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Studium der Philosophie, Politikwissenschaft und Geschichte in Freiburg und Paris, Promotion in Frankfurt am Main. Er lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Siegen und lebt als freier Autor und Dozent in München. Radiobeiträge für Bayerischer Rundfunk, Deutschlandfunk und Südwestrundfunk, Artikel unter anderem für Blätter für deutsche und internationale Politik, Der Freitag, Jungle World, Telepolis.
Jüngste Buchveröffentlichungen: Richtig falsch. Es gibt ein richtiges Leben im falschen (2019); Kulturarbeit. Progressive Desillusionierung und professionelle Amateure (2022)
Der Beitrag stellt eine sozialphilosophische These auf, die für die Frage nach möglichen Wegen in eine Postwachstumsgesellschaft von fundamentaler Bedeutung ist. Die Grundlage der Wachstumsgesellschaft (also von immer neuen Steigerungen und Beschleunigungen) ist der gesellschaftliche Antagonismus, ein sich verschärfender Kampf ums Dasein. Der heiße ideologische Kern, der eigentliche Glaube unserer Gesellschaftsordnung ist der Sozialdarwinismus: Der Glaube an den Kampf ums Dasein als Bestenauslese - der Glaube an den Gewinner in einem endlichen Spiel. Ein Spiel, das einige Gewinner und viele Verlierer produziert.
Ein Haupthindernis für eine Postwachstumsgesellschaft ist also der quasi-religiöse Glaube an den Gewinner und an das Gewinnen als den eigentlichen Sinn des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Spiels.
Eine neue Gesellschaftsordnung müsste also ganz andere Spiele spielen. Der Artikel skizziert einige Modellüberlegungen der Wissenschaft, und einige praktische unternehmerische Experimente mit unendlichen Spielen:
"Wer das ungehemmte Wachstum eindämmen will, der muss nicht nur neue wirtschaftliche und sozialpolitische Instrumente überprüfen, sondern auch die Psychologie des Gewinnens. In einer Gesellschaft des inklusiven Wachstums kann man verlieren, ohne Verlierer zu sein oder Gewinner sein zu müssen."
Verlieren, oder vielmehr Nicht-Gewinnen-Müssen, wird damit zur Kernkompetenz einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung und einer friedlicheren Gesellschaft.
Im Unterschied zu endlichen Spielen, deren Zweck die Durchsetzung des Gewinners ist, also die Produktion und Unterscheidung von Gewinnern und Verlierern, geht es bei endlichen Spielen nur darum, das Spiel zu spielen und fortzusetzen:
"Das endliche Spiel ist Mittel zum Zweck, ist extrinsisch, das unendliche Spiel ist intrinsisch, ist Zweck an und für sich."
Damit dies nicht nur meist unverbindliche PR-Parolen wie 'Purpose' oder 'Stakeholder Value' bleiben, müssen diese Modelle konkret ökonomisch ausbuchstabiert werden, auf der Ebene der Firmenkultur, der strategischen Ausrichtung, der Eigentumsformen, des Arbeitsrechts, der Gehalts- und Mitbestimmungsmodelle, und schließlich des Sozialrechts, dessen ureigene Funktion eben die politische Eindämmung des losgelassenen Kampfs ums Dasein ist.
Zunächst aber geht es darum, einen Kulturkampf zu führen gegen die Ideologie des Sozialdarwinismus und sein einseitiges, zur Brutalisierung sozialer Beziehungen anhaltendes Leistungsdenken.
Quelle: Tom Leberecht www.sueddeutsche.de
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stimmt schon. Wobei ich das "Problem" eher Neoliberale Wachstumsideologie nennen würde. Stimme aber Kommentator Hansi Trab zu, insofern auch das unendliche Spiel seine Tücken haben kann.
Wie genau definieren wir eigentlich "Gewinnen"?
