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Nur so lange wir leben, können wir den Eindruck korrigieren, den andere von uns haben. Im Tod sind wir in den Erinnerungen und Wahrnehmungen anderer begraben. Doch wie sehen diese Erinnerungen und Wahrnehmungen nach ein paar Jahren, nach einem Jahrzehnt oder länger aus?
Klaus Raab macht sich auf die Suche nach seinem Schwager Rüdiger, der mit 22 Jahren an Krebs starb. Er hat ihn nie persönlich kennengelernt, aber er nimmt die Spur auf und fragt sich, was von einem Menschen bleibt.
Ich kann Teile von Rüdigers Lebensgeschichte rekonstruieren, Orte besuchen, an denen sie spielt, und seine Musik hören, so wie man ein Archiv besucht. Aber je mehr ich mich auf ihn zubewege, desto genauer sehe ich, was ich nie erfahren werde; desto größer erscheint mir die Entfernung. Wenn ich vor Rüdigers Platten sitze und ihn darin zu entdecken versuche, wenn ich einen von ihm mit Eselsohren versehenen Agententhriller lese, der im Kalten Krieg spielt, wenn ich sich verfärbende Fotos betrachte, die ihn in Pullundern zeigen, frage ich mich: Sehe ich ihn? Oder sehe ich nur seine Zeit?
Der Autor spricht mit vielen Menschen, die Rüdiger kannten, lässt sich ihre Erinnerungen schildern. Und erlebt immer wieder Moment der Präsenz.
Was hat Rüdigers Sportlehrerin erzählt? „Am Tag vor unserer Hochzeit hat mich Rüdigers Vater angerufen und mir gesagt, dass er gestorben ist. Unsere Hochzeitskarte stand wohl auf Rüdigers Nachttisch. Er würde versuchen zu kommen, hatte er gesagt.“ Und so vergehe kein Hochzeitstag, an dem sie nicht auch an ihn denke, ihren Schüler.
Was hat Rüdigers Vater gesagt, als er mich einmal mit auf den Golfplatz nahm, um mir zu zeigen, wie man abschlägt? „Ich habe Rüdigers Schläger immer dabei.“ Es vergeht keine Golfrunde, während der er nicht an ihn denkt.
Letztlich bleiben die Momente eines Menschen, die andere berührt haben. In diesen Momenten wird der Verstorbene zum Mythos, zur Legende, die weiterlebt.
Quelle: Klaus Raab Bild: privat taz.de
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Toller Text! Danke fürs piqen, den Text hätte ich ungern verpasst. Und das, obwohl der Text im Original beim Sportmagazin No. 1 schon von Alexander Krützfeldt ebenso lesenswert wie hier gepiqd wurde: https://www.piqd.de/re...
Asche auf mein Haupt.