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Volk und Wirtschaft

Wie eine soziale EU-Energiewende für Griechenland aussehen könnte

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteFreitag, 07.06.2024

Der folgende Beitrag von Nikos Mantzaris wurde ursprünglich am 23.04.2024 unter dem Titel „From pipe dreams to power cables: the changing map of Greece's energy ambitions“ auf dem griechischen Nachrichtenportal MacroPolis veröffentlicht. Thema des Beitrags ist die Europäische Energiewende. Mantzaris argumentiert für eine Energiewende. Er skizziert die EU-Gesetzgebung und die von der EU bereitgestellten Fördermittel zur Unterstützung der Umsetzung. Weiterhin skizziert er verschiedene grundlegende Umsetzungemöglichkeiten der Energiewende für Griechenland. Sein Fokus liegt dabei auf einer sozial ausgeglichenen Umsetzung. Dementsprechend zeigt er auch auf, wie die mit Unterstützung der EU-Förderprogramme organisiert werden kann. Dabei verweist er auch kurz auf die äußerst holprige und unzulängliche Umsetzung des deutschen Gebäudenergiegesetzes. Interessant finde ich auch seinen Hinweis auf die Energiekriese infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine. Für Mantzaris sind die daraus resultierenden Energiepreissteigerungen nur eine erste (unerwartete) Kostrobe gewesen für das, was in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre infolge des EU-Emissionshandelssystem, das den CO-2-neutralen Umbau der Wirtschaft in der EU spürbar vorantreiben soll, an Preissteigerungen auf die Bürgerinnen und Bürger der EU zukommt.

Von Wunschträumen zu Stromkabeln: Griechenlands Energieambitionen im Wandel

Von Nikos Mantzaris* | 23.04.2024

Der Europäische Grüne Deal (EGD) ist im Kern die Entwicklungsstrategie der EU für das Jahr 2050. Sein zentrales Ziel ist es, Europa bis zur Mitte des Jahrhunderts zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, d. h. einen Punkt zu erreichen, an dem die Treibhausgasemissionen aller Wirtschaftssektoren vollständig durch den Abbau von Kohlendioxid ausgeglichen werden, entweder auf natürliche Weise oder durch den Einsatz diverser Technologien.

Neben dem Erreichen der Klimaneutralität zielt die EGD auch auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt; letztere ist von unbestreitbarer Bedeutung und stellt ein für den Menschen notwendiges Ökosystem dar, das gleichzeitig einen Schutz gegen die Klimakrise bildet.

Wichtig ist, dass der EGD auch ein horizontales Ziel festlegt: die Umsetzung der strukturellen Veränderungen, die notwendig sind, um bis 2050 einen Null-Kohlenstoff-Ökobilanz zu erreichen - in allen Wirtschaftssektoren - ohne jemanden zurückzulassen“. Der EGD erkennt die Belastungen an, die der Wandel der europäischen Wirtschaft für die Gesellschaften der Mitgliedstaaten mit sich bringt, und will sicherstellen, dass er auf sozial gerechte Weise vonstatten geht.

Ein Übergang, der sowohl grün als auch gerecht für alle ist: Ist dies Wunschdenken oder ein realistisch erreichbares Ergebnis?

Krisen in Serie und Skepsis

In der Tat hielten viele den EGD von Anfang an für ziemlich unrealistisch. Nicht einmal drei Monate nach seiner Ankündigung im Dezember 2019 durch Ursula von der Leyen, die damals neu gewählte Chefin der Europäischen Kommission, brach die Coronavirus-Pandemie aus. Die Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit wurde bald von einer wirtschaftlichen Krise begleitet; die vollständige Abschaffung des EGD und die Rückkehr zur „Sicherheit“ des „Business as usual“ auf allen Ebenen wurde damals von vielen als die einzige Möglichkeit betrachtet, die europäische Wirtschaft vor irreparablen Schäden zu bewahren. Die Erschütterungen im europäischen politischen Gefüge waren stark.