Ich halte es für eine steile These, dass der Wachstumszwang Teil des sozialdarwinistischen Weltbilds sei. Denn eigentlich ist er eine Folge der gesellschaftlichen Sozialstrukturen, die wir aufrechterhalten, um eben diesen Sozialdarwinismus gesellschaftlich unterhalb eines kritischen Levels zu halten, denn wir benötigen Wachstum, bzw. haben es bisher benötigt, um diese moderne Gesellschaft finanzierbar zu halten. Frühere Gesellschaften benötigten kein Wachstum, waren aber aufgrund dessen auch nicht besonders lebenswert.
Ginge es nur um das sozialdarwinistische Weltbild, dann liesse sich das Problem ganz leicht über Erziehung und Bildung lösen. Die meisten Menschen sehen jetzt schon ein, dass es so nicht weitergehen kann und wir mehr Umweltbewusstsein und Fairness brauchen. Die Umsetzung ist das Problem: wir wollen nicht zurück ins Mittelalter! Wir wollen unseren Lebensstandard nicht aufgeben! Und wir wollen auch unsere freiheitlich, demokratische Grundordnung und ihre sozialen Sicherungssysteme behalten! Dafür brauchen wir finanzielle Mittel! Und die erhoffen wir uns vom Wachstum.
Der gordische Knoten, den die Postwachstumsökonomie zerschlagen muss, ist also nicht die menschliche Gier, sondern die Angst der Menschen vor der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Hier sind die Gegner der Postwachstumsökonomie nicht weniger apokalyptisch als ihre Befürworter. Für sie ist ein "infinite game", wie im Artikel gepriesen, nur vorstellbar, wenn das Wachstum weitergeht. Und das ist doch spieltheoretisch längst bekannt: Kooperation, also das Anstreben von zukünftigen, absoluten Gewinnen, die alle Spieler weiterbringen, findet nur statt, wenn das Spiel potentiell unbegrenzt, bzw. unbegrenzt wiederholbar ist. Ist es das nicht, versucht jeder Spieler relative Gewinne einzufahren, sprich die anderen Spieler zu übervorteilen. Soweit die Theorie.
Jetzt stehen wir vor dem Problem, dass beide Entwürfe auf einen drohenden Endpunkt hinzuführen scheinen:
- machen wir so weiter wie bisher, zerstören Klimakatastrophe und Biodiversitätssterben unsere Lebensgrundlage.
- steuern wir gegen und kappen das Wachstum, zerstören wir selbst unsere Lebensgrundlage
Im Artikel steht, dass Trump und die beobachtbare Polarisierung Folge des vorherrschenden Klimas des Sozialdarwinismus' seien. Wenn das so ist, warum haben wir dann eine lange Phase wachsender internationaler, sowie transnationaler Kooperation und sozialer und wirtschaftlicher Globalisierung hinter uns? Wo waren da die Trumps, Bolsonaros oder Orbans?
Ich glaube, dass das Erkennen der wechselseitigen Abhängigkeit und die Perspektive auf Langfristigkeit diese Kooperation ermöglicht haben und das drohende Ende dieser Perspektive nun die rücksichtslosen, egoistischen Akteure auf die Weltbühne bringt. Der Ton wird rauer, weil es vor diesem Hintergrund heißt: "me first, fuck the rest!"
Jetzt könnte man natürlich einwenden, dass es doch ganz einfach sei: man müsse die Menschen nur bilden und ihnen aufzeigen, dass der erste Weg auf jeden Fall in die Katastrophe führt und nur Postwachstum und Verzicht überhaupt die Chance bieten, dass das Spiel weitergeht. Aber erstens wird das schon seit dem ersten Bericht des Club of Rome versucht, zweitens sind Unterstützer der rücksichtslosen Akteure bekannterweise ziemlich wissenschaftsresistent und drittens bleibt weiter unbewiesen, dass nicht sowieso beide Wege mindestens zu einer beispiellosen Reduzierung des heutigen Lebensstandards führen.
Teil 2 folgt
Gegenthese: Wir sind hierzulande schon längst in einer Postwachstumsgesellschaft angekommen und merken es bloß nicht - jedenfalls war die Entwicklung des BIP in den vergangenen Jahrzehnten nicht sonderlich aufregend.