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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Flucht und Vertreibung ist nicht Migration. Dennoch schicke ich diesen in historischer Perspektive geschriebenen Essay nicht im Kanal "Zeit und Geschichte". Warum? Eine zentrale Frage des heutigen Diskurs über Fliehende ist die Angst vor Überfremdung. Vielschichtig beleuchtet der Autor das Phänomen und kommt zum Fazit:
"In der Debatte um die Flüchtlinge hat sich seit der anfänglich mehrheitlichen Hilfsbereitschaft ein Themenwechsel entwickelt. „Multikulturalismus“ funktioniere nicht. Wieso? In Kanada und den Vereinigten Staaten funktioniert diese Lebensform gut, also muss das Problem ein deutsches oder europäisches sein. Schon die Gastarbeiter (die Gastarbeiterinnen fehlen in diesem Statement) hätten Parallelgesellschaften entwickelt. War die deutsche Gesellschaft denn offen? Und: Wie viele der ArbeitsmigrantInnen sind längst Teil der deutschen Gesellschaft, wie wenige haben sich abgesondert, verharren in alten Normen? Letzteres mag ärgerlich für die deutschen Nachbarn sein, es ist schlimmer für die Kinder dieser in mentalen Enklaven Lebenden: Akkulturationsleistungen, die die Eltern verweigern, müssen die Kinder zusätzlich zu den eigenen erbringen."
Übrigens: Möglicherweise geht die Lösung durch den Bauch. So war es bei den Gastarbeitern, die blieben:
"Von den Menschen in den Gesellschaften entschieden sich jedoch viele deutschsprachige für die Pizzen und Spaghetti der italienischen ArbeitswanderInnen, französischsprachige für Couscous, englischsprachige für Curry. Sie nutzten die Optionen, die die Kulturen der ZuwanderInnen eröffneten und schufen damit Arbeitsplätze für kochkundige Frauen und Männer aus dem Ausland. Die Politik verweigerte sich, und manche WählerInnen verweigerten Neues und schimpften auf „Spaghettifresser“ und später „Knoblauchfresser“. Als vorher Männer mit Macht – die amerikanischen Befreier – gekommen waren, hatten viele der Deutschen schnell Ketchup zu ihrer Lieblingssoße ernannt."
Quelle: Dirk Hoerder merkur-zeitschrift.de
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