Nach intensiven und - für EU-Verhältnisse - bemerkenswert schnellen Beratungen gab Europa jedoch klare Antworten, um diese Panikstimmung zu besänftigen. Die vielleicht deutlichste von allen war das Europäische Klimagesetz, das die Klimaneutralität bis 2050 rechtsverbindlich machte und gleichzeitig ein kurzfristigeres Klimaziel für 2030 festlegte, nämlich die Verringerung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990. Mit diesem Gesetz wurde die Messlatte für ehrgeizige Klimaziele um fast 15 Prozentpunkte höher gelegt als beim vorherigen Ziel für 2030 (40 % Emissionsreduzierung im Jahr 2030 im Vergleich zu 1990).

Doch während sich Europa in einen regelrechten Wettlauf um die Fertigstellung des „fit for 55“-Gesetzespaketes begab, mit dem die Verpflichtung des europäischen Klimagesetzes, die Nettoemissionen bis 2030 um 55 % zu reduzieren, in die Tat umgesetzt werden sollte, brachten der russische Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende beispiellose Energiekrise den europäischen Weg zur Klimaneutralität noch einmal ins Wanken. Konservative Stimmen in ganz Europa forderten eine sofortige Rückkehr zu Braunkohle und Steinkohle anstelle von sauberer Energie, um den „Ausfall“ des russischen fossilen Gases zu kompensieren, von dem der europäische Kontinent bis zum Ausbruch des Krieges stark abhängig war. Da Braunkohle und Steinkohle die bei weitem umweltschädlichsten Energieträger auf dem Planeten sind, würde diese Umstellung, die von vielen als Einbahnstraße dargestellt wurde, de facto die EGD-Klimaziele zunichte machen.

Auch in diesem Fall hat die EU eine überzeugende politische Antwort gegeben. Nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine kündigte sie umgehend den REPowerEU-Plan an, dessen Hauptziel es ist, Europa von den Importen russischer fossiler Brennstoffe zu befreien. Von dem 300-Milliarden-Euro-Paket, das zur Erreichung dieses Ziels aufgelegt wurde, sind 288 Milliarden Euro für die Beschleunigung der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen (EE), die Elektrifizierung der Heizung mittels Wärmepumpen und die Entwicklung von Infrastrukturen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff und Biomethan sowie für die Stromspeicherung vorgesehen. Trotz der Forderung nach einer Rückkehr zu fossilen Brennstoffen hat REPowerEU den grünen Übergang beschleunigt und die Ziele des in Vorbereitung befindlichen Pakets „fit for 55“ größtenteils erweitert.

Doch selbst nachdem die Gas- und Strompreise auf ein erträgliches Niveau zurückgekehrt waren, stand der EGD noch vor Herausforderungen. Der starke Druck konservativer politischer Gruppen in Europa, das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zurückzuziehen, ist ein konkretes Beispiel dafür. Auch die Rücknahme des Vorschlags der Europäischen Kommission, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 drastisch um 50 % zu reduzieren, und die lange Verzögerung bei der Vorlage des Rechtsrahmens für nachhaltige Lebensmittelsysteme - eine wichtige Säule der Farm-to-Fork-Strategie - kamen den Interessen der intensiven Landwirtschaft entgegen.

Einzelne Mitgliedstaaten haben auch verschiedene Aspekte der EGD missbilligt. So gab es beispielsweise Reaktionen auf das neue Gesetz zur Ökologisierung der Heizung in Deutschland; trotz des Widerstands wurde das Gesetz schließlich dank einer Koalition aus Grünen, Sozialisten und Liberalen doch verabschiedet.

