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Lauri Myllyvirta ist China-Spezialist bei dem finnlandbasierten Klima-Analyse-Thinktank Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA). Sein neuester Beitrag auf der sich durch längere, fundierte Artikel auszeichnenden Plattform Carbon Brief verspricht nichts weniger als eine Sensation: die begründete Erwartung, dass die chinesischen CO₂-Emissionen von nächstem Jahr an abnehmen werden.
Wenn sich dies bewahrheitet, rollt ein riesiger Stein von der Brust aller, die sich mit der Klimakrise befassen. Die Meldungen aus China waren ja nicht gerade ermutigend: nicht nur, dass die Emissionen global den bei weitem größten Einzelbeitrag darstellen und in den letzten vierzig Jahren massiv angestiegen sind (bis auf eine Wachstumskrise in 2015/16 und die Covid19-Zeit), sondern auch, dass eine enorme Anzahl neuer Kohlekraftwerke im Bau bzw. genehmigt sind – obwohl Staatschef Xi 2021 die gegenteilige Absicht äußerte.
Ein Chinese verbrauchte 2022 mit 670 W etwa die gleiche mittlere elektrische Leistung wie ein Deutscher. Die steigende jährliche pro-Kopf-CO₂-Emission Chinas überholte die sinkende Deutschlands 2021 mit einem Wert von 8,1 t. Allerdings hat China ungefähr 18 Mal mehr Einwohner, d.h. Entscheidungen der chinesischen Führung sind 18 Mal wichtiger! Der Anteil des emissionsarmen Stroms war in China 34 %, in Deutschland 46 %. Mit diesen Emissionswerten erzeugte China jedoch nur ein pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von 17600 $, das sind 33 % des Deutschen. D.h. dass die chinesische Wirtschaft extrem Emissions-ineffizient arbeitet.
Wie geht der Kohle-Ausbau mit der Prognose einer Emissionssenkung zusammen? In zwei Absätzen:
Interessant ist, wie Myllyvirta beschreibt, dass der phantastische Ausbau der Produktionskapazitäten für Photovoltaik, Windkraft, Batterien und E-Autos ursächlich mit dem Ende des Baubooms zusammenhängt, das u.A. durch den Bankrott des Bau-Giganten Evergrande erzwungen wurde. Die treibende Kraft waren die Regionalregierungen, die neue Investitionen ankurbeln mussten, um ihre Einnahmen zu sichern.
Diese Produktionskapazitäten im PV-Bereich sind so astronomisch, dass auch im Erneuerbaren-Bereich eine Überproduktionskrise droht. Der Weltmarkt kann die Zahl der produzierten Module nicht so schnell absorbieren und deren Preise sind im Keller – kaum jemand kann noch Geld damit verdienen. Deshalb sind auch im Solarbereich einige Pleiten und Firmenzusammenschlüsse nicht unwahrscheinlich.
Der Ausbau im Herstellungssektor für Erneuerbare hat noch eine weitere spannende Wirkung: ein neuer, starker Faktor im innerchinesischen Einfluss-System ist entstanden, der die Dekarbonisierung aus rein wirtschaftlichem Interesse vorangetrieben sehen möchte – und zwar national und auch global. Außenpolitisch passt das der Regierung gut in den Kram, kann doch so das internationale Image Chinas aufpoliert werden. D.h. zum Schutz des Erdsystems, der nicht zuletzt für China selbst von großer Bedeutung ist, kommt nun eine ökonomische und politische Motivationsdynamik hinzu. Das ist auch ein Kipp-Punkt der globalen Energiewende.
Quelle: Lauri Myllyvirta Bild: Cynthia Lee / Ala... EN www.carbonbrief.org
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