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Klima und Wandel

Die seltsamen Vorgänge rund um Nordstream 2

Daniela Becker
Autorin

"Wie kann die Klimakrise gelöst werden?" ist die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Ich bin Mitglied von RiffReporter, einem Autorenkollektiv und einer Genossenschaft für freien Journalismus.

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Daniela BeckerFreitag, 08.01.2021

Was könnte so wichtig sein, dass die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern mitten in der Corona-Krise eine Sondersitzung einberuft? Eigentlich nur etwas, was der anderen, neben dem Virus noch viel größeren, Bedrohung entgegenwirkt: Der Klimakrise.

Und tatsächlich: Der Landtag in Mecklenburg Vorpommern hat gestern mit großer Mehrheit von SPD, CDU und Linken die Errichtung einer "Stiftung für Klima- und Umweltschutz" beschlossen.

Wunderbar, oder?

Leider klingt nur der Name toll, worum es bei der Stiftungsgründung tatsächlich geht, ist die umstrittene Ostsee-Pipeline Nordstream 2 trotz bestehender US-Sanktionen fertigzustellen.

Laut Landesregierung könnte sie eine Art "Warenlager" aufbauen. In diesem würden dringend benötigtes Material und Maschinen für den Pipeline-Bau eingelagert. Nord-Stream-Zulieferer könnten so ihre Produkte an die Stiftung verkaufen und würden geschützt. "Ob diese Möglichkeit gebraucht und genutzt wird, hängt davon ab, ob die USA weiter auf Sanktionen gegen deutsche und europäische Firmen setzen", erklärte Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) in der Debatte.

Der Reporter (und nach eigenen Angaben aktives Mitglied der Grünen) Steffen Dobbert hat die Parlamentsdebatte in Schwerin verfolgt und sich in mehreren empörten Twitterthreads Luft gemacht: So war die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) vor der Abstimmung anscheinend sogar in der AfD-Fraktion vorstellig, um den Zweck der neuen Stiftung zu erklären (Die AFD enthielt sich in der nachfolgenden Abstimmung weitgehend).

Dobbert schreibt weiterhin:

Ich habe mir heute im Landesparlament die sogenannte "Debatte" dazu angeguckt. Kein Wort über den #Nawalny-Mordversuch, kein Wort über Putins aggressive Energieaußenpolitik, kein Wort darüber, wie der Kreml durch "Stiftungen" in der EU "Politik" macht. Nichts dazu.

Ob es aus geopolitischen Gründen sinnvoller ist, sich mit einer weiteren Gaspipeline vom Erdgas Russlands abhängig oder von Fracking-Gas der USA zu machen, darüber lässt sich sicher trefflich streiten.

Ganz sicher ist es jedoch eine Frechheit, das Manöver als "Klimaschutz"-Projekt verkaufen zu wollen, wie es die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in diesem Video macht.

Ja, man wird Gas für eine geraume Zeit im Energiesystem benötigen. Aber Erdgas ist nicht klimafreundlich. Im Gegenteil: Es ist ein Klimakiller, da gibt es nichts rumzudeuteln.

Die Art, wie Nordstream 2 mit aller Gewalt durchgedrückt werden soll, wird mit Sicherheit noch eine ganze Weile die Parlamente, die EU und vielleicht auch die Gerichte beschäftigen.

So hatte zuletzt ausgerechnet BILD(!)-Reporter Julian Röpcke den Verdacht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nahelegt, dass die zuständige Genehmigungsbehörde, das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), im Fall von Nordstream nicht unabhängig agiert.

Er veröffentlichte Dokumente, die nahelegen, dass ein Anwalt der Nordstream 2 AG im Oktober 2020 in den Genehmigungsprozess der Bundesbehörde (per E-Mail!) eingriff und eine formelle "Änderungsgenehmigung" zum Weiterbau der Pipeline im Dezember 2020 in eine informelle "Genehmigung" des Antrags des Unternehmens verwandelte.

Durch den geänderten Genehmigungscharakter wurde es Umweltverbänden und anderen Dritten rechtlich unmöglich, die BSH-Genehmigung anzufechten und die Bauarbeiten im Dezember zu stoppen.

Diesen Vorgang bezeichnete die Umwelthilfe in einer Pressemitteilung als "ein Weihnachtsgeschenk" für Nordstream 2.

Die seltsamen Vorgänge rund um Nordstream 2

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Kommentare 14
  1. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

    In der Satzung steht übrigens, dass die NordStream2 AG den Geschäftsführer vorschlagen und die Geschäftsgrundsätze mitbestimmen darf. Die Betreiber eine Erdgaspipeline dürfen also den GF einer "Klimaschutz Stiftung" vorschlagen. Wenn das nicht merkwürdig ist, weiß ich auch nicht https://twitter.com/sa...

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor fast 4 Jahre

    Die Pipeline hätte nie gebaut werden sollen.

    Aber kurz vor Bauende scheint es keine gute Alternative zum Abschluss mehr zu geben. Od

    Wenn Deutschland aussteigt, gibt es juristischen Ärger und das Verhältnis zu Russland würde noch schlechter und giftiger.

    Wer kann dann noch glaubhaft Vertrags- und Rechtssicherheit einfordern?

