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Was die Forderungen von "Fridays for Future" konkret bedeuten würden

Rico Grimm
Journalist

Ich schreibe „Cleantech Ing.“, einen Newsletter, über Technologien, die wir brauchen werden, um die Klimakrise zu lösen.

Zum Kurator'innen-Profil
Rico GrimmMittwoch, 10.04.2019

Heute tagt zum ersten Mal das Klimakabinett der Bundesregierung, eine spezielle Ministerrunde, die dabei helfen soll, die Klimaschutz-Anstrengungen Deutschlands zu bündeln und voranzubringen. Am Montag schon, pünktlich zur heutigen Sitzung, haben die Aktivisten von Fridays for Future eine konkrete Forderungsliste veröffentlicht. Ein Punkt darin: Eine CO2-Steuer, 180 € pro Tonne. Das ist eine abstrakte Zahl, die Claus Hecking in diesem Text dankenswerter Weise runterbricht. Er hat für 15 Dinge ausgerechnet, welche Mehrkosten damit verbunden wären. Eine kleine Auswahl:

  • 1 Liter Benzin: Mehrkosten: 0,43 Euro
  • Rindfleisch, 1 kg: Mehrkosten: 2,58 Euro
  • Hin- und Rückflug nach Neuseeland. Mehrkosten: 2107 Euro.
Was die Forderungen von "Fridays for Future" konkret bedeuten würden

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Kommentare 28
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 5 Jahre

    Wie schon hjemand hier sagte: nicht "Mehrkosten", = höhere Preise (die anderswo dann aber ausgeglichen sind!).

  2. Georg
    Georg · vor mehr als 5 Jahre

    Nein, nein, nein, ohje (ich bin ein bisschen entsetzt, denn es ist SO wichtig, dass dieses Detail endlich richtig formuliert wird...):

    Es sind keine Mehrkosten, es sind höhere Marktpreise! Die Kosten für all diese Dinge, die ändern sich ganz und garnicht.

    Umwelt-/Lebensraumzerstörung sind aktuell sogenannte "externe Kosten", die am Markt nicht abgebildet werden (obwohl sie de facto anfallen) und Dritten (also nicht den an der Transaktion beteiligten, Passagier und Luftfahrtunternehmen, sondern meistens der Gesellschaft) unkompensiert entstehen.

    In diesem Fall entstehen sie leider 1. zeitversetzt und 2. wahrscheinlich vor allem in anderen Ländern, was es so schwer macht, sie als solche zu verstehen UND als Politiker anzuerkennen.

    Sie durch eine Steuer auf den Marktpreis zu internalisieren ist der absolut richtige Weg. Faire Lastenverteilung ist ein anderes Kapitel, das auch sehr sinnvoll gelöst werden kann.

    https://wirtschaftslex...

    1. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor mehr als 5 Jahre

      Ja, die Begrifflichkeiten der BWL und VWL sind diesbezüglich leider völlig aus der Zeit gefallen. Das ist ein wichtiger Punkt.

    2. Georg
      Georg · vor mehr als 5 Jahre

      @Daniela Becker Hm, was meinen Sie? Die von mir verwendeten Begrifflichkeiten sind ja aus den WiWis. Wenn ich Sie richtig verstehe, halten Sie die aber für fehl am Platz? (Warum?) Ich verstehe nicht ganz, ob Ihr Kommentar jetzt zustimmend oder ablehnend ist...

    3. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor mehr als 5 Jahre

      @Georg Das war volle Zustimmung für ihren Kommentar

    4. Rico Grimm
      Rico Grimm · vor mehr als 5 Jahre

      Guter Punkt, hatte ich noch gar nicht drüber nachgedacht.

  3. Moritz Orendt
    Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

    Finde ich alles gut. Ein Träumchen wäre es, wenn dann die Steuermehreinnahmen einfach als Pro-Kopf-Pauschale an die Bürger zurückfließt. Dann verdienen alle mit umweltbewussten Lebensstill sogar noch :-)

    1. Marion Bruchhäuser
      Marion Bruchhäuser · vor mehr als 5 Jahre

      Und EU-weit.. sonst ist es wieder ein Tropfen auf den heißen Stein

    2. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

      @Marion Bruchhäuser EU-weit wäre natürlich ein Sahnehäubchen. Aber auch in Deutschland hätte es meiner Meinung nach schon ordentlich Bumms: Wenn mehr Leute durch Klimaschutz verdienen als zahlen.