Die größte Bewährungsprobe für den Green Deal der EU könnte jedoch noch vor uns liegen. Im Jahr 2027 wird ein neues Emissionshandelssystem (ETS-2) ausschließlich für den Gebäude- und Straßenverkehrssektor in Kraft treten. Dieses neue Emissionshandelssystem unterscheidet sich vom bestehenden ETS (ETS-1), das seit 2005 in Betrieb ist und die Stromerzeugung, energieintensive Industrien, den Luftverkehr innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums und die Schifffahrt (ab 2024) betrifft. Im Rahmen des ETS-2 wird ein Preis für jede Tonne Kohlendioxid festgelegt, die bei der Nutzung fossiler Brennstoffe im Gebäudebereich und im Straßenverkehr emittiert wird, und zwar in Form eines Börsenpreises. Diese Kosten werden die Anbieter fossiler Brennstoffe belasten, die sie ihrerseits an die Verbraucher weitergeben werden. Daher werden ab 2027 Öl oder fossiles Gas zum Heizen sowie Benzin, Diesel und CNG für Autos teurer werden.

Da die Heiz- und Transportkosten einen bedeutenden Teil des Haushaltsbudgets ausmachen, wird die ETS-2 voraussichtlich erhebliche soziale Auswirkungen haben, insbesondere auf die sozial Schwächsten. Es ist kein Zufall, dass die Einführung des ETS-2 das heikelste Thema bei der letzten Überarbeitung der Emissionshandelsrichtlinie war, die in die turbulente Zeit der energie- und geopolitischen Krise fiel. Trotz einer hitzigen Debatte zwischen den Fraktionen wurde ETS-2 schließlich dank des Drängens von Peter Liese, einem deutschen Berichterstatter der Europäischen Volkspartei, in die EU-Gesetzgebung aufgenommen.

Warum aber wurde die Einführung eines neuen, separaten Emissionshandelssystems für diese beiden Sektoren in Anbetracht der zu erwartenden sozialen Folgen für notwendig erachtet?

Warum ist eine neue Emissionsbörse für Gebäude und Straßenverkehr notwendig?

Die Antwort liegt in dem wichtigen Beitrag dieser beiden Sektoren zur Erreichung der Klimaziele und in der bisherigen Entwicklung ihrer Emissionen. Nach den letzten verfügbaren offiziellen Daten (2021) sind Straßenverkehr und Gebäude für 35 % der gesamten Treibhausgasemissionen der EU verantwortlich. Noch beunruhigender ist, dass die Emissionen aus diesen beiden Sektoren nicht in einem Maße zurückgehen, das mit dem europäischen Ziel der Netto-Emissionsreduzierung (mindestens -55 % im Jahr 2030 gegenüber dem Stand von 1990) vereinbar wäre.

Wie Abbildung 1 zeigt [nur im Originaltext einsehbar (https://www.macropolis.gr/?i=portal.en.the-agora.14156)], haben die EU-27 wie auch Griechenland ihre Emissionen aus dem Straßenverkehr im Jahr 2021 im Vergleich zum Basisjahr (1990) nicht nur nicht reduziert, sondern um mehr als 20 % erhöht. Im Jahr 2009 verzeichnete Griechenland sogar einen viel höheren Spitzenwert als der europäische Durchschnitt, als die Emissionen die von 1990 um fast 80 % überstiegen, bevor sie 2013 wieder auf ein niedrigeres Niveau zurückgingen, was vor allem auf die Wirtschaftskrise im Land zurückzuführen war. Seit 2013 und mit Ausnahme des besonderen Jahres der Pandemie (2020) stagnieren die Emissionen des Straßenverkehrs sowohl in der EU-27 als auch in Griechenland im Vergleich zu 1990 bei 120 %.

