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Häusliche Gewalt in Deutschland: Ein Fotoprojekt

RiffReporter eG
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RiffReporter eGMontag, 30.11.2020

Über einhunderttausend Frauen werden in Deutschland jährlich Opfer von häuslicher Gewalt. Die Dokumentarfotografin Irina Unruh beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema. Sie erzählt im Interview und Podcast mit Fotograf Björn Göttlicher über die zum Teil traumatischen Erlebnisse, die Frauen widerfahren, die Opfer ihrer Partner oder Ex-Partner werden. 

Unruh meint:

Deutschland ist ganz sicher kein vorbildliches Land. Im Gegenteil. Hier ist das Bewusstsein für dieses Problem noch nicht weit genug entwickelt, um zu sehen, dass es sich um ein strukturelles Problem handelt. Man hört von Nachbarländern wie Italien, Spanien, Frankreich, in denen es Demonstrationen zum Thema häusliche Gewalt gibt. Dort sind die Stimmen lauter, während es in Deutschland relativ ruhig ist. Es handelt sich um ein Thema, über das nicht viel gesprochen wird.

Gibt es Warnzeichen?

Ja, man spricht da von den so genannten roten Flaggen. Da sollte auch die Aufklärung ansetzen, um das Problem besser zu verstehen. Die betroffenen Frauen schilderten in meinen Befragungen alle, dass die Situation sich mit der Zeit veränderte. Der Partner war nicht von Anfang an ein Mensch, der zur Gewalt tendierte. Es fing klein an, er gewann immer mehr Kontrolle und machte ihr Vorgaben. Eine Frau schilderte mir, ihr Partner machte zunächst Kommentare zu ihrem Aussehen und wie sie sich kleidete. Es fing an mit kleinen Demütigungen und Erniedrigungen. Dann steigerte es sich. Im Nachhinein, wenn sie der Situation entkommen sind, sagen fast alle Betroffenen: Ja, es gab Hinweise, aber ich konnte sie nicht deuten. Dafür war die Situation zu komplex. Eigenschaften wie Dominanz oder Kontrolle waren anfangs nie so deutlich, dass die Frau hätte sagen können: Ich gehe jetzt. Oft ist das ein Riesenproblem, denn den Frauen wird im Nachhinein gerne vorgeworfen: Warum bist du nicht gegangen? 

Es geht im Interview auch darum, ob und wie man Menschen, die traumatisches erlebt haben, überhaupt fotografieren sollte. 

Bei einer Person hatten wir überlegt, ihren Schatten zu fotografieren, doch am Ende entschieden wir uns dagegen, denn die Angst war unglaublich groß, dass sie erkannt werden könnte. Dass selbst ihr Schatten erkannt werden könnte. 


Das Interview erschien in der Serie "Fotograf mit Zweifeln".

Häusliche Gewalt in Deutschland: Ein Fotoprojekt

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Kommentare 2
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

    Die Idee dieser Serie gefällt mir sehr gut. Ich habe der Fotografin ein bisschen hinterhergeforscht, weil ich gehofft hatte, mehr Bilder aus der Serie zu finden. Stattdessen bin ich auf ihrer Homepage auf eine andere, ebenfalls sehr berührende Serie gestoßen, in der es um Frauen in Kirgisistan geht, wo es offenbar das Sprichwort gibt "Eine gute Ehe beginnt in Tränen". Die Serie heißt "I am Jamilia" und porträtiert Frauen, die für die Ehe gekidnappt wurden https://www.irinaunruh...

    1. Dr. Peter Spork
      Dr. Peter Spork · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

      Super Tipp. Danke. Übrigens finde ich auch die Idee des RiffReporter-Projekts von Björn Göttlicher, Fotograf mit Zweifeln (https://www.riffreport...), in dem Irina Unruh vorgestellt wurde, sehr gut. Dort gibt es noch eine Reihe weiterer spannender Gespräche mit interessanten Fotograf*innen zu entdecken. Ich sollte es wissen, denn ich habe viele davon redigiert.

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