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Klima und Wandel

Globale Eisbilanz: 28 Billionen Tonnen sind seit 1994 geschmolzen

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
Zum Kurator'innen-Profil
Nick ReimerFreitag, 29.01.2021

28 Billionen Tonnen Eis – so viel ist auf der Erde zwischen den Jahren 1994 bis 2017 geschmolzen – also verloren gegangen. Das geht aus der bisher umfassendsten globalen Eisbilanz hervor, die Forscher der University of Leeds im Fachblatt "The Cryospher" veröffentlicht haben. Das Schrumpfen vieler Gebirgsgletscher ist eine Ursache, der zunehmende Eisverlust in Grönland der zweite, und auch in der Antarktis könnte die Gletscherschmelze schon irreversibel sein: Selbst die lange als stabil geltende Ostantarktis verliert inzwischen Eis. Für ihre Bilanz werteten die Forscher Satellitendaten und Vor-Ort-Messreihen von mehr als 215.0000 Berggletschern, den polaren Eiskappen und den antarktischen Schelfeisen der Jahre 1994 bis 2017 aus.

"Im Jahr 2019 betrug die jährliche Eisschmelze allein auf Grönland rund 600 Kubikkilometer", erklärt Boris Koch, Ozeanograph am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Koch, zugleich Professor an der dortigen Hochschule, zeigt mit einem anschaulichen Vergleich, wie gigantisch diese Menge verlorenen Eises ist: "Wenn Sie von Hamburg nach München fahren – Luftlinie rund 600 Kilometer – und sich einen Eisblock vorstellen, der auf dieser Strecke 100 Meter breit ist, so lang wie ein Fußballfeld, dann wäre dieser Block zehn Kilometer hoch." So hoch, wie Flugzeuge fliegen.

Was auf Grönland verschwindet, schwappt irgendwann auch an unsere Küsten. Koch: "Taut der grönländische Eispanzer komplett ab, steigt allein dadurch der Meeresspiegel um sieben Meter." Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im Detail simuliert, was steigende Meeresspiegel für einzelne Regionen bedeuten. Die US-Organisation Climate Central zum Beispiel hat sich darauf spezialisiert, Forschungserkenntnisse allgemeinverständlich aufzubereiten. Sie hat eine Vielzahl von Daten und Modellergebnissen zum Meeresspiegel zusammengetragen; auf ihrer Website kann man sich zum Beispiel die deutsche Nord- und Ostseeküste im Jahr 2050 anschauen, flutgefährdete Gebiete sind dort rot markiert: die Perlenkette der ostfriesischen Inseln, Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog, Wangerooge, Mellum – fast komplett rot.

Dramatisch ist, dass das Schmelzen immer schneller wird: Gegenüber den 1990er Jahren hat sich der jährliche Eisverlust bis heute um 57 Prozent erhöht. Dabei geht das meiste Eis durch Tauen in der wärmeren Atmosphäre zurück – 68 Prozent des Schmelzens. Die restlichen 32 Prozent wurden durch ein Abschmelzen von unten verursacht. Das wärmere Meerwasser hat Gletscherzungen und Meereis von unten her angetaut.

Globale Eisbilanz: 28 Billionen Tonnen sind seit 1994 geschmolzen

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