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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft
Dr. Anja C. Wagner beschäftigt sich mit globaler Transformation im digitalen Wandel. Sie gilt als kreative Trendsetterin und bezeichnet sich selbst als Bildungsquerulantin. Inhaltlich kreist sie um User Experience, Bildungspolitik, Arbeitsorganisation und unserer Zukunft in einer vernetzten Gesellschaft. Mit dem Unternehmen FrolleinFlow GbR bietet sie heute Studien, Vorträge, Consulting und verschiedene Online-Projekte an.
In diesen Zeiten wird viel über das Versagen des deutschen Bildungssystems lamentiert. Alle haben eine Meinung, kaum jemand blickt wirklich fundiert hinter die Kulissen. So sind die Sprechchöre zu den Versäumnissen der digitalen Bildung an Banalität oft nicht zu überbieten. Aber es muss offenbar jedwede:r was dazu gesagt haben. Nun gut.
Wenn ihr euch jedoch einmal einen fundierten Artikel mit konstruktiver Kritik durchlesen wollt: Nehmt diesen hier verlinkten. Joana hat 30 Jahre im Ausland gelebt, vor allem in Asien und dort das fortschrittliche Bildungssystem z.B. in Singapur mit aufgebaut. Als sie vor einigen Jahren nach Deutschland zurückkehrte, recherchierte sie zum hiesigen Status Quo der digitalen Bildung, fand mich irgendwie über LinkedIn, kontaktierte mich und fragte: "Was ist denn hier (nicht) los?" (Ganz nebenbei ein Satz, den ich bereits von mehreren v.a. Asien-Rückkehrer*innen gestellt bekommen habe.)
Seitdem arbeitet Joana zum Glück im deutschen Bildungssystem - und wundert sich weiterhin ob der hiesigen Diskussionen. Den unprofessionellen Eiertanz der KMK, der Lehrenden, der Eltern und aller sonstigen "Bildungsexpert*innen", die sich wechselseitig blockieren. Dirk von Gehlen kommentierte heute in der Süddeutschen Zeitung, Deutschland habe nicht die Digitalisierung verschlafen. Sie sei vielmehr aktiv und willentlich verhindert worden. Von den Entscheidungsträger*innen.
Und, oh Wunder: Das wird sie weiterhin. Es ist (bildungs)politisch nicht gewünscht, dass sich etwas grundlegend verändert. Wir leben eben weiterhin im Industriezeitalter. Oder wie Joana schreibt:
Es ist aus internationaler Sicht nicht nachvollziehbar, dass ein entwickeltes Industrieland wie Deutschland 40 Milliarden Euro in den Braunkohleausstieg investiert, an dem 20.000 auslaufende Arbeitsplätze hängen, und nur fünf Milliarden für die Digitalisierung in Form des Digitalpakts bereitgestellt wurden, der (I) erstens nicht effektiv umgesetzt wird und (II) zweitens, in der Konsequenz inadäquater Planung zu scheitern droht. Würde die Politik die Kosten für alle ausstehenden WLAN-Anbindungen, Lernplattformen, professionelle Apps, diesbezügliche Lizenzgebühren, die nachhaltige Erneuerung von Hardware und vor allem neues Personal in die Rechnung mit einbeziehen, würde eine vielfache Summe des Digitalpakts zustande kommen.
Die Erzählung, die man lieber hört ist, dass man alles kostenlos bekommt. Dazu gehören Open Source Software ebenso wie die digitale Professionalisierung von Lehrkräften.
Ja, der alte Humboldt und das Recht auf Bildung wird zwar gerne rhetorisch bemüht, um das Gefühl einer Bildungsgerechtigkeit weiter aufrechtzuerhalten. De facto geschieht aber nichts Relevantes. Im 21. Jahrhundert mit der Informationsgesellschaft braucht es andere Bildungsansätze, um Menschen eine Perspektive zu bieten, wie sie entweder neue Jobs erobern oder schaffen können. Oder auch sinnvoll leben können ohne Job, wenn der Arbeitsmarkt und die Kompetenz(en) eben nicht (mehr) zusammen passen.
Und für die Schulen? Da braucht es kreative, transformative Ansätze. So wie in den Hochschulen auch. Darüber workshoppen wir übrigens am 26.11.2020 im Rahmen des virtuellen Kongresses rund um das Hagener Manifest zu #NewLearning: Wozu braucht es noch Hochschulen, wenn sie keine tragfähigen Konzepte zu entwickeln vermögen, die zukunftstauglich sind? Weil sie selbst zu wenig digital affin sind vielleicht?! Weil sie selbst zu wenig interdisziplinär und vernetzt arbeiten?! Weil sie schon immer so gearbeitet haben?!
Es fehlt eine vorbildliche Weiterbildungs- und Weiterentwicklungskultur in diesem Land. Die Welt verändert sich so-oder-so. Ob "wir" hier Mitgestalter*innen dabei sind, ist derzeit in der Schwebe. Weder die aktive Generation noch die Heranwachsenden werden dazu zeitgemäß aus- und weitergebildet. Es bräuchte gänzlich andere Strukturen dazu. Joana fordert:
Social Making, als Gegenentwurf zu top-down Architekturen, bedeutet für uns Innovation auf Grassroot Level, mit Empathie für alle Akteure im Handlungsfeld Schule. Hierzu braucht es Atemräume. Was wir fordern ist die Einrichtung innovativer Freiräume in der Form von Innovationslaboren im öffentlichen Dienst, die Investition in Menschen, deren Qualifizierung und Selbstbestimmung, die Förderung eines inklusiven Mindsets, der Abbau bürokratischer Hürden sowie die Etablierung von Qualitätsstandards zur lebenslangen Weiterbildung.
Das wäre schon mal ein guter Schritt. Lest den gesamten Artikel! Bitte!
Quelle: Joana Kompa Bild: Unsplash/ Brookec... joanakompa.com
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