    3. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 5 Jahre

      @Moritz Orendt @Moritz: Würde diese Ausschüttung im Endeffekt nicht dazu führen, dass mehr CO2 emittiert wird?

    4. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 5 Jahre

      @Christoph Zensen wieso das Christoph? ...

    5. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 5 Jahre

      @Marcus von Jordan Indem Reiche sich von der Steuer kaum beeindrucken lassen und Arme sich durch die Pro-Kopf-Pauschale jetzt CO²-intensive Dinge leisten können, die sie zuvor nicht kaufen konnten.

      Aber ist nur laut gedacht und daher als Frage formuliert.

    6. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

      @Christoph Zensen Hmm, glaube ich nicht.

      Ja, ich kann mir dann mehr leisten, aber CO2-intensive Dinge sind ja durch die Steuer trotzdem teurer als vorher. Also würde ich vermuten, dass der zusätzliche Konsum (genauso wie der bestehende) sich auf die CO2-armen Dinge verschiebt.

    7. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 5 Jahre

      @Christoph Zensen ich glaube auch nicht - so reich sind dann in summe doch wenige, dass es sich gar nicht auswirken würde, wenn der Spritpreis um 30% steigt oder der Urlaubsflug sich preislich doppelt. Ob es zu mehr Konsum führt weiß ich natürlich gar nicht, weil ich keinerlei Idee habe, wie hoch die "Einnahmen" des Einzelnen aus so einer Dividende sein könnten...
      Mir fehlt in der Rechnung: Investitionen in alternative Mobilität. Wenn man das Geld zB teilweise nutzen würde, um massiv den Bahnverkehr auszubauen und billig zu machen, dann profitieren ja auch quasi alle...

    8. Georg
      Georg · vor mehr als 5 Jahre

      Halte ich für Gießkannen-Sozialismus und für keine gute Idee. Man könnte die Steuer stattdessen auch einfach progressiv ansetzen. Gleichzeitig müssen die Steuereinnahmen in Umweltmaßnahmen investiert werden, damit die "Kosten" in Form von Lebensraumzerstörung auch tatsächlich kompensiert werden.

    9. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

      @Georg Was bedeutet denn "Gießkannensozialismus"? Und warum ist das schlecht?

      Ich glaube, dass halt die Einfachheit eine Dividende der Schlüssel ist. Etwas tiefgründer ist das hier aufgeschrieben: https://www.heise.de/t...

    10. Georg
      Georg · vor mehr als 5 Jahre

      @Moritz Orendt Naja, Gießkanne heißt, dass wir nicht schauen, wer was braucht, sondern einfach das Geld an alle verteilen. Habe das nochmal nachgelesen, so will es heise ja auch tun. Der Artikel beschreibt damit eine Variante, die sich dem Wähler sehr einfach verkaufen lässt und daher politisch naheliegend ist. Ein "Träumchen" finde ich es nicht und ich finde auch nicht, dass man dafür, dass man die Umwelt nicht zerstört, dazuverdienen sollte (was hat man denn damit auch genau geleistet?). Nein, eine Strafe fürs Zerstören ist genug.

      Generell finde ich, Geld sollte in einer Gesellschaft, in der wir offensichtlich keine Chancengleichheit oder Leistungsgerechtigkeit haben, eh immer eher nach Bedarf vergeben werden. Dh. arme Haushalte steuerlich zu entlasten fände ich per se schon einmal eine bessere Lösung, als alle HHs gleichermaßen zu entlasten/zu bezuschussen. Das Geld in höhere Chancengleichheit zu investieren vielleicht sogar noch besser.

      Am allerbesten aber fände ich es, die Gelder denen zu geben, die für den bezahlten Flug auch etwas abgeben mussten (obwohl man sie nicht dafür bezahlt hat). Das ist ja eigentlich auch die Idee dahinter.

