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Flucht und Einwanderung

Eine neue Regierung – ohne Migranten

J. Olaf Kleist
Politikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Flüchtlingsforschung

am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), Berlin.

Gründer des Netzwerks Fluchtforschung.

Forscht zu, schreibt über und kommentiert Migrations- und Flüchtlingspolitik, insbesondere aber nicht nur in Deutschland und Europa.

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J. Olaf KleistMittwoch, 14.03.2018

Endlich steht die neue Regierung. Die Posten in den Ministerien sind verteilt. Dabei haben Proporze in den drei Regierungsparteien keine geringe Rolle gespielt – verschiedene innerparteiliche Flügel mussten bedient werden, zumindest in der SPD und CDU sind – zum Glück – etwa die Hälfte der Ämter an Frauen gegangen. Der Tagesspiegel warnte, dass Ostdeutsche in der Koalition vertreten sein müssten, um die Vielfalt der Gesellschaft zu reflektieren – was nur bedingt gelungen ist. Doch eine andere Vielfalt ist – bisher kaum diskutiert – in der neuen Regierung gar nicht vorhanden: migrantische Vielfalt. Die Frankfurter Rundschau weist darauf hin:

Einmal abgesehen von der neuen Justizministerin Katarina Barley (SPD), Tochter eines Briten und einer Deutschen, stammt kein deutsches Regierungsmitglied aus einer Familie mit Einwanderungsgeschichte. Und auch auf der Liste der 35 künftigen Staatsminister und Parlamentarischen Staatssekretäre ist nicht ein Politiker mit Migrationsgeschichte vertreten.

Das ist allerdings recht schockierend, zumal Einwanderung das große Thema der Wahl war und auch die populistische Debatte der kommenden Jahre bestimmen wird. Immerhin hat sich der Anteil an Bundestagsabgeordneten mit Migrationshintergrund auf 8,2 Prozent erhöht, wie der Mediendienst Integration berichtet. Doch bei einem Anteil von 22,5 Prozent der Bevölkerung mit Migrationsbezügen ist die Vielfalt im Bundestags längst nicht repräsentativ. So wird auch in der neuen Legislaturperiode Politik über Migranten gemacht anstatt mit oder von ihnen.

Eine neue Regierung – ohne Migranten

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Kommentare 8
  1. Mike Rezz
    Mike Rezz · vor 2 Monaten

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  2. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 6 Jahre

    In dem Kontext fällt mir ein Projekt der Süddeutschen über die Zusammensetzung Bundestags ein. Die haben daraus eine ganz spannende Datengeschichte gemacht: https://projekte.suedd...

  3. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor mehr als 6 Jahre

    Nicht vergessen: Es sind auch ein paar Bayern dabei! Im Ernst: Diese Proporzsache wird langsam ziemlich kompliziert. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde die künftige Forschungsministerin vor allem deshalb ausgewählt, weil sie Katholikin ist, was in etlichen ländlichen Regionen immer noch eine relevante politische Kategorie ist. Ansonsten wollte sie in ihrem ersten Interview nur private Fragen beantworten, weil sie fachlich halt nicht allzu beschlagen ist. Man kann es auch so sehen: Selbst die größte Volkspartei hat nicht genug Fachpolitiker, die all die mittlerweile offenbar notwendigen Quoten erfüllen.

    1. J. Olaf Kleist
      J. Olaf Kleist · vor mehr als 6 Jahre

      Schon richtig, Proporz ist so eine Sache bei all den möglichen Identitäten. Um Fachkompetenz geht es dabei tatsächlich kaum mehr. Nur: Kaum ein Thema hat die letzten Jahre so sehr geprägt wie Flüchtlinge und Zuwanderung - von Konflikten zwischen Katholiken und Protestanten habe ich zumindest wenig gehört. Die Regierung will dem Populismus von Rechts etwas entgegensetzen, doch dann geht es vor allem darum, Ostdeutsche besser zu präsentieren anstatt Migranten. Die einen sollen die anderen nicht ausschließen (wie wäre es mit mehr migrantischen Ostdeutschen in der Politik...), aber die Präferenzen - auch in der öffentlichen Diskussion - finde ich hier doch etwas schief.

    2. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 6 Jahre

      @J. Olaf Kleist Ja, das sehe ich genauso ...

    3. Dirk Janssen
      Dirk Janssen · vor mehr als 6 Jahre

      Für die Auswahl der Forschungsministerin nach Konfession habe ich keinen Hinweis finden könne und mich würde das auch erstaunen, da ja bis auf Frau von der Leyen eh alle CDU Minister katholisch sind. Zudem hat lenkt diese Konfessionssache ja auch nur von dem eigentlichen Inhalt des Piqs ab. So wie es aussieht, sind ausnahmsweise die Frauen gut repräsentiert und die Katholiken weit überrepräsentiert. Nur Menschen mit Migrationshintergrund sind gar nicht repräsentiert. Könnten wir als Bürger aber wollen, wenn wir möchten, dass unsere Regierung auch ein Abbild unserer Gesellschaft ist. Warum sollte denn auch niemand mit Migrationshintergrund die Fähigkeit haben, ein Ministeramt auszuüben?

    4. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 6 Jahre

      @Dirk Janssen Es sind auch keine Behinderten und kranken Menschen repräsentiert, keine Altenpfleger und keine Astronauten. Ein Kabinett muss nicht die Gesellschaft abbilden, viel wichtiger ist, dass da kompetente Leute sitzen. Warum sollte es nicht mal ein Kabinett mit fünf Ministerinnen aus Ostdeutschland geben, deren Eltern allesamt aus Russland oder Tahiti stammen? Übrigens sind Migranten grundsätzlich in den Parteien und dem Parlament unterrepräsentiert. Und dann könnte man natürlich auch noch genauer hinschauen und nach den Ursprungsländern fragen.

    5. Fabian Goldmann
      Fabian Goldmann · vor mehr als 6 Jahre

      @Dirk Ich sehe das Problem umgekehrt. Es stimmt schon, dass ein Proporzsystem es nie allen recht machen wird. (Obwohl ich da noch einen Unterschied machen würde zwischen schwulen schwarzen bayerischen Transgender und einer Gruppe, entlang derer in den letzten Jahren eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Konfliktlinien verlief und die 22 Prozent der Bevölkerung ausmacht, also Migranten).
      Fachkundigkeit statt Gruppenzugehörigkeit wäre mir als Auswahlkriterium auch lieber, auch wenn dann mal ein Ossi, Muslim, wer auch immer, hinten runter fällt. Aber davon sind wir doch ohnehin weit entfernt: Karliczek ist ja nur die Spitze des Eisberges an Inkompetenz in dieser Regierung. Die Mehrheit der Kabinettsmitglieder hat über Landesverband-, Flügel-, Geschlechter-, Konfessions- usw -proporze ihren Posten erhalten. Und bei Migranten soll es dann plötzlich zu kompliziert werden oder die Fachkompetenz leiden? Also wenn schon Proporz, dann soll er doch wenigstens gesamtgesellschaftlich relevante Gruppen und nicht nur Identitäten aus der Parallelkultur der Parteienwelt abbilden.
      Meine Vermutung: Es ist gerade der realexistierende Proporz der dafür sorgt, dass 1/4 der Bevölkerung der Zugang zur Regierung verwehrt bleibt. Wenn Posten nach Kompetenz vergeben würden, wäre die Chance, dass unter den über 50 Kabinettsmitgliedern auch jemand mit Migrationshintergrund auftaucht, vermutlich höher.

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