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Fundstücke

Aswad Khan wurde zum Opfer, weil er kein FBI-Informant sein wollte

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
Zum Kurator'innen-Profil
Lars HauchDonnerstag, 06.01.2022

Wie wirbt das FBI eigentlich Informanten an? Bei Aswad Khan, einem jungen Mann aus Pakistan mit Familie in den USA, hämmerten Agenten eines Morgens an der Tür, nahmen ihn mit und setzten ihn stilecht in ein Diner, wo er Frühstück bestellen sollte. Khan wollte aber kein Informant werden und verärgerte damit offenbar seine Gegenüber. Heute ist er depressiv und kämpft mit Ängsten. Freunde und Menschen aus seinem Umfeld haben sich von ihm abgewandt. 

Die Geschichte beginnt 2012, nachdem Khan ein Jahr zuvor in Boston sein Studium abgeschlossen hat. Er ist gerade zu Besuch bei seiner Tante in Connecticut, als sein Handy klingelt. Auf dem Display wird die Nummer seines Cousins angezeigt, als er den Anruf annimmt, spricht allerdings ein FBI-Agent am anderen Ende. Gleichzeitig klopft es unten an der Tür. Der Agent sagt, Khan solle sofort die Tür öffnen. Der Name des FBI-Agenten lautet Andrew Klopfer. Er wolle sich mit Khan unterhalten. Ein Anwalt sei nicht nötig.

Die Beamten bringen Khan in ein Diner und bestellen Frühstück. Khan hat Angst und bekommt keinen Bissen herunter. Nach kurzer Zeit werden sie konkret: Khan soll für das FBI Informationen sammeln. Entweder in den USA oder in Pakistan. Im Gegenzug bieten sie ihm die US-Staatsbürgerschaft und finanzielle Zuwendungen an. Khan weiß immer noch nicht, was genau sie von ihm wollen. Er kommt aus einer recht wohlhabenden Familie und braucht das Geld nicht, auch weiß er nicht, was für Informationen er überhaupt sammeln soll. Die Beamten verweisen auf Moscheen. Khan ist dort kein regelmäßiger Besucher, davon abgesehen möchte er schlicht niemanden bespitzeln.

Er sagt den Beamten, dass er ihre Arbeit respektiere, aber kein Interesse hat. Daraufhin ändern die Beamten ihren Ton. Sie fragen ihn knapp zwei Stunden lang nach pakistanischen Terrorgruppen und seinen politischen Einstellungen. Bevor sie ihn wieder vor dem Haus seiner Tante absetzen, instruieren sie ihn, niemandem von dem Treffen zu erzählen, insbesondere keinem Anwalt.

Khan tut allerdings genau das. Er vertraut sich seiner Tante an, die noch am selben Tag einen Termin bei einem Anwalt vereinbart. Eine Woche später treffen sich alle bei einem Bundesanwalt wieder. Der FBI Agent, Klopfer, ist sichtlich angefressen. Khan sagt, er habe den Eindruck, rassistisch behandelt zu werden. Der Bundesanwalt sagt, man habe durchaus das Recht, ihn zu befragen.

Nach dem Treffen hat Khan das Gefühl, die Sache sei gegessen. Er bleibt bis zum Ende seines Visums in den USA. Wenige Wochen, nachdem er zurück in Pakistan ist, haben Freunde und Bekannte von ihm plötzlich Probleme an Flughäfen. Stundenlang werden sie befragt, dabei geht es immer wieder um Khan: Woher kennen sie ihn? Wie ist ihr Verhältnis? Die Beamten werden sogar konkret und sagen, man solle sich besser von Khan fernhalten.

Mindestens ein Dutzend Menschen aus seinem Umfeld werden drangsaliert. Einem alten Freund Khans wird mehrfach die Einreise in die USA verwehrt, obwohl er ein US-Franchise in Pakistan führt und beruflich einreisen muss. In Khans Heimatstadt machen Gerüchte die Runde, irgendwas stimme mit Khan nicht. Um nicht mit ihm in Verbindung gebracht zu werden, löschen Menschen ihn aus ihren Freundeslisten bei Facebook und anderen sozialen Netzwerken. Andere glauben anscheinend, Khan habe irgendein dunkles Geheimnis, das die US-Reaktion erkläre.

Khan ist anscheinend auf einer Watchliste der US-Behörden gelandet. So wie über eine Millionen weitere Menschen. Anders als bei einer Schufa-Anfrage kann man seinen Status dort nicht erfragen, aber es liegt nahe, dass das FBI ihn auf die Liste gesetzt hat. Khan ist seither aus Angst nie wieder in die USA gereist, um seine Familie besuchen. Er hat Pakistan überhaupt nicht mehr verlassen. Er fühlt sich sozial isoliert und gebrandmarkt. Von der Hochzeit seines engsten Freundes hört er nur über Ecken. Eingeladen wurde er nicht. Vor drei Jahren hat Khan den besagten Freund zufällig getroffen. Der bricht in Tränen aus und sagt, dass er Angst hatte. Khan antwortet, er verstehe ihn: Sein bester Freund bekam Angst, weil er dachte, Khan sei ein Terrorist.

Aswad Khan wurde zum Opfer, weil er kein FBI-Informant sein wollte

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