      Die Steuer internalisiert Kosten in den Markt, die tatsächlich anfallen, bisher aber außerhalb des Marktes. Es ist keine Steuer, die den Staat finanzieren soll (also Geld von den Privathaushalten an Staat verschiebt, wie es etwa die MwSt tut), sondern Umweltschäden verhindern soll. Bisher verkauft die Fluggesellschaft dem Passagier ein Produkt, das auch auf Kosten anderer angeboten wird, die aber nicht dafür bezahlt werden (die Menschen, die überschwemmt werden, haben kein Geld dafür bekommen, dass man ihnen den Lebensraum zerstört). Die Steuer soll nun den zerstörten Lebensraum quasi mit in den Preis einbauen. Weil Lebensraum aber ein schwer handelbares Gut ist, werden wir mit dem eingenommenen Geld gleich den Lebensraum "zurückkaufen" müssen, sollten also Maßnahmen zur THG-Senkung finanzieren, denn nicht die aktuell lebenden Deutschen werden um etwas betrogen, sondern hauptsächlich noch nicht lebende Inselbewohner (die darauf mglrw. folgende Kettenreaktion, Nahrungsmittelknappheit, Massenmigration, politische Instabilität usw. macht das im übrigen gleich noch einmal viel "teurer", für uns auch). Normalerweise würden man im Rahmen so einer Pigou-Steuer einfach dem Geschädigten den Gegenwert in Geld auszahlen. Zukünftige Generationen werden sich den Lebensraum nicht mehr zurückkaufen können, also müssen wir das bereits für sie tun. Ansonsten ist die Steuer nur ein Ansatz, um vielleicht weniger wegnehmen zu lassen, aber nicht, um sie zu kompensieren, wie es fair wäre.

    11. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

      @Georg Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Der Vorteil von einfachen Lösungen ist neben der Verständlichkeit auch der Kostenfaktor. Es gibt keine Bedarfsprüfung oder Chancenprüfung oder was auch immer. Und für eher Arme macht das Geld aus einer Klimadividende einen größeren Unterschied als für Wohlhabende.

      Dein moralisches Argument "man sollte für die Nicht-Zerstörung der Umwelt nicht belohnt werden" ist für mich auch zweifelhaft. Warum denn nicht?

      Aber egal. Falls die Steuer kommt, wäre so oder so viel gewonnen.

    12. Georg
      Georg · vor mehr als 5 Jahre

      @Moritz Orendt Über Deinen letzten Satz sind wir uns natürlich absolut einig.

      Also um diese Linie noch einmal klar zu ziehen:
      Das eine sind die pragmatisch richtigen Wege der Realpolitik. Da fällt Dein Vorschlag bei dieser ja aktuell utopisch erscheinender Steuer sicherlich als einer der besten drunter, denn so kauft man sich die Wählergunst.

      Zum Thema Kosten möchte ich eins anmerken, was ich in der BGE-Debatte häufig anmerke: Die Verwaltung des deutschen Sozialsystems macht nicht mehr als 3% der Ausgaben aus. In Relation zu den Verbesserungsmöglichkeiten bei der Verteilung, halte ich differenzierte Mechanismen (nicht kompliziertere Paragraphen) weiterhin für angebracht.

      Das andere sind gesellschaftlich wünschenswerte Zustände (also genau, moralische Überlegungen). Über das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit will ich erstmal nicht streiten, ich denke, da sind wir uns einig. Dann kannst Du unzählig viele Analogien aufmachen. Sollte man Bürger belohnen, dass sie den Nachbarn nicht belästigen? Ich finde, dass Umweltzerstörung auf Kosten anderer ganz einfach als Anmaßungen zu betrachten sind. Ist vielleicht nicht auf den ersten Blick so, weil uns dieser Konsum so selbstverständlich scheint. Wenn Du vor den Augen eines durch die Emissionen Betroffenen, der weiß, dass Du weißt, was es verursacht, in einen Flieger steigen würdest, würde er Dir aber was erzählen.