[Abbildung 1: Die Entwicklung der Emissionen des Straßenverkehrs in der EU-27 und in Griechenland in Prozent der Emissionen von 1990. – Nur im Originaltext einsehbar]

Die Emissionen aus dem Gebäudesektor in der EU-27 haben sich leicht verbessert, da sie im Jahr 2021 72 % des Niveaus von 1990 ausmachten (Abbildung 2) [nur im Originaltext einsehbar]. Dennoch stagniert der Kohlenstoffausstoß dieses Sektors in den letzten Jahren und es gibt keine Anzeichen für eine Verbesserung der Situation. Andererseits hat Griechenland, wie die Abbildung zeigt, schlechter abgeschnitten als der europäische Durchschnitt; die Emissionen aus dem Gebäudesektor folgten bis Mitte der 2000er Jahre einem stetigen Aufwärtstrend, erreichten 2003 ihren Höhepunkt, als sie sich gegenüber 1990 mehr als verdoppelten, und verlangsamten sich dann während der großen Wirtschaftskrise deutlich. Trotz der Energiesparmaßnahmen, die in Griechenland in den letzten zehn Jahren eingeführt wurden, war der Rückgang der Emissionen aus dem Gebäudesektor jedoch nur geringfügig und schwankend, so dass die Emissionen im Jahr 2021 praktisch auf dem Niveau von 1990 liegen werden.

[Abbildung 2: Die Entwicklung der Emissionen aus dem Gebäudesektor in der EU-27 und in Griechenland in Prozent der Emissionen von 1990. – Nur im Originaltext einsehbar]

Im Gegensatz zum Straßenverkehr und zu Gebäuden hat der Sektor der Stromerzeugung, der seit 2005 unter das ETS-1 fällt, erhebliche Fortschritte gemacht (Abbildung 3) [Nur im Originaltext einsehbar]. Im Jahr 2021 gingen die Emissionen aus Wärmekraftwerken, die Strom und Wärme durch die Verbrennung von Braunkohle, Steinkohle, Gas und Öl erzeugen, in der EU-27 und in Griechenland um 42 % bzw. 51 % zurück. Dieser Rückgang beschleunigte sich ab 2013, als die Emissionszertifikate, die Wärmekraftwerken kostenlos zugeteilt worden waren, abgeschafft wurden und die Energieversorgungsunternehmen die Kosten für CO2 übernehmen mussten. Die zusätzlichen Änderungen an der einschlägigen Emissionshandelsrichtlinie haben seitdem das Angebot an Zertifikaten auf dem Kohlenstoffmarkt eingeschränkt, was zu höheren Zertifikatspreisen geführt hat. Dies wiederum hat vor allem die umweltschädlichsten Anlagen betroffen, die Braun- und Steinkohle als Brennstoff verwenden, was zu einem erheblichen Rückgang der Emissionen geführt hat.

[Abbildung 3: Die Entwicklung der Emissionen aus der Strom- und Wärmeerzeugung in der EU-27 und in Griechenland in Prozent der Emissionen von 1990. – Nur im Originaltext einsehbar]

Die Daten deuten also darauf hin, dass die Einbeziehung der Stromerzeugung in das erste Emissionshandelssystem die Klimafortschritte in diesem Sektor maßgeblich beeinflusst hat. Andererseits deutet die beobachtete Stagnation bzw. der Anstieg der Emissionen aus dem Gebäudebereich und dem Straßenverkehr darauf hin, dass die bisher durchgeführten Maßnahmen zur Verringerung des Kohlenstoffausstoßes in diesen Sektoren nicht die erwarteten Ergebnisse erbracht haben. Angesichts dieser Ergebnisse und um den Abbau des Kohlenstoffausstoßes in diesen beiden Schlüsselsektoren zu beschleunigen, hat die Europäische Union beschlossen, sie in ein Emissionshandelssystem einzubeziehen. Um das bestehende System (ETS-1) nicht zu stören und die Emissionen aus diesen beiden Sektoren besser kontrollieren zu können, wurde ETS-2 zumindest anfänglich unabhängig von ETS-1 mit eigenen Kohlenstoffpreisen und -zielen eingerichtet. So wurde das Ziel für die Verringerung der Emissionen aus dem Straßenverkehr und aus Gebäuden auf 43 % im Jahr 2030 im Vergleich zu 2005 festgelegt, während das Ziel für die ETS-1-Sektoren bei 62 % liegt.

