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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Großbritannien scheint oder ist geheilt. Dort glaubte man, die Probleme mit den Ankommenden durch die Auslagerung der Asylverfahren nach Ruanda lösen zu können. Die Anzahl der Flüchtlinge und Migranten sollte drastisch reduziert werden. Die übergroße Mehrheit kommt aber wegen der Vielfachkrisen. Von Anfang an war das von der Mehrheit der Kenner in Wissenschaft und Publizistik als Sackgasse erkannt worden.
Keir Starmer stoppte nun alles, nachdem sein konservativer Vorgänger (paradoxerweise mit sogenanntem Migrationshintergrund) viel Geld nach Kigali überwiesen hatte, was wahrscheinlich verloren ist. Kenntnisfreie und/oder opportunistische Politiker hierzulande glauben immer noch daran; wahrscheinlich weil sie hoffen, Wahlvolk zu fischen.
Die Migrationsexpertin Judith Kohlenberger erklärt, warum solche Irrwege scheitern müssen.
1. Die Kosten sind immens
Vorbild für das Ruanda-Abkommen ist das vielgepriesene »australische Modell«. Demnach sollten ankommende Asylbewerber auf vorgelagerten Inseln untergebracht werden. Das Modell kostete am Ende jährlich 4,3 Millionen Dollar - pro Flüchtling, wohlgemerkt. Das ist wesentlich höher als die Summe, die benötigt werden würde, um all diese Menschen auf dem australischen Festland unterzubringen und sie in die Gesellschaft zu integrieren. Denn die Kosten der bilateralen Abkommen waren hoch, der Betrieb der Lager teuer und korruptionsanfällig, dennoch herrschten vor Ort teils katastrophale Bedingungen. Bekannt wurden Fälle von sexuellem Missbrauch durch das Personal, unzureichende medizinische und psychologische Behandlung, die Missachtung von Kinderrechten. Das britische Innenministerium hatte die Kosten des Ruanda-Modells insgesamt auf mehr als eine halbe Milliarde Euro geschätzt. Dieses Geld wäre wohl nicht vorrangig der lokalen Bevölkerung zugutegekommen, sondern hätte auch korrupte Eliten gestärkt, die soziale Ungleichheit vor Ort eher noch vergrößert. So werden langfristig mehr Migrationsursachen erzeugt als bekämpft.
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Deshalb die anderen Thesen nur kurz.
2. Das Asylsystem in Ruanda ist nicht gut genug
3. Das Modell schreckt nicht ab
4. Die Flüchtlinge werden weiterreisen - und sind dann wieder in Gefahr
5. Europa schwächt sich selbst
Das Fazit:
Unsere Nachbarländer registrieren genau, wie viele Millionen Euro wir ausgeben, um Asylbewerber fernzuhalten. Die Türkei, Tunesien, Marokko und selbst der Haftar-Clan in Libyen nutzen diese Schwäche aus. Die Position des Globalen Südens im Ukraine- und im Gazakrieg zeigt, dass dem Westen eine Hierarchisierung der Menschenrechte schnell als »Doppelmoral« ausgelegt wird. Weltweit nehmen Entwicklungs- und Schwellenländer rund drei Viertel aller Geflüchteten auf - und nun will sich der Norden, so die Sichtweise des Südens, durch neokolonialistisch anmutende Projekte aus der Verantwortung stehlen. Selbstverständlich ist es gut, Ruanda bei dem Aufbau eines funktionierenden Asylsystems zu unterstützen. Aber dazu muss man dem Land keine Asylbewerber aus Europa schicken. Das stärkste Argument gegen das Ruanda-Modell ist Selbstschutz: Wenn Regierungen der Bevölkerung vorgaukeln, dass es ein Allheilmittel gegen Migration gibt, und diese Erwartungen dann enttäuschen, leidet das Vertrauen in die Politik. Am Ende hilft das nur den Populisten.
Also Rechtsextremen.
Quelle: Judith Kohlenberger Bild: Migranten im Ärme... Artikel kostenpflichtig www.spiegel.de
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