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Fundstücke

Wie deutsche Steuergelder die Kasse des Assad-Regimes füllen

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchSamstag, 11.03.2023

Die Bundesrepublik gehört zu den größten Geberinnen für humanitäre Hilfe. In Syrien geht es um Milliarden. Die Hilfe wird dringend benötigt. 9 von 10  SyrerInnen leben unter der Armutsgrenze. Mehr als 50 Prozent der Menschen wissen regelmäßig nicht, woher sie die nächste Mahlzeit bekommen sollen. Neben Nahrungsmittelpaketen fallen unter humanitäre Hilfe aber auch Dinge wie die Renovierung von Schulen und die Instandsetzung von Wasserpumpen und Abwassersystemen.

Leider verdient daran auch das Assad-Regime Milliarden. Es sind Milliarden deutscher Steuergelder, die in die Kassen einer für unzählige Menschenrechts- und Kriegsverbrechen verantwortlichen Diktatur fließen. 

Ein Grund mehr, genauer hinzuschauen, wie die humanitäre Hilfe organisiert wird. Das passiert ganz wesentlich über die Vereinten Nationen (UN). Nun gilt bei humanitärer Hilfe der alte Spruch: „Bisschen Schwund ist immer". Machthabern betroffener Gebiete gelingt es stets, sich ein beachtliches Stück des Kuchens zu sichern. Die Konsequenz daraus darf allerdings nicht sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Ein bisschen Schwund mag dazu gehören. Extremer Schwund ist hingegen nicht akzeptabel. Umso weniger, wenn die humanitären Operationen nicht nur finanziell gemolken werden, sondern für politische und sogar militärische Ziele missbraucht. Noch einmal: Es geht hier um Steuergelder. Die UN haben leider kein magisches Sparschwein.

Die Financial Times befasst sich im gepiqden Artikel mit einem bekannten Phänomen: Massenhaft Verwandte von sanktionierten Regime-Mitgliedern arbeiten in den syrischen Landesbüros internationaler Hilfsorganisationen. Die UN sagen, sie überprüfen BewerberInnen gründlich. Dennoch arbeitete beispielsweise die Tochter eines berüchtigten Geheimdienstchefs bei UN CERF (ein Nothilfefonds) in Damaskus. Immer wieder machen Mitglieder des Regimes Druck:

An aid worker based in the Middle East said: “I can’t tell you the amount of times where a Syrian government official has walked into our offices and pushed us to hire their kid.”

Natürlich ist das bloß ein kleines Element in der Trickkiste des Regimes. Zum Beispiel wird internationalen Hilfsorganisationen ein künstlicher Wechselkurs aufgezwungen, der viele Millionen in die Staatskasse spült. Aus Sicht des Assad-Regimes ist all das legitim: Immerhin ist sie die anerkannte syrische Regierung und damit auf dem Papier souverän. Hilfsorganisationen sind in ihrer Arbeit nicht frei, sondern werden vor Ort koordiniert. Hauptsächlich vom Syrischen Arabischen Roten Halbmond und vom Syria Trust for Development. Geleitet werden diese Institutionen von Asma al-Assad, der Frau des Präsidenten, sowie Khaled Hboubati, einem engen Vertrauten. Dabei gehen millionenschwere Verträge für Logistik u.v.m. regelmäßig an syrische Unternehmen, die eigentlich auf Sanktionslisten stehen.

Wie gesagt: Ein bisschen Schwund ist immer. In Syrien sind die Zustände allerdings untragbar. Weder die UN noch Geberländer wie die Bundesrepublik drängen jedoch auf ernsthafte Reformen. Man akzeptiert die unglückliche Situation stillschweigend, trotz unzähliger Absurditäten: 81,6 Millionen US-Dollar Miete haben die UN seit 2014 bezahlt, damit ihre MitarbeiterInnen im Four Seasons Hotel in Damaskus unterkommen können. Das Hotel gehört Samer Foz, einem vom Regime hofierten Geschäftsmann, der unter US-Sanktionen steht. Hinterfragt wird das nicht.

Die westlichen Geber und die UN haben den Schlüssel für eine der größten humanitären Operationen weltweit dem Assad-Regime und Russland in die Hand gedrückt, und das erschreckend bereitwillig. Im Zusammenhang mit dem verheerenden Erdbeben wurde das einmal mehr deutlich: Anstatt multilateral humanitäre Hilfe in Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes zu transportieren, wartete man auf Genehmigungen aus Damaskus. Viele Menschen haben für solche Entscheidungen mit ihrem Leben bezahlt. 

Beachtlicher Schaden ist bereits angerichtet, aber noch ist es nicht zu spät für einen Kurswechsel. Wenn mächtige Geberländer wie Deutschland ernsthaft Druck ausüben, können die UN sich emanzipieren. Sollte das nicht oder zu langsam passieren, kann die Bundesregierung stattdessen mehr auf multilateraler Ebene tun. It’s about time.

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Kommentare 4
  1. Hans Wibra
    Hans Wibra · vor mehr als ein Jahr

    Das ist eine traurige Erkenntnis und auch Wahrheit. Bedauerlicherweise ist der Westen, das heißt die G7 und vornehmlich die USA und ihre Willigen an dieser Situation (NGO´S verlängerter Arm diverser Länder) für deren Politik einzusetzen, wesentlich beteiligt. Der Gedanke der NGO`s wurde durch deren inflationäre Zahlen-Entwicklung verbunden mit dem imperialem Ziel der USA, vor Ort diese(viele) NGO´s vor allem für Regime-Wechsel einzusetzen so beschädigt, dass die Länder entsprechend darauf reagiert haben. D.h. Kontrolle oder bis zu Verboten, z.B. hat die "NGO`" Adenauer Stiftung in Ägypten intensiv und umfassend in diese damalige Putsch-Zeiten eingegriffen, dito anderes NGO´s in einigen Süd- und Mittelamerikanischen Ländern uns auch in Osteuropa. Ergo sind wir
    nicht ganz unschuldig, es ist ein riskante Spiel NGO`s zu diesen Zwecken zu nutzen.

  2. Josef Kühnbach
    Josef Kühnbach · vor mehr als ein Jahr

    Habe ziemlich viel für die Erdbebenopfer gespendet, weil sie mir leid taten. Für das Assadregime habe ich nichts übrig. Was ich den Dieben gönne, kann ich hier aus Gründen des politischen Anstands nicht zum Ausdruck bringen.

  3. Hermann J. F. König
    Hermann J. F. König · vor mehr als ein Jahr

    Habe null Verständnis dafür, dort weiterhin unsere Steuergelder zu verschwenden. Es muss eine Lösung gefunden werden, die den Betroffenen hilft. Auch sog. kleiner Schwund darf nicht akzeptiert werden, weil er wie ein Sog wirkt.

    1. Hans Wibra
      Hans Wibra · vor mehr als ein Jahr

      Richtig, eine Lösung muss gefunden werden - möglicherweise passt die wirkliche Lösung (uns) aber nicht?

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