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Europa

Russland im Baltikum: Die estnischen Schmuggelspione

Keno Verseck
Journalist

geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.

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Keno VerseckSonntag, 17.09.2017

Die Angst der baltischen Staaten vor der russischen Bedrohung erscheint weiter westlich auf dem Kontinent oft wenig nachvollziehbar, der Ruf der Regierungen in Estland, Lettland und Litauen nach mehr militärischer Präsenz der Nato in ihren Ländern wird bei uns mitunter als "Säbelrasseln" abgetan. Es heißt, Russland könne es sich schon allein deshalb nicht leisten, im Baltikum militärisch einzugreifen, weil die drei Länder der Nato angehörten. Auch aktuell, während des russisch-weißrussischen Manövers "Sapad 2017" an der Ostgrenze der Nato, sind solche Stimmen zu hören. Tatsächlich ist ein militärisches Eingreifen Russlands in den baltischen Staaten derzeit äußerst unwahrscheinlich. Doch woraus speist sich dann das Bedrohungsgefühl in Estland, Lettland und Litauen? Ist es der große Anteil russischsprachiger Menschen, deren Loyalität zu ihren jeweiligen Staaten immer noch häufig angezweifelt wird? Sind es russischsprachige Politiker, die im Verdacht stehen, "Agenten des Kreml" zu sein? Ist es die wirtschaftliche Einflussnahme Russlands und die Angst vor einer ökonomischen Kriegsführung? Nicht nur. Russland betreibt offenbar auch massive Militärspionage in der Region. Das journalistische Investigativ-Netzwerk Re: Baltika hat rekonstruiert, wie der russische Geheimdienst FSB in Estland systematisch Schmuggler anwirbt und sie dazu benutzt, Militärspionage zu betreiben, wofür sie im Gegenzug freie Hand beim Schmuggeln von Zigaretten, Alkohol o.ä. aus Russland bekommen. Auch der bekannt-berüchtigte Fall Eston Kohver wurde offenbar mit Hilfe von Informanten-Schmugglern des FSB organisiert – der estnische Geheimdienstbeamte Kohver wurde im September 2014 mutmaßlich noch auf estnischem Territorium von russischen Geheimdienstlern gekidnappt und verschleppt und dann ein Jahr später im Zuge eines Agententausches freigelassen. Eine spannende Recherche, die etwas Licht in ein wenig bekanntes Kapitel des neuen Kalten Krieges bringt.

Russland im Baltikum: Die estnischen Schmuggelspione

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Kommentare 8
  1. Eric Bonse
    Eric Bonse · vor 7 Jahren

    Man sollte vielleicht auch erwähnen, dass die russischstämmigen Bürger in den baltischen Ländern wie Bürger 2. Klasse behandelt werden. Das erschwert die Integration und spielt Russland in die Hand. Die EU unternimmt leider nichts dagegen...

    1. Keno Verseck
      Keno Verseck · vor 7 Jahren

      Hallo Eric, danke für den Kommentar. Ich habe die komplexe Problematik der russischsprachigen Bürger im Baltikum (sie sind nicht russischstämmig, sondern russischsprachig, viele sind Weißrussen und Ukrainer), darunter auch der so genannten "Nicht-Bürger", in meinem piq in dem folgenden Satz angedeutet: "Ist es der große Anteil russischsprachiger Menschen, deren Loyalität zu ihren jeweiligen Staaten immer noch häufig angezweifelt wird?" Du hast Recht: Die "Nicht-Bürger" sind Bürger zweiter Klasse. Eigentlich sollten die baltischen Staaten das Problem 2004 mit dem EU-Beitritt gelöst haben, aber die EU hat nicht insistiert und jetzt KANN sie nur noch wenig unternehmen, in den baltischen Staaten wiederum fehlt der politische Wille, diese vor 25 Jahren ebenfalls problematische, aber damals halbwegs verständliche Praxis ein für alle Mal zu beenden; die Gesellschaften und Politik der baltischen Staaten sind großenteils gespalten (allerdings nicht durchgehend, und es gibt positive Gegenentwicklungen, wie ich bei aktuellen Recherchen in Estland und Lettland sehen konnte). Da mein piq-Thema der Militärspionage nichts mit der Nicht-Bürger-Problematik zu tun hat, habe ich letztere weggelassen.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 7 Jahren

