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Kopf und Körper

Selbstoptimierung hat inzwischen einen negativen Beiklang - zu Unrecht?

Martina Matuschik
Publishing Redakteurin
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Martina MatuschikDonnerstag, 07.02.2019

Der Autor Jörg Scheller ist Dozent für Kunstgeschichte und Kulturtheorie an der Zürcher Hochschule der Künste, Musiker und Bodybuilder (!). Seine These: Das Thema Selbstoptimierung wird inzwischen häufig mit etwas Wahnhaftem, Obsessivem in Verbindung gebracht, mit dem sich Menschen über Gebühr geißeln, das sie unglücklich macht und ihre Lebensqualität beschneidet, bis hin zum Krankhaften oder krank machenden.

Dieses Zitat verdeutlicht seinen Standpunkt und bringt eine neue Perspektive in die Debatte:

"Alle Versuche, uns zu akzeptieren, wie wir sind, münden in gefährliche Formen des Stillstands, der Arroganz und der Kulturkämpfe. Die geläufige Ineinssetzung von Selbstoptimierung mit «Wahn» oder «Sucht» ist ein Ausdruck posthistorischer Gemütlichkeit. Menschen in Entwicklungsländern beispielsweise ist sie völlig fremd, Unterdrückte und Marginalisierte können mit ihr nichts anfangen. Alle, denen die Möglichkeiten dazu verwehrt sind, wissen zu gut, was es heisst, sich selbst und seine Lebensumstände optimieren zu können."

Dennoch stehe ich dem Text auch teils kritisch gegenüber; Denn man sollte sich im Klaren darüber sein, dass es Menschen gibt, die es mit der Selbstoptimierung übertreiben. Für die die Selbstoptimierung zum Selbstzweck wird. Oder die sich selbst optimieren, weil sie einen gesellschaftlichen Druck fühlen, weil sie sich nicht akzeptiert, gehört, gesehen fühlen, wenn sie so bleiben wie sie sind.

Ich denke, diese Form der Selbstoptimierung hat Foucault in dem folgenden Zitat nicht gemeint; denn wie er impliziert: der Drang zur Selbstoptimierung sollte aus einem selbst heraus kommen:

Auch der humanismuskritische Denker Michel Foucault, eine Ikone der Linken, forderte in seinen späten Texten zur Lebenskunst, dass Menschen sich transformieren, sich um sich selbst sorgen, eine eigene Ästhetik der Existenz entwickeln: «Das Wichtigste im Leben und in der Arbeit ist, etwas zu werden, das man am Anfang nicht war.»

Selbstoptimierung hat inzwischen einen negativen Beiklang - zu Unrecht?

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Kommentare 3
  1. Andreas Lutz
    Andreas Lutz · vor fast 6 Jahre

    Ich neige ja dem Autor des empfohlenen Artikels zu: Sich selbst verbessern zu wollen ist eigentlich etwas Positives und sollte nicht geschmäht werden. Andererseits gibt es sicher Übertreibungen, wo sich der Betroffene bzw. dessen Freunde ihn fragen sollten, ob das noch angemessen ist.
    Ähnlich verhält es sich mit langatmigen Artikeln über Selbstoptimierungs-Wahn und deren Entgegnungen: Handelt es sich da nicht um Extreme, bei denen sich die Autoren fragen sollten, warum sie sich so echauffieren?
    Auch für sie gilt natürlich: Jeder wie er es mag. Dem einen sein Phlegma, dem anderen seine Übertreibungen.
    Mir persönlich wäre aber ein launig-humorvoller Artikel über die Schrullen eines Selbstoptimierers lieber oder ein Ratgeber-Beitrag, der hilft Übertreibungen zu erkennen oder der Bericht über eine Studie, die aufzeigt, dass es tatsächlich einen "Selbstoptimierungs-Wahn" mit negativen Auswirkungen gibt.

  2. Moritz Orendt
    Moritz Orendt · vor fast 6 Jahre

    Super Fundstück mit angenehm unkonventionellen Gedanken.

  3. Clara Westhoff
    Clara Westhoff · vor fast 6 Jahre

    Ja, aber bitte in Maßen. Smart Watches, die im Schlaf getragen werden müssen und tagsüber alle 15min piepen um zum Spaziergang aufzufordern sind ein verhältnismäßig harmloses Beispiel. Bei nicht wenigen wird optimiert, was auf natürlichem Weg gar nicht zu optimieren ist - Botox hier, Lifting da und jedes Härchen weglasern. Im Text heißt es, dass Selbstoptimierung nicht allein auf äußeren Zwängen beruht. Ich glaube (leider), dass das leider doch viel zu oft der Fall ist.

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