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Deutschlands Pandemie-Strategie besteht im Wesentlichen darin, dass die Intensivmedizin mit den Covid-Fällen gerade noch eben klarkommt. Nach dieser Logik ist es tolerierbar, wenn täglich mehrere Hundert Covid-Patienten in deutsche Intensivstationen kommen. Dabei wird übersehen: Die Intensivstation ist für die Patienten eine Folter. Sie ist das Ringen um Atemluft oder der Tod.
Dabei wird auch übersehen: Die Dauerbelastung erschöpfte viele Pflegekräfte so sehr, dass sie den Job kündigten oder ihre Arbeitszeit verkürzten. Deshalb habe Deutschland seit Jahresbeginn etwa 4.000 Intensivbetten verloren, wie der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx, Ende Oktober mitteilte. Inzwischen tobt die vierte Welle, schwerkranke Patienten müssen von den Streitkräften per Flugzeug verlegt werden.
Mangels Ambitionen, das Virus wirksam einzudämmen, hat sich das falsche Ziel verstetigt. Wer aber dauerhaft am Abgrund entlang balancieren will, stürzt irgendwann ab, kommentiert RiffReporter Christian J. Meier. Als Dauerlösung verstanden, wird das Ziel der Nicht-Überlastung zwangsläufig verfehlt. Es war der Notnagel in der akuten Anfangssituation und kein Kriterium für das Management einer viele Monate dauernden Pandemie.
Denn die Belastungsgrenze lässt sich als Zielmarke nicht fassen. Selbst in der aktuellen Lage, in der zwar einzelne Intensivstationen wie in Dresden oder München voll laufen, kann man noch argumentieren, dass ja letztlich jeder Notfallpatient ein Intensivbett bekommt, wenn auch oft erst nach stundenlanger Suche.
Die gefürchtete Triage, also die aktive Entscheidung einen schwer kranken Patienten zu Gunsten eines anderen gar nicht zu behandeln, blieb immer weit genug entfernt, zumindest bislang. Und die „weiche Triage“, wie Hallek sie nennt, findet zwar statt, ihre Folgen bleiben zunächst jedoch unsichtbar. Gemeint ist damit der Zustand, wenn Ärzte durch das notgedrungene Verschieben einer Behandlung spätere Komplikationen riskieren müssen.
Das können verschobene Krebsoperationen sein, was möglicherweise zu einem Fortschreiten des Tumors führen kann. Aber auch andere Eingriffe, wie die eine Erweiterung eines Blutgefäßes, das „jede Woche platzen kann“, wie der Hamburger Intensivmediziner Stefan Kluge erklärt. Die weiche Triage kann sich bis nach der Pandemie auswirken, auch in Form einer nachgeschleppten Übersterblichkeit.
Irgendwie lässt sich das System am Laufen halten. Der Intensivmediziner Uwe Janssens bekräftigte dies am Beginn der vierten Welle in der ZDF „heute“-Sendung: Man werde es schon „wuppen“.
Aber zu einem enorm hohen Preis, schreibt Meier.
Anders gesagt: Das falsche Ziel hat beides zugelassen: die Kollateralschäden der Viruseindämmung und ein zermürbtes Gesundheitssystem. Die abgewanderten Pflegekräfte wird Deutschland nicht so schnell ersetzen können, es handelt sich um einen anspruchsvollen Beruf, der eine lange Ausbildung voraussetzt. Wir werden nach der Pandemie feststellen, dass wir das Gesundheitssystem nachhaltig beschädigt haben.
Quelle: Dr. Christian J. Meier Bild: Boyloso www.riffreporter.de
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Auch ich danke dafür, diese Perspektive muss viel mehr ins Bewusstsein der Menschen gerückt werden. Ich habe mich gestern erst mit einem Freund der Impfpflicht wegen gestritten, dabei wurde mir klar, dass ihm die unglaubliche Zumutung, die Pflegende seit bald zwei Jahren ertragen müssen, überhaupt nicht oder nur am Rande bewusst ist.
Vielen Dank für diese klaren Worte. Ich habe für den Artikel sehr gerne bezahlt :-).
Eine harte und richtige Einordnung der Situation und des politischen Handelns. Danke!
Großer Dank an den Autoren für diesen Text!