Sozialer Klimafonds und andere Mittel

Um die sozialen Auswirkungen der Umsetzung des ETS-2 abzumildern, haben die europäischen Institutionen den „Sozialen Klimafonds“ (SCF) eingerichtet, der durch die Einnahmen aus der Versteigerung der ETS-2-Emissionszertifikate sowie durch die Mitgliedstaaten finanziert wird. Der Algorithmus für die Berechnung der Beiträge der Mitgliedstaaten zum SCF und die Aufteilung des Gesamtbetrags auf die Mitgliedstaaten begünstigt stark die wirtschaftlich Schwächeren. Von dem Gesamtbetrag von 86,7 Mrd. EUR, der im Zeitraum 2026-2032 in der Europäischen Union verteilt werden soll, erhält Griechenland 5,52 % oder 4,78 Mrd. EUR.

Neben dem SCF stehen Griechenland und den anderen EU-27-Ländern umfangreiche Mittel aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten im Rahmen des ETS-1 zur Verfügung. Auf der Grundlage der Projektionen der überarbeiteten ETS-Richtlinie wird Griechenland im Zeitraum 2024-2030 voraussichtlich Versteigerungseinnahmen in Höhe von ca. 137 Mio. Zertifikaten erzielen; bei einer bescheidenen Schätzung des durchschnittlichen Zertifikatspreises von 80 €/t ergibt sich somit ein Betrag von 10,9 Mrd. €. Darüber hinaus können die beträchtlichen Mittel, die Griechenland aus dem Konjunktur- und Widerstandsfähigkeitsfonds sowie aus dem nationalen strategischen Rahmenplan (NSRP) 2021-2027 erhalten hat, für denselben Zweck verwendet werden.

In Anbetracht dieser Tatsachen stellt sich eine zentrale Frage: Wie und wem sollten diese Mittel zugewiesen werden, damit der grüne Übergang im Gebäude- und Straßenverkehrssektor sozial gerecht verläuft?

Die Leitlinien der Europäischen Union für die Beantwortung dieser grundlegenden Frage finden sich in der neuen Verordnung über den sozialen Klimafonds. Demnach dürfen die befristeten direkten Einkommensstützungsmaßnahmen zur Bewältigung des Anstiegs der Kraftstoffpreise für den Straßenverkehr und die Heizung 37,5 % des Gesamtbetrags, der jedem Mitgliedstaat aus dem SCF zugewiesen wird, nicht überschreiten. Die verbleibenden Mittel müssen in langfristige Strukturinvestitionen fließen, darunter Gebäudesanierungen, Lösungen zur Dekarbonisierung und Integration erneuerbarer Energien, Markt und Infrastruktur für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge sowie die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und gemeinsamer Mobilitätsdienste.

Der SCF stellt jedoch nur einen kleinen Teil der Ressourcen dar, die Griechenland zur Verfügung stehen, um die Haushalte bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen zu unterstützen; das Land hat viele Spielräume bei der Verwendung dieser Mittel.

Welche Maßnahmen und Politiken sind also am besten geeignet, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zu gewährleisten, dass der grüne Übergang sozial gerecht ist?

Das (Gegen-)Beispiel der Energiekrise

Die jüngste Energiekrise, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 ausbrach und durch die steigenden Preise für Erdgas ausgelöst wurde, stellt ein konkretes Modell der Ressourcennutzung vor. Die Energiekrise brachte im Grunde dieselbe qualitative Herausforderung mit sich, der wir uns ab 2027, wenn die ETS-2 in Kraft treten wird, jedes Jahr stellen müssen: den Schutz der Haushalte und der kleinen und mittleren Unternehmen vor steigenden Energiepreisen.

