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Flucht und Einwanderung

Warum ist die Welt so ungerecht? – Raoul Peck wühlt in der Historie

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Zum Kurator'innen-Profil
Achim EngelbergMontag, 07.02.2022

"Rottet die Bestien aus!" (Exterminate All the Brutes) heißt das hier empfohlene filmische Feuerwerk.

Der fordernde Titel stammt aus dem großen Buch "Herz der Finsternis" von Joseph Conrad, wo es ein Weißer verlangt. Er meint damit Bewohner des Kongos.

Raoul Peck, der die vierteilige Montage aus Archivmaterial, Spielszenen und Animationen schuf, ist kein Unbekannter auf piqd. Hier sein Film "I'm not your negro!" nach James Baldwin.

Ohne die Singularität der Shoah zu verdunkeln, beleuchtet Raoul Peck Wechselbeziehungen zwischen Rassenhierarchisierung und Völkermorden. Ohne Gleichzusetzen, zeigt er Verbindungen und Ähnlichkeiten zwischen der Ausplünderung des afrikanischen Kontinents und dem Genozid an den europäischen Juden.

Es ist ein aufrüttelnder, kämpferischer und damit einseitiger Film. Er versucht, Beschwiegenes zu zeigen, verdrängte Erinnerungen darzustellen, die es in unserer Welt in Bewegung gibt.

Und in den alten Kolonialmächten findet man ehemalige Kolonisierte als Migranten und Flüchtlinge. Es gilt oft: We are here because you were there – Wir sind hier, weil ihr dort wart!

Der Film zeigt, wie auch dadurch Erinnerungskulturen umkämpft sind und wie sich in ihnen die Machtfrage zeigt.

Für die Gewalt der Kolonisation, die sich im Extrem im Völkermord zeigt, gibt es nach Peck fünf Bedingungen:

Fanatismus, Ausbeutung, Sklaverei, Eroberung und Verachtung.

Im Kommentar im ersten Teil dieses Vierteilers heißt es:

Aber niemand weist darauf hin, dass in Hitlers Kindheit zum europäischen Menschenbild gehörte, dass minderwertige Rassen zum Aussterben verdammt seien.

Gemeinsam mit dem (mittlerweile verstorbenen) Freund und schwedischen Literaturhistoriker Sven Lindqvist durchwühlt Raoul Peck in vier Stunden die dunkle Seite der Geschichte, die oft mit dem "Westen" verbunden war und ist: Europa und den USA.
Warum ist die Welt so ungerecht? – Raoul Peck wühlt in der Historie

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Kommentare 5
  1. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor fast 3 Jahre

    Ausführliche, kritische Besprechung gabs hier: "Nachdem Peck als zentrale Antriebe der kolonialen Verbrechen die Gewinnung von Siedlungsraum sowie die Plünderung, Versklavung, Umerziehung und Zermürbung von Minderheiten zu Arbeitszwecken beschrieben hat, fällt ihm nicht auf, wodurch auch der Massenmord an den Juden sich hiervon unterscheidet: die ausnahmslose und bedingungslose Auslöschung. Solche Differenzen, keine kleinen, gehen in einem Film verloren, der sich nicht auf eine Geschichte konzentriert, sondern auf das, was er für „die“ Geschichte hält." https://www.faz.net/ak...

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 3 Jahre · bearbeitet vor fast 3 Jahre

      Nein, das stimmt nicht. Ich überlegte, diese Lüge in der FAZ noch zu erwähnen, aber Diskussionen mit oder über so etwas sind sinnlos geworden.

    2. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor fast 3 Jahre

      @Achim Engelberg Naja, es ist wohl eher eine Interpretation, die kann man zurückweisen, sie gar für absurd halten, aber unter einer Lüge verstehe ich was anderes.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 3 Jahre · bearbeitet vor fast 3 Jahre

      @Dirk Liesemer Es wird nahezu jeder (oder muss man schreiben jeder?), der sich kritisch zu solchen Themen äußert, deswegen beschuldigt.

      Es ist auch keine Frage der Interpretation. Eine lange Sequenz z. B. spielt im Vernichtungslager Auschwitz (das gleichnamige Arbeitslager, wo es bekanntlich Überlebende gab, kommt im Film auch vor). Es wird der Weg von der Rampe in die Gaskammern gezeigt. Im Kommentar heißt es, dass es für die Ankommenden in der Regel 20 Minuten dauerte - bis sie starben. Und dann, eindeutig: "Alle".

    4. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor fast 3 Jahre

      @Achim Engelberg Ich muss es mir erst noch heute Abend anschauen, kenne bisher nur den Text von Kaube und Deinen Piq hier.

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