlusskonferenz zur Studie war. Aus meiner Sicht gibt der piq nicht nur die Schlussfolgerungen der Studie, sondern auch den durchaus differenzierten Beitrag von Herrn Wille sehr verzerrt wieder! So wird das Bild gezeichnet "Grünes Wachstum" ist möglich und "degrowth" sei der "falsche Ansatz". Eine der zentralen Aussagen der Studie, auf den sich die Forschungsinstitute (neben RWI auch noch IÖW und Wuppertal Institut) geeinigt haben als Vorschlag, das "vorsorgeorientierte Postwachstum", taucht gar nicht auf. Zudem wurde dargelegt, dass sich zentrale Annahmen "beider Seiten", also von Vertretern von GreenGrowth/GreenEconomy als auch degrowth, nicht halten lassen. Ein Beispiel ist, die Annahme der absoluten Entkopplung. Hier wurde gezeigt, dass sich die Annahme, dass es zu einer solchen kommen könnnte (GreenGrowth), als auch, dass sie komplett unmöglich ist (degrowth) heute nicht wissenschaftlich nachweisbar ist.
    Schade. Hoffentlich lesen möglichst viele Abonnenten den ganzen Artikel.

    1. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor 6 Jahren

      Cool, dass wir unter unseren Nutzern so informierte Leute haben, die sogar bei der Abschlusskonferenz der Studie waren, über die ein Artikel berichtet, der dann verpiqt wird UND die dann hier auch kommentieren. Danke Leon!

  2. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor 6 Jahren

    Degrowth geht also nicht ohne gesellschaftliche Verwerfungen? Ich würde sagen, das gilt genauso für das im Moment praktizierte Wachstum ohne Grenzen. Einige wenige leben gut auf Kosten vieler. Die vieldiskutierte sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich hat ja wohl auch Potenzial für gesellschaftliche Verwerfungen. Ich würde sogar sagen, wir stecken in diesen Verwerfungen bereits mitten drin.

    1. Ralph Diermann
      Ralph Diermann · vor 6 Jahren

      guter Punkt

  3. Jörg Haas
    Jörg Haas · vor 6 Jahren

    Lieber Ralph Diermann, das ist aber schon eine sehr einseitige, ja verzerrende Lektüre der Studie und des auf ihr basierenden Artikels von Wille. Die zentrale Botschaft der Studie ist ja gerade nicht, sich auf eine Seite in der Kontroverse zwischen "Green Growth" und "Degrowth" zu schlagen. Sondern ein Drittes zu propagieren, die "vorsorgeorientierte Postwachstumsposition", die fordert systematisch die Wachstumsabhängigkeit abzubauen, gerade weil wir keinen empirischen Beleg dafür haben, dass eine ausreichende und systematische Entkopplung möglich ist. Dieser Piq ist ein Ärgernis!

    1. Ralph Diermann
      Ralph Diermann · vor 6 Jahren

      Lieber Jörg Haas, vielen Dank für Ihre klaren Worte! Ich stimme Ihrer Kritik insofern zu, als dass die Studie kein Plädoyer für Green Growth ist, das habe ich im Piq missverständlich formuliert. Die gepiqte Zusammenfassung der Studie lese ich aber so, dass die Autoren den Wachstumspfad, den wir derzeit beschreiten, durch Maßnahmen wie die CO2-Bepreisung in Richtung "Green Growth" zu lenken, quasi als Sofortmaßnahme - und parallel dazu die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition aufzubauen. Darin sehe ich keinen Widerspruch.

  4. Moritz Orendt
    Moritz Orendt · vor 6 Jahren

    Sehr spannender Artikel. Ich habe das Fazit aber durchaus als sowohl grünes Wachstum als auch etwas Degrowth verstanden:

    "Der Politik schlagen die Studien-Autoren als Element einer "vorsorgeorientierten Postwachstumsposition" vor, neben der konsequenten Bepreisung von CO2 und Ressourcen auch einen Wandel zu einer "Kultur der Nachhaltigkeit" zu fördern und Institutionen etwa im Sozialsektor möglichst so umzubauen, dass sie ihre Funktionen unabhängiger von der Wirtschaftsleistung erbringen können – etwa durch Förderung neuer Formen der Nachbarschaftshilfe."

    1. Ralph Diermann
      Ralph Diermann · vor 6 Jahren

      Danke - ich lese das etwas anders: als Aufforderung, ein System zu schaffen, dass das Argument "Wir brauchen Wirtschaftswachstum, um gesellschaftliche Leistungen zu finanzieren" entkräftet, indem es außerhalb des ökonomischen Kontextes funktioniert, zum Beispiel durch Freiwilligenarbeit. Ich sehe darin noch keine Aussage über Wachstum oder Degrowth an sich.

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