Die Analyse offizieller Daten zeigt, dass Griechenland in den 16 Monaten zwischen September 2021 und Dezember 2022, als die Energiekrise ihren Höhepunkt erreichte, 10,7 Mrd. EUR aus verschiedenen Quellen, einschließlich der ETS-1-Einnahmen, erhalten hat. Diese Summe wurde für eine Vielzahl von Maßnahmen zur Bewältigung der Krise verwendet, wobei jedoch alle diese Mittel entweder direkte oder indirekte Subventionen für den Verbrauch fossiler Brennstoffe darstellten. Genauer gesagt waren von den 10,7 Mrd. € 9,8 Mrd. € direkte Subventionen, um den Anstieg der Strom- und Gasrechnungen auszugleichen, 0,8 Mrd. € dienten der direkten Unterstützung der Einkommen verschiedener Bevölkerungsgruppen, während mit den restlichen 0,1 Mrd. € Steuerbefreiungen finanziert wurden (Abbildung 4) [Nur im Originaltext einsehbar].

[Abbildung 4: Reaktion auf die Energiekrise: Haushaltsausgaben nach Art (links) und subventionierten Gütern (rechts) gemäß den Daten des Staatshaushaltsberichts. – Nur im Originaltext einsehbar]

Im gleichen Zeitraum wurden Investitionen zur Senkung des Gesamtenergieverbrauchs der Haushalte eher vernachlässigt; die Programme „Recycle-Replace Appliance“ und „Save 2021“ wurden mit nur 1,4 Milliarden Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Recovery and Resilience Fund finanziert.

Dieses Art der Ressourcennutzung kann dazu beitragen, die sozioökonomischen Auswirkungen abzumildern, wenn den wirtschaftlich Schwächsten Vorrang eingeräumt wird, wie es in der Krise der Fall war. Sie hat jedoch zwei strukturelle Schwächen. Erstens ist sie sehr kostspielig. Sollte es in Zukunft zu einer Energiekrise ähnlicher Intensität kommen, wäre es für den Staatshaushalt äußerst schwierig – wenn nicht gar unmöglich –, Ausgaben in Höhe von 10,7 Milliarden über 16 Monate hinweg zu tragen, geschweige denn über einen längeren Zeitraum. Zweitens, und das ist noch wichtiger, geht dieses auf Subventionspolitik basierende Modell nicht an die Wurzel des Problems, nämlich die Abhängigkeit der Haushalte von fossilen Brennstoffen zur Deckung des Energiebedarfs im Haushalt und im Verkehr.

Wie können wir uns dagegen wappnen?

Es ist klar, dass der Schutz der Haushalte vor unerwünschten, aber wahrscheinlichen künftigen Energiekrisen sowie vor den Folgen des ETS-2 durch eine dauerhafte Verringerung des Kohlenstoffausstoßes von Gebäuden und des Straßenverkehrs erreicht werden kann, was langfristig zu Einsparungen bei den Energierechnungen der Haushalte führen wird.

Allerdings unterscheiden sich die Maßnahmen und Politiken, die zur Verringerung des Kohlenstoffausstoßes dieser Sektoren eingesetzt werden können, sowohl hinsichtlich der Kosten als auch des Potenzials zur Emissionsverringerung erheblich. Außerdem sind die finanziellen Mittel, die dem Staat, den Bürgern und den Unternehmen jeweils zur Verfügung stehen, begrenzt. Daraus ergibt sich die Frage: Welches ist der optimale „Mix“ von Maßnahmen und Politiken, der umgesetzt werden sollte, um eine gleichzeitige Senkung der Emissionen und der Energierechnungen der Haushalte zu erreichen?

