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Die unsichtbaren Kinder des Lockdown

Krautreporter Redaktion
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Krautreporter RedaktionDonnerstag, 17.12.2020

Über die unerwünschten Nebenwirkungen von Lockdowns ist schon viel spekuliert worden. Eine Sorge: Wie findet man heraus, ob es Kindern, die Schutz brauchen, zu Hause noch gut genug geht?

Eine Studie von der Technischen Universität München besagt, dass Kinder in 6,5 Prozent der Haushalte im April und Mai gewalttätig bestraft wurden. Die Notbetreuung während der Schulschließungen hatten nur einen Zweck: Der Mutter im Pflegeheim oder dem Vater an der Supermarktkasse die Arbeit zu ermöglichen. Sie hatte nicht den Zweck, die Kinder zu schützen, die zuhause keinen Schutz bekommen.

Bent Freiwald hat seit März eine Erzieherin begleitet, die an einer Brennpunktschule einer westdeutschen Stadt für 10 Kinder zuständig ist. Er nennt sie Babsi Winkler. Sie kümmert sich um 10 Kinder, deren Zuhause nicht der sichere Hort ist, den man sich für Kinder wünscht und der ihnen rechtlich auch zusteht. Sie kümmert sich allein um die Kinder, aber eigentlich noch um viel mehr Menschen. Nämlich um alle, die zum Umfeld gehören: Geschwister und Eltern.

Babsis Währung ist Vertrauen. Die Familien müssen ihr vertrauen, um sie in ihr Leben zu lassen. Und Vertrauen ist hart erarbeitet und schnell verspielt. Die Eltern könnten sich dann komplett zurückziehen und niemanden mehr in die Familie lassen.

Dieser Text erzählt von ihrer Arbeit auf eine Art und Weise, die man nur sehr selten liest. Denn Bent Freiwald und Babsi haben über neun Monate ein Team gebildet, jede Woche telefoniert, sich Bilder geschickt. Bent hat Babsi auch besucht, sobald es möglich war und die Kinder kennengelernt. Er konnte spüren, wie es sich anfühlt, allein dazustehen, wenn die Schulen als Zufluchtsort vom Stress Zuhause ausfallen. Vor allem, wie es sich für diejenigen anfühlt, die helfen wollen und zu oft nicht können. Aber auch, wie es sich für die Kinder anfühlt, wenn sie nur darauf hoffen können, dass sie ein Telefon haben, wenn es brenzlig wird.

Dieser Text hat viel mehr zu bieten als vage Spekulationen oder nackte Zahlen. Das Gefühl, das zurückbleibt, wenn man mit dem Lesen fertig ist – es lässt erahnen, wie sich jemand fühlt, der nach einem Tag mit den Kindern allein nach Hause fährt und nicht weiß, wie es für sie dann weitergeht.

„Ab vier Uhr nachmittags verkümmern die Kinder. Und wenn die nicht in die Schule gehen, dann verkümmern die den ganzen Tag.“

Babsi vermittelt auf seltsame Weise trotz der Schwere des Themas auch Hoffnung, ohne das Problem zu beschönigen.

„Bei all dem Leid“, sagt Babsi, „meine Familien sind diejenigen, bei denen es noch Hoffnung gibt. Die wirklich brisanten Fälle lassen eine Erzieherin wie mich gar nicht an sie heran. Diese Kinder werden komplett vergessen“, sagt Babsi.

So lange Menschen wie Babsi trotz allem ihre Arbeit tun, können Kinder auf Hilfe hoffen. Schon vor Corona hatten sie es schwer. Seit Corona ist es für sie nur noch schwieriger geworden.

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