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Gewalterfahrungen unter der Geburt

Susanne Franzmeyer
Piqer für Radio Features
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Susanne FranzmeyerMittwoch, 15.02.2023

Das Feature "Weinen hilft dir jetzt auch nicht – Gewalt in der Geburtshilfe" von Marie von Kuck ist schon ein paar Jahre alt, doch behandelt es ein nach wie vor wenig beachtetes Thema. Vielleicht, da ein Geburtsakt an sich als Gewaltakt gilt, den jede gebärende Frau irgendwie zu meistern hat.

"Kristellert wird eigentlich mit den Händen", sagt eine Hebamme. Kristellern nennt man das Festhalten des Kindes durch die Geburtshelfer, um ein Zurückrutschen in der Wehenpause zu vermeiden.

"Und da ist überhaupt keine Anstrengung da, geschweige denn Körpergewicht, (...) das hält man mit der Hand, ohne, dass man da jetzt irgendwie groß Muskeln braucht."

Die meisten machen es aber wohl falsch. Die eine Mutter im Feature erinnert sich, wie sich der Arzt mit ganzer Wucht auf ihren Bauch drückte und sie vor Schmerzen schrie.

"Dieses falsche Kristellern, das ist so gewaltvoll für die Frauen, die sehen nur noch den Arzt, der auf einem draufliegt, mit dem Unterarm, vielleicht mit nem Laken, das macht ja jeder wie er möchte, so ungefähr - die schaffen es meistens nicht mehr richtig zu schieben, zu pressen, weil sie einfach nur Schmerzen empfinden. Die können dann gar nicht mehr anders außer zu schreien."

Es sind Tabus, die hier angesprochen werden, denn meistens steht am Ende im Protokoll nur, dass es eine natürliche Spontangeburt war – ohne Komplikationen.

"Kristellern wie hier aufgeführt, ist mit großen Risiken verbunden. Bei der Mutter kann es zu Leberriss, Milzriss, Rippenbrüchen, Rupturen der Gebärmutter, des Beckenbodens, des Dammes kommen. Auch das Kind kann verletzt werden. In England und Frankreich ist das Kristellern deshalb vielerorts verboten."

Kristellern ist nicht das einzige. Es geht auch um die ungewollte Verabreichung und unzulängliche Aufklärung über die Gabe von Wehen- oder Schmerzmitteln, die Verweigerung gewünschter Geburtspositionen etc. Was wurde der einen Mutter unter der Geburt da verabreicht? Sie fühlte sich danach wie benebelt, die Geburt zog gleichgültig hinter einem Schleier der Benebelung an ihr vorbei. Teilweise sah sie sich von oben. Da wurde irgendein Kind geboren. Nicht ihres. Das Kind reagierte ähnlich passiv und ließ sich auch nicht mehr wecken, um aktiv im Bauch mitzumachen. Die umstrittene Substanz taucht nicht im Protokoll auf, und doch wurde sie der Gebärenden – gegen ihr Einverständnis – verabreicht.

"Letztendlich ist die Familienplanung völlig über den Haufen geschmissen worden. Eine weitere spontane Entbindung kommt absolut nicht in Frage. Weder wäre ich psychisch dazu imstande, noch würde das mein Körper mitmachen."

Es gibt leider etliche Frauen – in Deutschland schätzungsweise sogar 40 bis 50 Prozent –, die unter der Geburt nicht zu rechtfertigende Handlungen oder Maßnahmen über sich ergehen lassen (müssen), die lang anhaltende körperliche wie seelische Verletzungen dadurch erfahren, die ihre ganze Lebensplanung beeinträchtigen. In diesem Feature werden exemplarisch besonders drastische Fälle von diesen vielen Berichten zu Gehör gebracht.

Gewalterfahrungen unter der Geburt

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Kommentare 1
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor fast 2 Jahre · bearbeitet vor fast 2 Jahre

    "Für die Geburtsstationen rechnet sich die „einfache“ komplikationslose vaginale Geburt betriebswirtschaftlich deshalb nicht. Die vaginale Geburt mit „Hilfestellungen“ wie Periduralanästhesie, Wehentropf oder Saugglocke wird etwas besser honoriert." Das ist ein krasser Vorwurf, ich kann es mangels Expertise bei diesem Thema nicht einschätzen. Aber wenn es stimmt, ist es wahnsinnig traurig.

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