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Europa

Mehr Politik wagen

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
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Dirk LiesemerSamstag, 13.05.2017

Natürlich muss sich Europa verändern. Wer würde schon auf diese Forderung verzichten wollen? Man hätte sofort das Gefühl, sich lächerlich zu machen, als naiv oder unbekümmert dazustehen. Doch wie im Fußball so hat auch jeder von uns eine eigene Meinung zur EU: Woran sie krankt und wie sie weiterentwickelt werden sollte. Wie dieses andere Europa aber aussehen könnte, bleibt fast immer diffus, was wiederum Populisten in die Hand spielt, die ein Zurück zur Nation fordern.

Der Rechtswissenschaftler Dieter Grimm schildert trocken eine recht vertrakte, aber nicht hoffnungslose Situation. Er lenkt den Blick dabei auf eine Institution, die in Medien, Politik und sogar in der Rechtswissenschaft viel zu wenig beachtet wird: Nein, nicht das Parlament, nicht die Kommission als Hüterin der Verträge, sondern der Europäische Gerichtshof. Dessen Rechtsprechung habe mit der Zeit dazu geführt, dass die europäischen Verträge eine quasi verfassungsähnliche Bedeutung erhalten haben. Doch die Urteile seien unpolitisch.

Man muss ein paar Seiten durchhalten, bis Grimm zu Reformansätzen kommt. „Politische Entscheidungen verlangen einen politischen Modus, der in Europa nur ein demokratischer sein kann", schreibt er. Schnell wird deutlich, dass einige rasche Reformen nicht ausreichen werden. Dazu sind die Institutionen auch zu sehr miteinander verschränkt. Stattdessen schlägt der Autor ein neues europäisches Wahlsystem und eine Herabstufung von Bestimmungen vor, die nicht „verfassungsartig" sind.

Auch solche Reformen lassen sich nicht mal eben umsetzen. Doch zum Verzweifeln besteht kein Grund: Schon in den achtziger Jahren wurde von einer Eurosklerose gesprochen und danach folgten trotzdem tiefgreifende Reformen.

Grimms Text wurde bereits 2014 veröffentlicht, aber erst dieser Tage, zu seinem achtzigsten Geburtstag, freigeschaltet.

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