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Kurator'in für: Europa Fundstücke Kopf und Körper
Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.
Unser Gesundheitswesen gilt als eines der besten der Welt. Das liegt am Image, dass hier alle Patient:innen Spitzenmedizin bekommen können, wenn sie aufwändige Apparatmedizin brauchen. Doch schon vor Jahrzehnten war klar, dass das in einem solidarisch organisierten Gesundheitswesen nicht funktionieren kann, wenn die Gesellschaft überaltert und immer weniger Einnahmen steigenden Ausgaben gegenüberstehen. Die Politik wollte das den Menschen aber nicht sagen und hat angefangen, das Gesundheitswesen nach dem Effizienzprinzip zu trimmen.
Im Abrechnungssystem wurden Anreize geschaffen, die diejenigen belohnen, die eine medizinische Behandlung schneller und mit weniger Personalkosten oder Materialkosten erbringen: Es wurden pauschal Beträge festgelegt, die jedes Krankenhaus für ein und dieselbe Behandlung bekommt – egal, ob es ein großes oder kleines Haus, eine Kinderklinik oder eine Uni-Klinik ist.
Circa 20 Jahre nach Einführung dieser Fallpauschalen (DRGs) sind sich alle Expert:innen einig: Die medizinische Versorgung leidet. Das tut sie auf mehreren Ebenen. Es werden einerseits zu wenig nötige Behandlungen gemacht, andererseits zu viele unnötige und noch dazu wird falsch behandelt, wenn es Kosten sparen hilft. Diese Effekte sind gut untersucht und schon lange bekannt.
Fallpauschalen gibt es noch in anderen Ländern, zum Beispiel in Australien. Aber Deutschland ist das einzige Land, in dem Kliniken sich fast ausschließlich über die Fallpauschalen finanzieren müssen. Auch, weil die Bundesländer ihnen zu wenig Geld überweisen für Investitionen.
Dieser Text erzählt sehr anschaulich, was das für die Patient:innen bedeutet: Sie stehen nicht im Mittelpunkt, wie so gerne behauptet wird. Die meisten Patient:innen wissen und spüren das bei jedem Kontakt mit dem Gesundheitswesen. Aber es fällt ihnen meist schwer, zu verstehen, was genau schiefläuft. Schnell sind dann einfache Erklärungen zur Hand: "schlechte" Ärzt:innen, "faule" Pflegekräfte oder der falsche Ansatz (zu wenig "Alternativmedizin"). Doch das eigentliche Problem wird durch die Gesundheitspolitik geschaffen – ganz bewusst. Entscheidungen werden nicht mehr alleine, und oft sogar nicht mal in erster Linie, nach medizinischen Gesichtspunkten getroffen. Alle, die im Krankenhaus mit den Patient:innen direkt in Kontakt kommen, fühlen sich unter Druck, die wirtschaftliche Zukunft ihres Arbeitgebers sichern zu müssen. Das ist ein ethisches Problem, das die Patient:innen betrifft – aber auch das medizinische Personal selbst.
Dieser Text hilft, den Finger in die Wunde zu legen. Er erklärt, wie sehr sich das System auf die Entscheidungen der Gesundheitsprofis auswirkt und wie wenig Spielraum es ihnen lässt.
Quelle: Caterina Lobenstein Bild: Patricia Kühfuss Artikel kostenpflichtig www.zeit.de
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Leider kein Hinweis auf die Bezahlschranke.... Schade
"Alle, die im Krankenhaus mit den Patient:innen direkt in Kontakt kommen, fühlen sich unter Druck, die wirtschaftliche Zukunft ihres Arbeitgebers sichern zu müssen." Das ist ein Satz, der richtig wehtut. Das darf wirklich, wirklich nicht so sein. Mein erster Berufstraum war Krankenpflegerin. Leider bin ich froh, dass ich es nicht gemacht habe.
Hi Silke, ein guter Artikel. Danke für den Hinweis.