  4. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 5 Jahre

    Hier ist erklärt, wie sich die 180€ zusammensetzen: https://www.umweltbund...
    Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes: „Maßnahmen für den Umwelt- und Klimaschutz sparen uns und kommenden Generationen viele Milliarden Euro durch geringere Umwelt- und Gesundheitsschäden. Das sollten wir auch bei der Diskussion um Luftreinhaltung oder den Kohleausstieg nicht vergessen.“

  5. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor mehr als 5 Jahre

    Auf KlimaSocial hat Christopher Schrader auch schon mal beschrieben was in dem Spiegel-Text nur kurz angerissen wird: wie mit den Einnahmen durch eine CO2-Abgabe soziale Härten vermieden werden können. https://www.riffreport...

    1. Rico Grimm
      Rico Grimm · vor mehr als 5 Jahre

      Danke, gleich mal den NL abonniert. (Habe ja noch nicht genug davon...) ;)

    2. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

      Ist total wichtig, dass soziale Härten vermieden werden. Aber so wie bei riffreporter skizziert, ist es doch sehr kompliziert und trägt den kompletten Muff der deutschen Steuergesetzgebung noch eine Umdrehung weiter.

      Warum nicht einfach die Mehreinnahmen per Pro-Kopf-Pauschale als Klimadividende ausschütten? Mehr Cash in die Täsch würde doch viele noch zu Umweltschützern machen.

    3. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor mehr als 5 Jahre

      @Moritz Orendt Sowas geht nur, wenn Du einen enormen gesellschaftlichen Konsens hast. Ich hätte nicht gedacht, dass ich sowas mal schreibe, aber ich glaube eine Steuer wäre leichter. Die Erfahrung aus der EEG-Umlage haben gezeigt, dass die Gegner vor nichts zurückschrecken. Klage bis vors EUGH, Beschuss durchs Wettbewerbs- und Beihilferecht etc.

    4. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

      @Daniela Becker Nur um ganz sicherzugehen, dass wir nicht aneinander vorbeischreiben: Ich bin für Steuer (Umweltsünder zahlen) + Dividende (alle Bürger kassieren).

      Ist das so viel komplizierter? Elterngeld wurde ja auch eingeführt und war möglich. In Bayern kam einfach so das Familiengeld, was 2 Jahre mal 250 € pro Monat an alle Familien ausschüttet. Cash-Ausschüttungen sind anscheinend möglich.

      Ich weiß von den Kämpfen bei der EEG-Umlage sicherlich viel zu wenig. Sollten da auch alle Bürger Cash bekommen?

      Ich glaube, dass so eine Message "Mehr Cash für dich dank Klimaschutz" 1000 Mal einfacher zu verkaufen ist als "Wenn du X verdienst und in Y Steuerklasse bist, dann kriegst du vielleicht 37,43 mehr" und "Wenn du A verdienst und in B Steuerklasse bist, dann musst du vermutlich 35,53 € mehr bezahlen".

      Vielleicht kriegen wir durch so einen einfachen Aufschlag dann doch mal den gesellschaftlichen Konsens für den Klimaschutz :-)

    5. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor mehr als 5 Jahre

      @Moritz Orendt Es ist ja nicht unendlich viel Geld zum Verteilen da. Die Steuer soll klimaunfreundliches Verhalten schmerzhaft teuer werden lassen und mit den Einnahmen soziale Härten ausgeglichen und klimafreundliche Strukturen aufgebaut werden.

    6. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 5 Jahre

      @Daniela Becker Nein, ich würde einfach nur das Geld verteilen, was reinkommt. Also wenn durch die CO2-Steuer beispielsweise 80 Milliarden eingenommen werden, bekommt jeder Bürger einen Riesen pro Jahr.

    7. Georg
      Georg · vor mehr als 5 Jahre

      @Moritz Orendt Das Problem in diesem Fall ist, dass das eingenommene Geld, sofern die Steuer eine echte "Pigou-Steuer" ist, 100% zur Kompensation der Umweltkosten eingesetzt werden müssen.

      Hier müssen wir weiterhin über das Thema Verteilungsgerechtigkeit, Leistungsgesellschaft und und und sprechen, aber die Lösung ist nicht trivial.

      Politisch wäre das aber natürlich genau das Argument, das man verwenden muss, um eine Chance zu haben, das Thema durchzubringen.

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