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Klima und Wandel

Das Problem mit "netto null"

Daniela Becker
Autorin

"Wie kann die Klimakrise gelöst werden?" ist die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Ich bin Mitglied von RiffReporter, einem Autorenkollektiv und einer Genossenschaft für freien Journalismus.

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Daniela BeckerDienstag, 04.05.2021

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum deutschen Klimagesetz stark auf den Aspekt der Generationengerechtigkeit abgehoben.

In diesem Zusammenhang möchte ich diesen Text dreier Wissenschaftler empfehlen, die sich mit dem Konzept „netto null“ auseinandersetzen und das für ein Problem halten.

Die Idee des „netto null“ basiert darauf, man könne Treibhausgasemissionen, die an einer Stelle entstehen an anderer Stelle ausgleichen – sowohl räumlich als auch zeitlich. "Netto null" ist also nicht gleichbedeutend mit "null Emissionen".

Im Zentrum des Textes steht ein kritischer Blick auf so genannte "Kohlendioxid-Entfernungs-Techniken“. Darunter fallen CCS, diverse Formen des Geoengineering aber auch die Idee, man könne alleine mit Baumpflanzungen den Klimawandel stoppen.

The current consensus is that if we postgres these and other so-called “carbon dioxide removal” techniques at the same time as reducing our burning of fossil fuels, we can more rapidly halt global warming. Hopefully around the middle of this century we will achieve “net zero”. This is the point at which any residual emissions of greenhouse gases are balanced by technologies removing them from the atmosphere.

This is a great idea, in principle. Unfortunately, in practice it helps perpetuate a belief in technological salvation and diminishes the sense of urgency surrounding the need to curb emissions now.

We have arrived at the painful realisation that the idea of net zero has licensed a recklessly cavalier “burn now, pay later” approach which has seen carbon emissions continue to soar. It has also hastened the destruction of the natural world by increasing deforestation today, and greatly increases the risk of further devastation in the future.

Ursächlich für den irreführenden Gedanken man könne "heute verbrennen, sich später drum kümmern" sind nach Ansicht der Autoren hybride Klima-Ökonomie-Modelle (Integrated Assessment Models). Sie ermöglichten es den Modellierern, wirtschaftliche Aktivitäten mit dem Klima zu verknüpfen, indem sie zum Beispiel untersuchten, wie Veränderungen bei Investitionen und Technologie zu Veränderungen bei den Treibhausgasemissionen führen könnten.

Der Vorteil: Auf diese Weise kann man politische Maßnahmen am Computerbildschirm ausprobieren, was ggf. kostspielige Experimente erspart. Sie sind bis heute eine wichtige Orientierungshilfe für die Klimapolitik. Die drei Autoren sehen jedoch auch ein großes Problem in dieser Art der Modellierung:

Unfortunately, they also removed the need for deep critical thinking. Such models represent society as a web of idealised, emotionless buyers and sellers and thus ignore complex social and political realities, or even the impacts of climate change itself. Their implicit promise is that market-based approaches will always work. This meant that discussions about policies were limited to those most convenient to politicians: incremental changes to legislation and taxes.

Das implizite Versprechen, dass (ausschließlich) marktbasierte Ansätze zum Klimaschutz funktionieren, hat sich bis heute nicht erfüllt – im Gegenteil, die Emissionen sind rasant weiter angestiegen und steigen immer noch.

Carbon reduction technologies and geoengineering should be seen as a sort of ejector seat that could propel humanity away from rapid and catastrophic environmental change. Just like an ejector seat in a jet aircraft, it should only be used as the very last resort. However, policymakers and businesses appear to be entirely serious about postgresing highly speculative technologies as a way to land our civilisation at a sustainable destination. In fact, these are no more than fairy tales.

Der ganze Text ist ein dringender Appell an Politiker*innen, aber auch andere Wissenschaftler*innen, die Klimakrise als so dringlich wahrzunehmen und zu kommunizieren, wie sie ist. Die Emissionen müssen ab sofort und in diesem Jahrzehnt drastisch reduziert werden.

The only way to keep humanity safe is the immediate and sustained radical cuts to greenhouse gas emissions in a socially just way.

Ich empfehle den ganzen Text im Original zu lesen und im Hinterkopf zu behalten für die Debatten um ein neues Klimagesetz in den nächsten Monaten; etwa wenn es um den für 2038 festgelegten Kohleausstieg geht oder Technologien, die vielleicht irgendwann einmal CO2 reduzieren könnten, heute aber noch gar nicht existieren.

Das Problem mit "netto null"

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Kommentare 1
  1. Leon Leuser
    Leon Leuser · vor mehr als 3 Jahre

    Unabhängig von dem Stand der Technik zu DAC, CCS usw.. stellt sich mir bei diesen Technologien die Frage nach dem "Business Case". Wer soll das bezahlen? Und welches Interesse soll man daran haben das in dem Umfang zu bezahlen, der schon heute notwendig wäre für 1,5 Grad? Solar und Wind werden immer günstiger sein als BECCS (bei dem als Produkt zumindest noch etwas Energie anfällt, abgesehen vom Problem der Nahrungsmittelkonkurrenz und Landnutzung). Aber DAC+CCS sind ja eigentlich reine Geldverbrennung, ohne nennenswerten Mehrwert.
    Ich habe noch nichts gelesen, wo diese Fragen diskutiert werden.

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