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Europa

Europas vergessene Staatskrise: Bosnien-Herzegowinas politische Agonie

Keno Verseck
Journalist

geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.

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Keno VerseckSonntag, 20.10.2019

Die Westbalkan-Region ist gerade in den Schlagzeilen, weil die EU – anders als versprochen – keine Aufnahmeverhandlungen mit Mazedonien und Albanien beginnt, da Frankreich sich sperrt. Selbst die EU-Kommission und viele führende Politiker in EU- und den Westbalkan-Ländern sprechen bereits von einem "historischen Fehler". Eine Politik, die nicht viel weniger historisch fehlerhaft ist, macht die internationale Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina. Dort fanden vor einem Jahr Wahlen für das Staatspräsidium, den Gesamtstaat, die beiden Staatsteile sowie in den Kantonen statt. Dennoch hat das Land bis heute keine nationale Regierung, formell, weil sich die Vertreter der drei konstituierenden Nationen, Bosniaken, Kroaten und Serben, nicht über die Frage einer Kooperation mit der Nato einigen können. Doch die Staatskrise ist praktisch ein Produkt des Dayton-Abkommens, das zwar den Krieg beendete, aber ein Land schuf, das eines der kompliziertesten Regierungssysteme der Welt hat, ein Land, das die meisten Vertreter von zwei der drei konstituierenden Nationen (Kroaten und Serben) am liebsten abschaffen würden und ein Land mit einem lähmenden, alles durchdringenden Ethno-Parteienproporz. Doch obwohl der "Hohe Repräsentant der Staatengemeinschaft" – derzeit Valentin Inzko – Vollmachten und Eingriffsmöglichkeiten hätte, um Auswege aus der Staatskrise zu eröffnen, sieht die internationale Gemeinschaft dabei zu, wie die politische Elite Bosnien-Herzegowinas ihr Land gegen die Wand fährt – wohl mit der Einstellung: "Egal, solange es keinen Krieg gibt". Das Portal Balkan Insight erklärt in einem aktuellen Beitrag, wie die Gegner des Ethno-Proporzes vor Gericht zwar erfolgreich gegen die jetzige Staatskonstruktion gestritten haben, aber warum Bosnien-Herzegowina vorerst dennoch kein Bürgerstaat werden, sondern ein Land in politischer Agonie bleiben wird. Klar ist: Auf Dauer muss es Veränderungen geben. Zu hoffen bleibt, dass sie ohne Gewalt stattfinden.

Europas vergessene Staatskrise: Bosnien-Herzegowinas politische Agonie

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 5 Jahren

    an Bosnien sieht man dass ein ethnoproporz der ja auf den ersten Blick nach einem ethnologischen Bürgerkrieg so logisch erscheint Blödsinn ist. vor allem weil er die Spaltung vertieft und oft erst trotz krieg die Gegensätze erzeugt. es heißt nicht dass man nicht etwa als Präsidenten einen Dreier Rat hätte proportional erstellen können. Aber sonst eben nicht.

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