      http://www.zeit.de/pol...
      Ohne Schwierigkeiten zu verschweigen, sieht die Autorin die Situation besser als vor 25 Jahren:
      "Heute, im Jahr 2016, stellt sich die Situation der estnischen Russen völlig anders dar. Die meisten von ihnen sind keine Fremden mehr, sie sind Bürger Estlands und der Europäischen Union. Die junge Generation, die nach dem Ende der Sowjetzeit geboren wurde, betrachtet sich als estnische – und europäische – Russen. Ihre ethnische Identität als Russen ist zwar nach wie vor stark ausgeprägt, dennoch grenzen sie sich deutlich von den russischen Russen ab. Sie haben gelernt, Estland als ihre Heimat zu betrachten und fühlen sich daher als estnische Russen. In einer Umfrage aus dem Jahr 2015 bezeichneten 88 Prozent der jungen estnischen Russen Estland als ihre Heimat, gegenüber lediglich 58 Prozent aus der Generation ihrer Großeltern."
      Das entspricht auch meinen Beobachtungen, wobei die Lage in Estland mir besser erscheint als im benachbarten Lettland.

    3. Keno Verseck
      Keno Verseck · vor 7 Jahren

      @Achim Engelberg M.E. hat die Autorin eine etwas idyllische Betrachtungsweise, jedenfalls was die Lage und das Lebensgefühl der Russischsprachigen im Osten und Südosten Estlands angeht. Aber für die junge Generation Russischsprachiger in Tallin stimmt es wohl. Besser als in Lettland sind in Estland seit 2016 einige Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes, um die jetzt gerade in Lettland erbittert gestritten wird. Aber so umwälzend, wie die Autorin es darstellt, ist es auch nicht.

    4. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 7 Jahren

      @Keno Verseck Möglicherweise hast Du recht.
      Das Nationalmuseum in Tartu, das im letzten Jahr eröffnet wurde, ist architektonisch stark, von der Geschichtserzählung zu einseitig.
      Allerdings arbeitet die oben zitierte Autorin in Narva, also direkt an der russischen Grenze.
      Eine Interpretation hörte ich, die mir plausibel erscheint: In Estland ist die Lage besser, weil etliche die Vorteile der grauen Pässe nutzen - visafrei können sie nach Russland reisen, aber auch innerhalb der EU.

    5. Keno Verseck
      Keno Verseck · vor 7 Jahren

      @Achim Engelberg Hallo Achim, an dieser Stelle nochmal danke für Deine beiden Hinweise. Nicht nur in Estland, sondern in allen drei baltischen Staaten können Inhaber der "Nicht-Bürger"-Pässe visafrei nach Russland reisen und sich zugleich natürlich auch ohne Einschränkungen in der EU bewegen (allerdings ist es schwieriger mit Arbeitsgenehmigungen und längeren Aufenthalten). Für ältere Russischsprachige mit Verwandten und Freunden in Russland ist die Visafreiheit wegen häufiger Reisen sehr wesentlich, deshalb nehmen sie die Nachteile des "Nicht-Bürger"-Daseins in Kauf und verzichten auf die Einbürgerung, die obendrein mit einem aus ihrer Sicht und sicher auch teilweise objektiv demütigenden Einbürgerungstest verbunden ist.

    6. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 7 Jahren

      @Keno Verseck Guten Morgen, Keno. Klar hast Du recht. Der Unterschied sei, so mein Informant, dass in Estland auch reichlich Grenzgeschäfte gemacht werden. In Narva ist ja die russischsprachige Bevölkerung in der überwältigenden Mehrheit (92-98 %), aber ebenso in einigen Gebieten am Peipussee.
      Ob es ähnliche Erscheinungen in Litauen gibt, weiß ich nicht. Als ich 2014 - der Kampf in und um die Ukraine brandete gerade hoch - eine Recherche über Ostpreußen machte, war ein litauischer Bauer, bei dem ich übernachtete nachdem der Grenzübergang nach Tilsits (Sowetsk) verstopft war, enttäuscht, dass er aufgrund der Sanktionen keine Äpfel mehr liefern dürfte. In die Hauptstadt Ostpreußens mussten Äpfel importiert werden. So was konnte man in den Jahrhunderten davor nicht erleben.

    7. Keno Verseck
      Keno Verseck · vor 7 Jahren

      @Achim Engelberg Hallo Achim, ja, den regen Grenzverkehr in Estland habe ich auch beobachtet. In Lettland war ich nicht an der Grenze, das kann ich nicht beurteilen. Allerdings sind die lettisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen verhältnismäßig intensiv, auch bei der Geldwäsche... :-). Noch eine Eigenkorrektur: Litauen hat natürlich kein Nicht-Bürger-System, wie ich fälschlicherweise geschrieben hatte.

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