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Piqd vor allem beim Deutschlandfunk die Rosinen heraus, wann immer es bei dem Sender um Europa geht. Als Korrespondent mit Sitz in Polen geht der Blick vor allem nach Osten.
Geboren 1968 in Braunschweig. Studium der slawischen Sprachen und der Geschichte Osteuropas in Kiel, Sankt Petersburg und im sibirischen Irkutsk. Langjährige Tätigkeit als außenpolitischer Redakteur bei norddeutschen Tageszeitungen. Seit 2010 freier Osteuropa-Korrespondent für Print- und Online-Medien in Warschau und Berlin.
Vorweg einige Basics zu der Geschichte, um die es hier geht, bevor ich mich der medialen Metaebene widmen kann: Die Bundesregierung hat im Frühjahr einen absoluten Topdiplomaten als neuen Botschafter in Polen benannt. Arndt Freytag von Loringhoven hat im auswärtigen Dienst in Moskau und Paris gearbeitet, war Botschafter in Prag und Geheimdienstkoordinator bei der Nato in Brüssel. Eine solche Personalie kann man als ausdrückliche Würdigung des Gastlandes verstehen. Dennoch hat die Regierung in Warschau der Nominierung bislang nicht zugestimmt. Über Monate hinweg. Das ist absolut unüblich im diplomatischen Geschäft. Eine offizielle Erklärung gibt es nicht.
Es gibt aber Hinweise auf die Hintergründe. Und die haben mit der Familiengeschichte des Botschafters zu tun. Sein Vater, Bernd Freytag von Loringhoven, hat im Weltkrieg als Wehrmachtsoffizier an der Ostfront gedient und war später Adjutant des Generalstabs im Führerbunker, wo er 1945 Fluchtpläne für Adolf Hitler ausarbeitete. Die Briten entließen ihn 1948 aus der Gefangenschaft, weil ihm keine Beteiligung an NS-Verbrechen nachgewiesen werden konnte. Zur Familiengeschichte gehört auch der kurze Widerstandskampf Wessel Freytag von Loringhovens, der ein entfernter Vorfahre des künftigen Botschafters war. Er besorgte den Sprengstoff, mit dem am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler verübt wurde. Als der Anschlag fehlschlug, brachte er sich um. Eine extrem komplexe Gemengelage also.
Noch dies zur Erinnerung: Der deutsche Vernichtungskrieg in Polen kostete sechs Millionen Menschen das Leben. Das Land lag 1945 nahezu vollständig in Trümmern und geriet unter sowjetische Fremdherrschaft.
Und zur Einordnung: Es dürfte kaum zu bestreiten sein, dass der Vater des designierten Botschafters in Warschau Teil der deutschen Vernichtungsmaschinerie war, auch wenn ihn die Briten nicht als Kriegsverbrecher verurteilten.
Man kann zu dem gesamten Vorgang viele Fragen stellen, zum Beispiel: Ist die Familiengeschichte wirklich der Grund, warum die Regierung in Warschau mit der Akkreditierung des Botschafters zögert? [Unklar.] Wenn ja: Darf man einen 1956 geborenen Sohn für das Tun des Vaters in der NS-Zeit in Sippenhaft nehmen? [Nein.] Kann es wahr sein, dass die Bundesregierung einen Mann mit diesem Hintergrund als Botschafter in Warschau nominiert, ohne sich darüber im Vorfeld mit der polnischen Seite ins diplomatische Einvernehmen zu setzen? [Es sollte nicht wahr sein können, scheint aber doch so zu sein.]
Und nun zu der Geschichte, die der MDR aus dem Vorgang gemacht hat. Monika Sieradzka lässt in ihrem Text ausschließlich Vertreter der polnischen Opposition zu Wort kommen. Daraus ergibt sich dann das Narrativ eines "diplomatischen Affronts der PiS". Ach ja, die rechtsnationale Regierungspartei PiS und ihren bekennend antideutschen Vorsitzenden Jarosław Kaczyński habe ich in diesem Unpiq noch gar nicht erwähnt. Simpler Grund: Die Fakten der Geschichte bleiben auch ohne die Unterstellung, die PiS betreibe ein antideutsches Politspiel, die gleichen.
Sieradzka lässt die Geschichte aber, statt die Fakten kritisch zu würdigen, unter anderem von einem offen PiS-feindlichen polnischen Kommentator erzählen:
Empört ist auch Bartosz Wieliński, stellvertretender Chefredakteur und ehemaliger Deutschland-Korrespondent der linksliberalen Zeitung Gazeta Wyborcza. "Es gibt diese eklige Methode in der Diplomatie: jemanden im Vorzimmer lange warten zu lassen, um ihn zu demütigen. Das ist ein Affront gegenüber dem künftigen Botschafter", sagt der Publizist. Polens Regierung habe sich selbst in eine Sackgasse getrieben und brauche "die Geschichte mit dem Hitlerbunker, um es zu vertuschen".
Warum wird eine solch komplexe Geschichte derart verkürzt? Aus meiner Sicht ist dies ein abschreckendes Beispiel für die Mechanismen des supergut gemeinten, aber meist schlecht gemachten Haltungsjournalismus. Da gibt es von vornherein nur Schwarz und Weiß, Devise: "PiS böse – PiS-Positionen immer falsch".
Eine freiheitliche Demokratie lebt aber von den Grautönen. Wer das nicht sehen will, betreibt das Geschäft der dunklen Seite. Zum Beispiel das von PiS-Chef Kaczyński, der ja genau so schwarz-weiß argumentiert: "Wir haben im Parlament die Mehrheit, also bestimmen wir allein." Keine Kompromisse. Kein Interessenausgleich. Kein Zugehen auf Minderheiten. Kurz: Spaltung. Dieses Geschäft besorgen alle, die nur auf Schwarz und Weiß setzen. Auch Haltungsjournalisten.
Quelle: Monika Sieradzka Bild: dpa www.mdr.de
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Mir gefällt das Wort Haltungsjournalismus nicht, ich finde es ist sehr abwertend. Ich denke doch, dass es so ganz ohne Haltung keinen guten Journalismus geben kann. Eine Haltung führt einen doch dazu, überhaupt einem Thema nachzugehen...Natürlich muss man das Thema dann von vielen Seiten durchleuchten, was in dem oben beschriebenen Beitrag wohl eher nicht der Fall ist. Dennoch empfinde ich das Wort Haltungsjournalismus als unpassend.
Um einen kleinen Einblick in die Person Arndt Freytag von Loringhoven zu gewinnen, ist es gar nicht so blöd, sich seinen Twitter-Account anzusehen, finde ich. https://twitter.com/fr...