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„Sind wir uns einig, dass der Hitlergruß nicht okay ist?“ Sachsens Ministerpräsident in Chemnitz

Dmitrij Kapitelman
Lesen, Schreiben, Mirsachenmerken. Journalismus darf auch Spaß machen.
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Dmitrij KapitelmanFreitag, 31.08.2018

Nach den Nazieskalationen in Chemnitz wartete ich gefühlte Ewigkeiten auf klare, demokratische Worte von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Sie kamen spät genug und in ganz homöopathischer Dosis. Und von der ewigen Sorge um Sachsens Ruf verstellt. 

Wieder diese unerträgliche Verharmlosung, die den Rechtsextremen erst den Raum gab, professionelle Strukturen zu entwickeln und sich in die Mitte zu hassen. Über Jahre hinweg. Wieder diese Anbiederung an AfD-Wähler - die nichts Anderes bewirkt, als die Populisten weiter zu stärken. Das Ausmaß meiner Wut, Ohnmacht und Verachtung für den AfD-Helfer Kretschmer wuchs und wuchs und wuchs.

Ich empfehle nun diese Reportage, in der Kretschmer am Tag des Bürgergesprächs in Chemnitz begleitet wird, weil sie (auch mich) zu einem Paradigmenwechsel zwingt. Denn sie zeigt einen bemitleidenswerten Demokraten, der vor feindseligem Publikum um politische Minimal-Konsense kämpfen muss. Den Willen zur Wahrheit und dem Anerkennen von Fakten. Den Respekt für rechtsstaatliche Prinzipien. Oder diese Kleinigkeit:

„Sind wir uns einig, dass der Hitlergruß nicht okay ist?“

"Jetzt schweigen die meisten hier, und ein Grummeln geht durch die Reihen, und der Mann mit der Glatze nickt etwas zurückhaltend. Eine Person klatscht."

Einen Gejagten und Ohnmächtigen, dem sein Land bereits entglitten scheint, sieht man. Für diese sächsischen Zustände bleiben er, bleibt die CDU mitverantwortlich. Aber es ist wichtig zu sehen, unter welchen Umständen sie diese nun wieder versuchen müssen, zu retten.










„Sind wir uns einig, dass der Hitlergruß nicht okay ist?“ Sachsens Ministerpräsident in Chemnitz

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Kommentare 7
  1. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 6 Jahren

    Jahrzehnte bildungsfeindlicher und sozial ungerechter Politik- die Verantwortlichen dafür, sind die Verantwortlichen für diese Katastrophe. Also oft die CDU, aber klar nicht nur. Und jetzt sind die einzelnen Protagonisten überfordert und überrascht, wer wollte Ihnen das verdenken.
    Der Hass und der Frust sind geistlos, ungerecht und irrational in ihrem Ausdruck. Aber sie entstehen in einem realen, politischen Vakuum, im Kontext mit einer realen politischen Dysfunktionalität.
    Härte, Verbote, Strafen und klare Reaktionen und Stellungnahmen aus der Politik sind nötig, man sollte sich aber davon nicht viel versprechen. Man sollte sich dadurch nicht beruhigen lassen. Helfen wird nur eine andere Politik.

    1. Georg Wallwitz
      Georg Wallwitz · vor 6 Jahren

      Da machst Du es Dir, glaube ich, etwas zu einfach. Bildungsfeindlichkeit und soziale Ungerechtigkeit sollen die Ursachen sein? Da hätte ich gerne Belege.
      Erstens funktionieren Sachsens Schulen recht gut. Das Niveau ist deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Ja, auch mir sehen die Leute auf den rechten Demos nicht eben so aus, als wären sie in (deutscher) Bildung getränkt (kaum einer dürfte die Exponenten deutschen Geistes, wie Kant oder Goethe gelesen haben). Aber ich glaube nicht, dass die Anzahl der Ungebildeten in Sachsen höher ist als im Bundesdurchschnitt.
      Und was die soziale Ungerechtigkeit angeht, so deutet nicht viel darauf hin, dass Verteilungsfragen oder ähnliches einen nennenswerten Einfluss auf das Denken und Wählen der Trump/AfD-Wähler hat. Trump ist ein Oligarch und Umverteilung ist nun wirklich nicht sein Thema. Und die einfachen, armen Leute lieben ihn trotzdem. Weil es um Kultur geht, um Rasse und Nation.
      Ist ja alles unappetitlich. Geschenkt. Aber so lange die Linken sich an ihren alten Themen festhalten und weiter „Gerechtigkeits“-Wahlkäpfe führen um die Rente etc. (ohne zu definieren, was denn Gerechtigkeit ist), werden sie weiter in die Bedeutungslosigkeit versinken.

