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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft Technologie und Gesellschaft
Seit März 2017 bei piqd in der Redaktion. Seit Herbst 2021 als Chefredakteur. Wöchentlicher Newsletter über alle Video- und Podcastempfehlungen auf piqd über den untenstehenden Link.
Nach den schwerwiegenden Corona-Ausbrüchen in Schlachtbetrieben des Tönnies-Konzerns kündigte der Fleisch-Unternehmer an, dass sich die Branche ändern müsse und das sein Unternehmen dabei vorangehen werde.
Seitdem wurden vor allem arbeitspolitische Maßnahmen umgesetzt und so die vorherrschenden Subunternehmens-Verhältnisse und für Arbeitnehmer erheblich nachteiligen Werkverträge weitgehend verboten. Viele der ArbeiterInnen in den Hallen von Tönnies sind nun festangestellt und erhalten immerhin den Mindestlohn. Die Arbeits- und Wohnverhältnisse haben sich trotzdem nur bedingt verbessert, wie in der hier empfohlenen ZDF-Doku deutlich wird. ZDF Heute hat parallel zum Erscheinen des Films auch einen ausführlichen Infobeitrag veröffentlicht.
Neben der Betriebsgeschichte von Tönnies geht es auch darum, wie die Fleischbranche überhaupt an den Punkt gekommen ist, wo sie aktuell steht: Dass ungelernte, schlecht bezahlte und behandelte Arbeitskräfte die harte Arbeit des Fleischzerlegens in miserablen Verhältnissen leisten müssen und mit ihrer physischen und psychischen Gesundheit im Gegensatz zu den VerbraucherInnen einen hohen Preis für das Billigfleisch zahlen. Am meisten profitiert aber Milliardär Tönnies von der Ausbeutung von Mensch und Tier.
KritikerInnen werden von Tönnies rausgeschmissen oder verklagt.
Möglicherweise könnte mit dem "System Tönnies" wie es in der Doku beschrieben wird, nun noch schneller Schluss sein. Denn Anfang der Woche verkündete Aldi "ab 2030 nur noch Frischfleisch aus den höchsten Haltungsformen zu verkaufen" (Tagesschau).
Die Umstellung soll in Stufen geschehen: In diesem Jahr peilen die beiden Aldi-Konzerne beim Frischfleischverkauf zunächst einen Umsatzanteil von 15 Prozent von Ware aus den Haltungsformen drei und vier an. Bis 2026 soll er auf 33 Prozent steigen. Bereits bis 2025 will Aldi aus dem Verkauf von Fleisch der niedrigsten Stufe eins aussteigen. Bis 2030 soll die Umstellung komplett abgeschlossen sein.
Das ist besonders für das Tierwohl ein großer Schritt, der sowohl vom Deutschen Tierschutzbund als auch von Greenpeace begrüßt wird. Kritik gibt es unter anderem von Renate Künast (Grüne) an der
Tatenlosigkeit von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und die Agrarpolitik der Union. Diese würden erneut vom Lebensmittelhandel "überholt", erklärte die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin.
Quelle: Leonie Schöler und Birte Meier Bild: Screenshot ZDF Me... www.zdf.de
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Ich habe die Doku gesehen, sie ist wirklich gut. Interessant finde ich den Punkt, dass auch in der Fleischindustrie gelernte Kräfte weitgehend überflüssig geworden sind, weil man die Verarbeitungsschritte in so kleine einzelne aufgeteilt hat, dass man nichts mehr gelernt haben muss. "Bauch aufschneiden und Därme rausholen kann jeder."
Die »höchsten Haltungsformen« sind objektiv aus Sicht des Tierwohls weiterhin erbärmlich. Deshalb ist das Aldi-Versprechen vor allem erst mal Marketing, bis 2030 noch lang hin ( neun Jahre – was dauert da so lange, wenn es „ernst gemeint“ ist?).
Darüber hinaus hat die Haltung erst einmal keinerlei Einfluss auf die Tiertransporte sowie Großschlachtbetriebe.
Wer „über den Zaun“ schaut wird feststellen, dass im reichen Deutschland proportional zum verfügbaren Geld die geringste Bereitschaft vorhanden ist, für vernünftige Lebensmittelqualität einen angemessenen Preis zu bezahlen.
Soweit ich das richtig erinnere, gab es ebenfalls beim ZDF vor ein paar Jahren eine Doku über Hühnerhaltung. Da wurde vorgerechnet, dass eine tatsächlich artgerechte Haltung von Hühnern den „Stück-Preis“ im Verkauf von rund 4 € auf über 15 € anhebt.
Im Film waren Einwohner einer „Test-Stadt“ – zumindest vor laufender Kamera – durchaus gewillt, das zu bezahlen. Der Bauer musste das Experiment jedoch nach kurzer Zeit wieder beenden, weil er auf den „überteuerten Hühnern“ sitzen blieb. Dass die eine signifikant bessere Qualität hatten, spielte dabei absolut keine Rolle – der Deutsche mag „Schnäppchenpreise“.
Lieber viel miese Qualität, als selten was „vernünftiges“ – was letztendlich auch dem Klima zugutekäme. Doch wenn's um unseren Life-Style, Mobilität, etc. geht, rudern selbst die Grünen zurück.
Danke für den Tipp!
Ich hatte bei der Kanalauswahl auch überlegt, den piq in "Klima und Wandel" zu veröffentlichen. Die Implikationen durch den Schritt weg vom massenhaft produzierten Billigfleisch sind natürlich auch für das Klima riesig. In dieser Dokureihen-Empfehlung von Sven Prange wird das in einem der Videos sehr anschaulich dargestellt: https://www.piqd.de/us... https://www.ardmediath...