In einem Versuch, diese Frage zu beantworten, wurden in einer kürzlich durchgeführten Analyse acht Szenarien für den Gebäudesektor und zwei für den Straßenverkehrssektor untersucht. Alle Szenarien wurden untersucht, um die sich daraus ergebende Verringerung des CO2- Ausstoßes im Zeitraum 2023-2030 abzuschätzen, den Umfang der erforderlichen Investitionen zu bestimmen und ihre Kosteneffizienz zu bewerten. Letzteres spiegelt die so genannten „annualisierten Kosten“ wider, die neben den anfänglichen Investitionen auch den wirtschaftlichen Nutzen berücksichtigen, den die Haushalte während ihrer Nutzungsdauer aus diesen Investitionen ziehen werden.

Die Analyse der acht Szenarien für Gebäude hat gezeigt, dass die beiden kosteneffizientesten Szenarien Verhaltensänderungen und andere kostengünstige Maßnahmen (Solar-Wassererhitzer, energieeffiziente Beleuchtung, Isolierung von einfach verglasten Fenstern usw.) mit der Installation von Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen zur Deckung des eigenen Strombedarfs und oberflächlichen oder tiefgreifenden energetischen Modernisierungen kombinieren. Diese Szenarien bieten einen Nettonutzen für die Haushalte, d. h. sie führen zu negativen jährlichen Kosten von -6 Mio. € bis -561 Mio. € im Jahr 2030, basierend auf einem breiten Spektrum von Werten für Variablen wie Stromkosten und Diskontsätze, die in der durchgeführten Sensitivitätsanalyse untersucht wurden. Die Energiekostensenkungen, die sich aus der Umsetzung des Szenarios mit oberflächlichen energetischen Modernisierungen ergeben, belaufen sich auf 890 € pro Jahr und Haushalt im Jahr 2030; bei der Entscheidung für das Szenario mit tiefgreifenden energetischen Modernisierungen erhöht sich dieser Betrag auf 1370 €.

Was die Gesamtinvestitionskosten bis 2030 anbelangt, so erfordert das Szenario mit oberflächlichen energetischen Sanierungen für 100 000 Haushalte pro Jahr 22,7 Mrd. EUR, während das Szenario mit tiefgreifenden energetischen Sanierungen für 80 000 Haushalte pro Jahr 28,6 Mrd. EUR kostet. Beide Zahlen entsprechen den Angaben des Nationalen Energie- und Klimaplans (NECP), die sich für denselben Zeitraum auf 29,2 Mrd. € belaufen (6,3 Mrd. € für energetische Sanierungen und 22,9 Mrd. € für den Kauf von Geräten). Im Gegensatz zur Studie legt der NECP jedoch nicht genügend Gewicht auf die Modernisierung von Wohngebäuden.

Darüber hinaus werden diese beiden Szenarien den CO2-Fußabdruck des Wohngebäudebestands im Jahr 2030 um 5,6 Millionen bzw. 5,72 Millionen Tonnen CO2 verringern, was einer Verringerung um 57 % bzw. 58 % gegenüber 2022 entspricht.

Im Straßenverkehr entspricht das untersuchte Hauptszenario weitgehend dem NECP und zielt auf einen Anteil von 18,5 % Elektroautos an der gesamten Pkw-Flotte im Jahr 2030 ab; dieses Szenario führt zu einer Emissionsreduzierung um 30 % gegenüber 2022 (630 kt CO2eq) und erfordert erhebliche Gesamtinvestitionen in Höhe von 22,9 Mrd. EUR für den gesamten Zeitraum 2023-2030.

Andererseits unterstreicht die Analyse die Bedeutung von Maßnahmen, die im NECP nicht hervorgehoben wurden, wie z. B. die Verringerung von Höchstgeschwindigkeiten auf Autobahnen, sanfte Mobilität, Co-Mobilität und Telearbeit. Der Einsatz dieser Maßnahmen erhöht die Kosten im gleichen Zeitraum um nur 28 Mio. € im Vergleich zum reinen Elektromobilitätsszenario, führt aber zu sehr bedeutenden zusätzlichen jährlichen Einsparungen sowohl beim CO2- Ausstoß (812-822 Kt CO2eq) als auch bei den Haushaltsenergiekosten (514-710 Mio. €). Die gleichzeitige Umsetzung dieser Maßnahmen zusammen mit den Maßnahmen zur Entwicklung der Elektromobilität könnte im Jahr 2030 die entsprechenden jährlichen Haushaltskosten um 810 Mio. € bis 1,070 Mrd. € und die jährlichen CO2-Emissionen um bis zu 1,44 Mio. t CO2eq senken.

