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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
In diesem Text warnt der deutsch-amerikanische Politologe Yascha Mounk, Dozent an der Harvard University, eindringlich vor einer um sich greifenden Cancel-Culture, einer Kultur der Ausradierung. Dabei gehe es nicht nur um falsche Meinungen, sondern auch um die Personen, die solche Meinungen äußerten. Wobei es für eine falsche Meinung schon ausreiche, wenn sie in "Nuancen von der identitätspolitischen Orthodoxie" abweiche.
Interessant ist seine Warnung aus zwei Gründen: Zum einen gibt sie einen Einblick in die aktuelle amerikanische Debattenkultur, die sich offenbar zunehmend zugunsten identitätspolitischer und zulasten linksliberaler, kosmopolitischer Weltbilder verschiebt – und die darüber hinaus in Deutschland bereits eine gewisse Resonanz findet.
Zum anderen stellt sich die Frage, wo legitime Kritik aufhört und Zensur beginnt. Nicht der raue Ton einer Debatte sei dabei entscheidend, schreibt Mounk, sondern ob jemand zu einer Persona non grata erklärt oder gar eine Kontaktschuld ausgesprochen werde.
Und weil sein Text auch ein bisschen nutzwertig sein will, teilt Mounk am Ende noch drei Beobachtungen, wie man der Cancel-Culture begegnen sollte. Tipp Nummer Zwei will ich hier mal hervorheben, auch wenn ich das dort verwendete Wort "Mob" ablehne: Kümmert euch nicht so sehr um das Gebrülle auf Twitter.
Quelle: Yascha Mounk Bild: [M] ZEIT ONLINE; ... www.zeit.de
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Ich denke dabei immer an die Kampagne gegen Tellkamp (https://de.wikipedia.o...). Der soll sich mal nicht so haben mit seinem angeblichen Gesinnungskorridor zwischen gewünschter und geduldeter Meinung. Er kann ja seine konservativen/rechten Gedanken weiter verbreiten, aber nicht bei uns. Mit dem "Fast-Nazi" reden wir lieber nicht.
Oder auch wie es in der NZZ jüngst Peter Boghossian ausdrückte:
"Die ganze Universität ist eine ideologische Mühle, in der Studierende mit diesen Glaubenssätzen indoktriniert werden, während zugleich immer mehr konservative Stimmen ausgesondert werden. Als sie die Konservativen holten, habe ich nichts gesagt. Als sie die Moderaten holten, habe ich nichts gesagt. Und als sie dann die Linksliberalen holten, bemerkte ich, dass ich ein Problem habe."
https://www.nzz.ch/feu...
Das ist ein spannendes und wichtiges Thema. Ich frage mich schon länger, ob wir in Deutschland tatsächlich über Cancel Culture sprechen müssen, oder ob das eine aus den US übernommene Debatte ist. Ich bin mir nach diesem Artikel immer noch nicht sicher, aber mir gefällt dieser Rat: "Es ist immer verlockend, sich nur dann vor Opfer der Cancel-Culture zu stellen, wenn sie eine persilreine Weste haben. Aber das ist ein Fehler, denn das Problem mit der Cancel-Culture ist nicht etwa das Ziel, auf das sie sich einschießt, sondern ihre Methode. Deshalb sollten zum Beispiel auch diejenigen, die Dieter Nuhr für langweilig und Lisa Eckhart für geschmacklos halten, für deren Redefreiheit einstehen."
Dazu unbedingt mal die Diskussion von Yascha Mounk und Ezra Klein hören. Beide sind sehr tief in diesem Diskurs drin und das Diskussionsniveau ist hoch. Sie ziehen jedoch ganz andere Schlüsse. Die Position von Mounk wird im Text ja klar. Klein schaut eher darauf, ob die sich Proponenten der Canel-Culture-Gefahr auch für ein Environment einsetzen, in dem der Safe-Space für ALLE verbessert wird (nicht nur für die Proponenten der Canel-Culture-Gefahr). Hat was mit Macht zu tun ...
https://www.stitcher.c...
Was sind denn für Dich Beispiele einer "um sich greifenden Cancel-Culture, einer Kultur der Ausradierung"?