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Flucht und Einwanderung

Wie veränderten Weltkrieg und Dekolonisierung die Flüchtlingsfrage?

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergFreitag, 16.02.2024

Auf einigen Routen und an einigen Orten überschneiden sich räumlich die Schutzsuchenden während des Zweiten Weltkriegs und die unserer Krisen- und Umbruchszeit.

Der Historiker Jochen Lingelbach diskutiert Flüchtlingsbewegungen gestern und heute und die Entwicklungen, die die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, bislang durchlief.

Schiffsunglücke in der Ägais, ja, im ganzen Mittelmeer, gab es immer wieder. So

kenterte Mitte November 2023 ein Boot an der gleichen Stelle vor der türkischen Küste zwischen Çesme und der griechischen Insel Chios wie im April 1942. Mindestens fünf Menschen ertranken, zwei gelten als vermisst und sechs überlebten das Unglück. Der einzige Unterschied zwischen den heutigen und den damaligen Tragödien ist die Richtung und Herkunft der Flüchtenden.

Die Flüchtlingskonvention galt vor allem für Europäer, aber für

die 14 Millionen Menschen, die 1948 nach der Teilung Indiens und Pakistans vertrieben wurden, sahen sich die internationalen Organisationen des Flüchtlingsschutzes hingegen nicht zuständig.

Hier zeigt sich, dass in den 1950er Jahren einflussreiche Staaten Kolonien hatten und eine Einmischung in diese Gebiete lehnten sie ab. Die Kolonisatoren verweigerten den Kolonisierten fundamentale Menschenrechte.

Allerdings waren es die letzten Jahre der großen westlichen Kolonialreiche und damit änderte sich vieles:

Im Laufe der 1960er Jahre wurden immer mehr afrikanische Länder unabhängig, traten der UN bei und forderten zunehmend lauter eine Universalisierung des Flüchtlingsrecht ein. Mitte der 1960er Jahre hatten sie schließlich Erfolg. Das UN-Protokoll von 1967 erweiterte die Flüchtlingskonvention von 1951 und brachte erstmals eine allgemeine Flüchtlingsdefinition in das internationale Recht ein. 

Dadurch entstand erstmals ein wirklich universelles Instrument zum Schutz von Fliehenden.

Ab dem Epochenbruch Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre änderte sich die Lage erneut. Die Abwehr von Schutzsuchenden nahm bis heute immer brutalere Formen an. Ein Überbietungswettbewerb findet statt.

Das Ziel vieler Politiker war und ist die 

regionale Eindämmung von Fluchtbewegungen und der Bevorzugung von Repatriierung. Die Geflüchteten sollten möglichst nah an ihren Herkunftsländern bleiben und alsbald zurückkehren. So leben heute denn auch rund 80 % aller registrierten Flüchtlinge im Globalen Süden.

Von der Anerkennung neuer Formen von Flucht und Vertreibung, etwa bei denen vor der Klimakastrophe sind wir noch weit entfernt. Momentan erleben wir einen Rückschritt vom einmal Erreichten. Aber der Kampf lohnt sich.

Jochen Lingelbach Fazit:

Eine historisch fundierte Auseinandersetzung mit dem Flüchtlingsrecht zeigt, dass ein Eintreten für die Grundrechte von Verfolgten und Fliehenden nicht allein eine Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg ist. Es ist auch eine Errungenschaft der Dekolonisierungsbewegungen, die dies gegen die Interessen der europäischen Kolonialmächte durchsetzten.
Wie veränderten Weltkrieg und Dekolonisierung die Flüchtlingsfrage?

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