Insgesamt ergab die Studie, dass die Umsetzung der Maßnahmen des Best-Case-Szenarios in beiden Sektoren den Haushalten im Jahr 2030 jährliche Einsparungen in Höhe von bis zu 1,6 Mrd. EUR bringen und die Emissionen beider Sektoren um bis zu 7,1 Mio. Tonnen CO2eq verringern kann. Die Einhaltung dieser Best-Case-Szenarien setzt jedoch eine umfassende Elektrifizierung beider Sektoren voraus, was wiederum erhebliche Investitionen in die Stromnetze erfordert.

Andere Länder in der EU-27 verfolgen einen ähnlichen Ansatz; so versuchen die Niederlande, die Abhängigkeit ihrer Haushalte von fossilem Gas, die im Jahr 2021 bei 92 % lag, drastisch zu reduzieren. Im Mittelpunkt der Maßnahmen steht die massive Förderung von Wärmepumpen, deren Neuinstallationen in der Energiekrise bis 2022 um 110.000 gestiegen sind (+57 % gegenüber 2021). Dies ist kein Zufall, sondern das Ergebnis sowohl des Verbots von Zentralheizungen ab 2026 als auch einer Reihe von Finanzinstrumenten und Darlehen, die Anreize für eine stärkere Elektrifizierung der Gebäudeheizung durch Wärmepumpen bieten. Wie in ihrem NECP zum Ausdruck kommt, legen die Niederlande großen Wert auf die energetische Sanierung von Gebäuden und wollen bis 2030 2,5 Millionen Gebäude isolieren. Durch die Gesamtheit der umzusetzenden Maßnahmen und Politiken sollen die Emissionen aus dem Gebäudebestand bis 2030 um 40 % gegenüber dem Stand von 1990 reduziert werden (von 30 Mio. t CO2eq im Jahr 1990 auf 18 Mio. t CO2eq im Jahr 2030). Auch bei der Elektromobilität sind die Niederlande führend: 30,8 % der Neuwagen im Jahr 2023 sind Elektroautos, was einem Anstieg von 7,5 % gegenüber 2022 entspricht, und auch bei der Dichte von Elektrofahrzeugen und Ladestationen pro 100 km sind die Niederlande nach wie vor weltweit führend. Auch dieser Fortschritt kommt nicht von ungefähr, denn die Politik und die ergriffenen Maßnahmen haben die Kosten für den Kauf von Elektrofahrzeugen an die von Benzin- und Dieselfahrzeugen angeglichen.

Die obigen Ausführungen zeigen, dass soziale Gerechtigkeit bei der Umstellung auf umweltfreundliche Technologien durch die Finanzierung von Projekten erreicht werden kann, die die Umstellung beschleunigen, und nicht durch eine Subventionspolitik, die die Umstellung verzögert, indem sie die Abhängigkeit der Haushalte und Unternehmen von fossilen Brennstoffen aufrechterhält; auch in diesem Fall müssen die Schwachen Vorrang haben. Griechenland verfügt derzeit über beträchtliche Ressourcen und genügend Zeit, um diese sinnvoll einzusetzen, bevor die ETS-2 voll einsatzfähig ist; das Zeitfenster für eine proaktive Politik ist also jetzt.

*Nikos Mantzaris ist ein leitender Politikanalyst und Partner bei The Green Tank.

Diese Arbeit wurde mit Unterstützung der Botschaft des Königreichs der Niederlande in Athen im Rahmen eines Klimajournalismusprojekts durchgeführt.

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