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Fundstücke

Gefahrenherd Polizei

Charly Kowalczyk
Journalist

Ich bin in Singen am Hohentwiel geboren und lebe in Potsdam. Schreibe Radiofeature für den Deutschlandfunk und für die Sender der ARD. Bin Mitgründer des Bremer Hörkinos. Seit nun fast 19 Jahren stellen wir in Bremen ein Radiofeature der Öffentlichkeit vor.
www.bremer-hoerkino.de

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Charly KowalczykMittwoch, 30.06.2021

Um es vorwegzunehmen: In Tom Schimmeck´s ARD-Feature „Rechtsextrem in Uniform. Über Radikalisierungstendenzen in der deutschen Polizei“ erfahren wir nichts Neues. Nichts, über das nicht schon berichtet wurde. Im Grunde ist die Doku-Reportage eine Zusammenfassung dessen, was wir in den vergangenen Jahren über die rechtsextremistischen Gefahren innerhalb der Polizei erfahren mussten. Erschütternde Dokumente. In Chat-Gruppen toben sich Polizistinnen und Polizisten aus. Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Rechtsextremismus, nicht einmal vor Hakenkreuzen und Hitler-Verehrung scheuen sie sich. Andersdenkende wurden und werden bedroht. Eine kleine, aber scheinbar größer werdende Gruppe verbreitet Angst und Schrecken. Es sind nichts anderes als Banden oder kriminelle Clans innerhalb der Polizei. Ja, so kann man es durchaus sehen. Es geht hier nicht um Kavaliersdelikte. Straftaten innerhalb der Polizei wurden - oftmals nur durch einen Zufall - in den vergangenen Jahren in NRW aufgedeckt. In Frankfurt. Sachsen. Berlin. Schleswig-Holstein. Mecklenburg-Vorpommern... vermutlich gibt es dieses Denken von Polizistinnen und Polizisten in jedem Bundesland.

„Wir reden hier von übelster und widerwärtigster, neonazistischer und rassistischer flüchtlingsfeindlichster Hetze.“

NRW-Innenminister Herbert Reul von der CDU.

Das tut weh, das tut richtig weh. Rassismus-Vorwürfe, Rechtsextremismus-Vorwürfe tun uns weh und das tut weh.

Barbara Slowik, Polizeipräsidentin in Berlin.

So haben sich viele Verantwortliche in Pressekonferenzen  geäußert. Wenn man dem Feature 52 Minuten lang zuhört, wird deutlich, dass es hier längst nicht mehr um Einzelfälle von Polizisten geht. Um Fehlverhalten, das es nur zu korrigieren gilt. Hier geht es um Strukturen innerhalb der Polizei. Um Denkmuster. Um Menschenbilder. In der Doku wird vielerorts dokumentiert, an denen Polizisten sich rechtsextrem, sexistisch oder rassistisch äußerten, ja besser noch: austobten. Es wird klar, dass wir achtgeben müssen. Dass es eine Zivilgesellschaft braucht. Tom Schimmeck beschreibt zielsicher, wie Politik und Polizei-Verantwortliche reagieren, wenn wieder einmal eine Straftat innerhalb der Polizei entdeckt worden ist:

Es gibt bei der Aufdeckung von Rechtsradikalismus im Polizeiapparat erprobte Rituale. Zunächst zeigt man Erstaunen. Erschütterung. Schmerz. Scham. Fordert, dass alle Vorwürfe rückhaltlos aufgeklärt werden. Vielleicht kommt es zu Hausdurchsuchungen, womöglich Suspendierungen. Bald wird davor gewarnt die Polizei unter Generalverdacht zu stellen. Manchmal wird eine Expertenkommission gebildet oder eine Sonderkommission. Danach passiert lange nichts. Die Ermittlungen ziehen sich. Nun zeigen sich erste Innenpolitiker an der Seite von Uniformträgern und beteuern: "Wir stehen an der Seite der Polizei". "Wir danken für den hohen persönlichen Einsatz jeden Tag." Später werden lange Berichte veröffentlicht. Unschöne Details verschwinden weiter hinten, im Kleingedruckten. Die für das Innenministerium zuständige Regierungspartei erklärt: "Es gibt keinen institutionellen Rassismus in unserer Polizei." Einzelfälle werden disziplinarisch ermittelt, unter Umständen einiger Anwärter aus einer Polizeischule entfernt und eine extra Stunde Geschichte in unseren Lehrplan aufgenommen. Die Strafverfahren werden eingestellt.

98 Prozent aller Gerichtsverfahren gegen Polizisten enden mit einem Freispruch. So viele unschuldige Polizistinnen und Polizisten. Daran könnte man verzweifeln. Tom Schimmeck dokumentiert, beschreibt, wirft einen Blick auf die AfD, die viele Polizisten in ihren Reihen hat. Es lohnt sich genau hinzuhören.

Gefahrenherd Polizei

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