    Auch in den Beiträgen wird - teils berechtigt - kritisiert, aber eine gute Lösung zur anstehenden Entscheidung fand ich nicht.

    Was übersah ich?

    1. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

      Dass hier ein Infrastrukturprojekt (von dem man halten kann was man will) als Klimaschutzprojekt umgelabelt wird. Das ist einfach dreist und schlicht eine Lüge.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 4 Jahre

      @Daniela Becker In der SZ lese ich:

      Man habe "nicht vor, dass diese Stiftung die Pipeline baut oder betreibt", so Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Allerdings könnten über diese Stiftung Bauteile und Maschinen für Nord Stream 2 gekauft werden. "Ob diese Möglichkeit gebraucht und genutzt wird, hängt davon ab, ob die USA weiter auf Sanktionen gegen deutsche und europäische Firmen setzen", erläuterte Schwesig.
      https://www.sueddeutsc...

      Und diese Widersprüche werden in den Polemiken nicht erkannt oder nicht benannt.

      Welche guten Alternativen gibt es?

    3. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

      @Achim Engelberg Ich will gar nicht über den Bau der Pipeline diskutieren. Ich würde sie nicht weiterbauen, aber das hab ich nicht zu entscheiden. Ich will nur nicht dass so getan wird als habe das mit Klimaschutz zu tun.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre

      @Daniela Becker Ich höre, das es für das Klima besser sei effizientere Kraftwerke zu benutzen. Also z.B. Kohle durch Gas zu ersetzen. Und wenn ich weg will von Kohle braucht es preiswerte und zuverlässige Quellen für Gas oder Atomkraft. Zumindest noch längere Zeit.

      Man kann nun diskutieren, ob es nicht eigentlich schon ausreichend Gas gibt. Aber zu unterstellen, Mecklenburg tut das nur um Putin zu stärken - ich weiß nicht ob das beweisbar ist.

    5. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl "Nur um Putin zustärken": Das habe ich auch nicht unterstellt. Aber mit einer Erdgaspipeline, die Gas aus Rußland liefert ist man abhängig von Rußland. (Weder Gas noch Atomkraft sind preiswert, wenn man externe Kosten mitrechnet. Gas wird man noch eine Weile brauchen, ja).

    6. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre

      @Daniela Becker Ja, man ist immer von jemand abhängig. Deswegen ja auch besser mehrere Quellen. Und wenn man externe Kosten einrechnet sind auch Wind und Sonne sehr teuer. Das ist ja das Problem .....

    7. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl Ich weiß, ich muss mich gleich wieder aufregen, aber: Welche externen Kosten bei Wind und Solar sollen das sein?

    8. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      @Daniela Becker Speicher, Reserven für Windstille und fehlende Sonne. Im Grunde braucht man fast eine doppelte Infrastruktur ..... Was nicht heißt, dass wir Wind und Sonne nicht als eine Quelle nutzen sollten. Nur billig wird das nicht.

    9. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl Das sind Infrastrukturmaßnahmen und somit keine externen Kosten, sondern volkswirtschaftliche. Zu "doppelt" würde ich dann gerne ein Szenario sehen.

    10. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      @Daniela Becker Das ist jetzt Sophistik. Natürlich sind das notwendige Kosten der Infrastruktur, die vorrangig mit Wind und Solar betrieben werden soll. Das Problem der Dunkelflauten wird ja ausgiebig diskutiert. Und ich hätte gern ein detailliertes Szenario über Kosten und Energie (für Primärendergie), das mit 100 % Wind und Sonne auskommt. Was man da so ließt sind eher Absichtserklärungen, die technischen Probleme werden gar nicht diskutiert. Aber nicht aufregen. Wir werden sehen. Ich erlebe das sowie so nicht mehr. Aber als Ingenieur will man es genau wissen. Technische Großprojekte scheitern meist nicht an der Grandiosität der Idee sondern am Detail. Siehe Atomenergie .....

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre

      @Daniela Becker https://www.faz.net/ak...

      "Vertreter der Gasbranche nahmen die Zahlen am Dienstag zum Anlass, die nationale und einseitig auf Elektrifizierung ausgerichtete Politik in Deutschland zu kritisieren. „Die Dekarbonisierung Deutschlands mittels Vollelektrifizierung durch das EEG steht in keinem Kosten-Nutzen-Verhältnis“, sagte Timm Kehler vom Branchenverband Zukunft Gas. Mit vorhandener Technologie könne günstiger und schneller CO2 reduziert werden, zukünftig auch mit klimaneutralen Gasen wie Wasserstoff.

      Für Kehler ist die EEG-Förderung „ein aus der Zeit gefallenes System, dem es immer weniger gelingt, Geld der Stromkunden effizient und im Sinne des Klimaschutzes zu verteilen.“ Er rechnet vor: Deutschland habe im vergangenen Jahr 80 Millionen Tonnen CO2 eingespart, dabei könnten für die im EEG-System ausgegebene Summe von rund 31 Milliarden Euro rein rechnerisch Zertifikate für 1,24 Milliarden Tonnen CO2 im europäischen Emissionshandel eingekauft werden."

  3. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

    Hier noch ein schöner Kommentar aus dem Spiegel. https://www.spiegel.de...

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