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Die Lebensmittelkrise ist ohne Umverteilung nicht zu lösen

Ole Wintermann
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Ole WintermannDienstag, 17.05.2022

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat eine sowieso schon vorhandene weltweite Fehlverteilung von Nahrungsmitteln sichtbar gemacht und weiter verstärkt. Es gibt in der Summe der weltweiten Produktion nicht zu wenige Nahrungsmittel, so die Autorin des Textes. Jeder Mensch könnte weltweit pro Tag mit 2.300 Kilokalorien versorgt werden. Die Ursachen für die Mangelernährung, die nun durch den russischen Angriff auf die Ukraine immer sichtbarer werden, sind woanders zu verorten:

  • Die Böden zur Erzielung des Ernteertrags sind weltweit auf zu wenige Köpfe verteilt. Individuelle Eigentumsrechte an Böden verhindern eine breitere und abgesicherte Lebensmittelproduktion.
  • Militärische und soziale Konflikte verhindern den möglichen Anbau auf Ackerböden und führen zu einer unnötigen Preissteigerung von Lebensmitteln.
  • Die euphemistisch so genannten “hoch verarbeiteten Lebensmittel” führen in Wahrheit zur Vernichtung von wertvollen Nährstoffen durch die Herstellung wertloser, nährstoffarmer, fetter und zuckerbelasteter “Lebensmittel”.
  • Ein großer Teil des Getreides, das eigentlich für die Menschen gedacht sein müsste, wird in der Fleischproduktion verwendet. Auch hier kommt es zur Vernichtung von energiereichen Lebensmitteln zwecks Umwandlung in Fleischprodukte.
  • “Hoch verarbeitete” Fertigprodukte töten auf Dauer Menschen, die sich regelmäßig davon ernähren und dann an entsprechenden Herz-Kreislauf-Leiden erkranken.
  • Der Überkonsum von “Lebensmitteln” im einen Teil der Welt geht mit einer unnötigen Mangelernährung im anderen Teil der Welt einher. Ernährungssicherheit ist eine Machtfrage, so die Autorin. Es geht um Handelsmacht, Unternehmensmacht, um Profit. 
  • Ganz nebenbei befördert diese Art der unsozialen und ungesunden Lebensmittelproduktion auch den Anstieg der Treibhausgasemissionen.

Die Lösung der Probleme sieht die Autorin in der Umstellung der Ernährungsweise und der Produktion sowie der Verteilung von Lebensmitteln:

"What works, ultimately, are adequate social protection floors (basic social security guarantees) and rights based “food sovereignty” approaches that put communities in control of their own local food systems."

Die positive Botschaft des Textes lautet daher: Es ist ausreichend Essen vorhanden.

Die negative Botschaft lautet jedoch: Es geht um Macht.

Die Lebensmittelkrise ist ohne Umverteilung nicht zu lösen

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Kommentare 6
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 2 Jahre

    Wer soll denn die globale Umverteilung durchsetzen und vor Ort organisieren? Eine Weltregierung? Eine neokoloniale Macht? Und wo genau funktionieren in den armen Ländern "adequate social protection floors (basic social security guarantees) and rights based “food sovereignty” approaches that put communities in control of their own local food systems" ?

    1. Ole Wintermann
      Ole Wintermann · vor mehr als 2 Jahre

      Hallo Herr Wahl, dazu benötigen wir keine neokoloniale Macht, denn es gibt etliche internationale Gremien und Konferenzen, in und auf denen solche Punkte besprochen werden und langsam umgesetzt werden (können). VG

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 2 Jahre

      @Ole Wintermann Aber die internationalen Gremien/Konferenzen sind weit weg von den Ländern mit dysfunktionalen Infrastrukturen, Politik- und Gesellschaftsstrukturen, etwa in Afrika. Seit 50 Jahren wird geredet und auch Entwicklungshilfe geleistet. Nur die Bevölkerung wächst dort weiter, die Selbstversorgung kaum. Korruption und Bürgerkriege sind immer noch verbreitet. Letztendlich muß der Wandel vor Ort "gemacht" werden. Alimentierung von außen ist m.E. kein nachhaltiges Erfolgsrezept. Eher im Gegenteil.

  2. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor mehr als 2 Jahre

    Stimme zu.
    Bevölkerungswachstum ist allerdings auch eine Dimension neben der Belastung durch Ungleichheit, fehlende Produktivität, Klimwandel, Covid. Global wuchs die Getreideproduktion schneller als die Zahl der Menschen - nicht aber in Afrika. Dort blieb die Getreideproduktion pro Kopf seit 1960 ungefähr gleich. Die Bevölkerungszahl wuchs seit 1945 doppelt so schnell wie die Indiens. Die Zahl der Kinder pro Frau liegt im Mittel 1,5 - 2 mal höher als in nichtafrikanischen Ländern gleichen pro-Kopf-Einkommens. Die Bildung von Mädchen hat einen Einfluss auf die Zahl der Kinder, der ist aber geringer als in anderen Teilen der Welt.
    Was also tun als weißer reicher Europäer, als weiße reiche Europäerin? Millionen von Frauen haben nicht genug Zugang zu Verhütungsmitteln und oft nicht genug Unabhängigkeit von ihren Männern. Während wir bei Letzterem wenig machen können, können wir bei Ersterem durchaus helfen.

    https://docs.google.co...
    https://ourworldindata...
    https://ourworldindata...
    https://ourworldindata...
    https://www.girlsglobe...

    1. Ole Wintermann
      Ole Wintermann · vor mehr als 2 Jahre

      Hallo Herr Lenne, ihre Analyse trifft vollkommen zu. Aus meiner früheren Tätigkeit im Bereich der Demographie habe ich nur die Erfahrung gemacht, dass es ein gewisses ethisches und kommunikatives Risiko darstellt, den Umfang der Bevölkerung so in den Fokus zu nehmen. Umso wichtiger ist ihr Hinweis auf die Bildung von Mädchen/Frauen, die tatsächlich ein zentraler Stellhebel ist. Danke für den Kommentar und VG.

    2. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor mehr als 2 Jahre

      @Ole Wintermann Hier haben Sie Recht. Im Nachhinein kommt mir mein Posting etwas europäisch-arrogant vor, und auch etwas whataboutismus-mäßig, so nach dem Motto: "Sollen die erstmal nicht so viele Kinder kriegen." Dieser Reflex ist bei mir und vielen anderen Westlern da, aber er ist ein mistiger Reflex der nirgendwohin führt.
      Trotzdem sehe ich mittelfristig neben der unmittelbaren Nothilfe, der Unterstützung von Bildung, Ausbildung und Demokratie sowie der Verringerung der westlichen Viehwirtschaft auch die Unterstützung von Organisationen wie der UNFPA als hilf- und segensreich an.

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