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 6 Jahren

      @Georg Wallwitz ...den Linken in Deutschland würde, glaube ich, nur noch linke Politik helfen - die Ankündigung glaubt ihnen niemand mehr.

      Und klar - der Sachse ist auch nicht doofer als der Rest - vielleicht aber aktuell etwas prekärer? Dass ungebildet und arm nicht die Kriterien sind für die AfD -Gefolgschaft ist bekannt. Aber bei hitlergrüßend, randalierend durch die Straßen marodierend sind es eben vielleicht doch Kriterien? Ich hab es mir sicherlich zu leicht gemacht, aber um was es mir geht, ist, dass wir eben zu wenige sind, die sich einigermaßen mündig ein halbwegs realitätsnahes Urteil bilden können und dementsprechend einigermaßen immun wären gegen die allerdümmsten und allergefährlichsten Manipulationen - das ist ein Bildungsproblem. Die analoge demokratische Gesellschaft mit ihren vergleichsweise zentralen Medien konnte es ich leisten, mit irgendwas wie 20% Mündigen zu operieren. In der digitalen Variante scheint das nicht mehr auszureichen, weil sich jeder sucht, was er hören will und jeder Verführer selber Publizist sein kann.

      Wenn du den globalen Bogen spannst zu dem Thema, würde ich entgegnen: sehr viele, vergleichsweise Ungebildete leben immer prekärer und sind immer eindeutiger mit einer ungerechten Verteilung konfrontiert, bzw. sehen für sich kaum Perspektiven oder haben de facto keine. Links bietet sich ihnen niemand an, der noch halbwegs glaubhaft wäre, sich für sie einzusetzen. Rechte Verführer dringen in dieses Vakuum ein und weil die Zielorganismen eben vergleichsweise ungebildet sind, fällt ihnen nicht auf, dass Trump ein Oligarch ist.

      Ich weiß, das ist wieder zu einfach, aber hey - das ist ja nur ein Kommentar!

    3. Georg Wallwitz
      Georg Wallwitz · vor 6 Jahren

      @Marcus von Jordan ... zu dem Thema findet sich heute in der Financial Times ein wunderbarer Artikel zum 10-jährigen Jubiläum der Finanzkrise - und warum sich so wenig dadurch geändert hat. Den pique ich jetzt mal, wenn's recht ist ...

    4. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 6 Jahren

      @Georg Wallwitz sehr recht...da hab ich dich kennengelernt, als du in einer Bogenhausener Wohnung kurz danach schon angekündigt hast, dass sich wenig ändern würde....und ich wütend protestiert habe :D...

    5. Georg Wallwitz
      Georg Wallwitz · vor 6 Jahren

      @Marcus von Jordan Und das ist schlimm. Nicht dein Protest, sondern die Nicht-Veränderung. Denn im „Leopard“, einem der Urtexte für jeden konservativen, heißt es doch: Wenn alles bleiben soll, wie es ist, muß sich alles ändern.
      Die Weisheit dieser Worte sehen wir jetzt: der ganze Laden fliegt uns um die Ohren, wenn so weiter gemacht wird wie in den 90er-Jahren.
      Aber wir machen einfach weiter.

    6. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 6 Jahren

      @Georg Wallwitz da ahne ich doch gleich den ersten podcast oder einen piqd salon dazu...ich melde mich direkt nach dem Urlaub.

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