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geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.
In Orbáns Ungarn sind in den letzten Jahren Szenarien Wirklichkeit geworden, die als Fiktion nur ganz schlechte Politthriller abgeben würden. So auch am vergangenen Wochenende: Die Redakteure der größten unabhängigen, regierungskritischen Tageszeitung, "Népszabadság", hatten am Freitagabend die Produktion der Samstagsausgabe beendet. Am Wochenende stand der lange geplante Umzug an, die Einstandsparty am Sonntag im neuen Redaktionsgebäude war bereits organisiert. Doch dann erfuhren die Redakteure am Samstagmorgen, durch eine öffentliche Stellungnahme des Eigentümers, dem Unternehmens Mediaworks, dass die Zeitung und ihre Webseite aufgehört hatten zu existieren – und bekamen per Motorradkurier Briefe zugestellt, die sie zum Arbeitsstopp und zum Stillschweigen verpflichteten. Die Redaktion wie auch die demokratische Öffentlichkeit Ungarns sprechen seither von einem „Putsch“ gegen Népszabadság, eines der Flaggschiffe der noch nicht gleichgeschalteten Presse. Angeblich hatte die Schließung der Zeitung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion wirtschaftliche Gründe; sie sei stark defizitär, ließ Mediaworks wissen, nachdem zuvor unter anderem monatelang massiv in den Ausbau des Online-Angebotes und auch in den Umzug investiert worden war. Wahrscheinlich ist ein anderes Szenario: Népszabadság musste schließen, weil sie Orbán und seinen Parteigenossen seit langem ein Dorn im Auge war. Die Zeitung hatte schon vor 23 Jahren den ersten großen Korruptionsskandal in Orbáns damals noch radikalliberaler Partei Fidesz aufgedeckt und erst kürzlich wieder anrüchige Personal- und Luxus-Affären von engen Orbán-Vertrauten ans Licht gebracht. In einem Interview mit der Welt spricht der Schriftsteller György Dalos über die Hintergründe und Implikationen der Népszabadság-Schließung. Weitere interessante Stücke zum Thema: ein Interview mit dem stellvertretenden Chefredakteur von Népszabadság in der "Zeit" sowie Analysen auf opendemocracy und politicalcritique.org.
Quelle: György Dalos Bild: Christian Hahn welt.de
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