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Klima und Wandel

Wie der Ukraine-Krieg die Klimaforschung gefährdet

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
Zum Kurator'innen-Profil
Nick ReimerMittwoch, 29.03.2023

In den vergangenen Jahrzehnten sind die Modelle, mit denen die Zukunft vorhergesagt werden kann, immer besser geworden. Beispielsweise ist die Sieben-Tage-Prognose des Wetterberichtes heute präziser als die Zwei-Tage-Prognose in den 1970er-Jahren, wie die Erhebungen des Deutschen Wetterdienstes belegen: Der DWD überprüft, wie häufig seine Vorhersage falsch war – und das ist nicht mehr oft.

Ein Grund dafür sind die Rechnerleistungen: Der Zentralrechner des Deutschen Wetterdienstes schafft pro Sekunde zweimal 1000 Billionen Rechenoperationen. Wollte man dieselbe Leistung mit Heimcomputern erbringen, man bräuchte 30.000 von ihnen. Der andere Grund ist die Datenfülle, die heute in die Rechenmodelle eingespeist werden kann: Luftdruck, -feuchte oder die gemessenen Temperaturen auf Island, den Kanaren, im Kaukasus oder Karelien.

Doch mit den Daten hapert es derzeit, leider seien die Arbeiten in Russland seit Beginn des Ukraine-Krieges 2022 nicht mehr möglich, sagt Moritz Langer vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Potsdam und bezeichnet das als "immensen Verlust": "Seit 2002 betreiben wir am Lena-Delta eine Forschungsstation, die uns kontinuierlich Daten übermittelt hat. Viele unsere Modelle beruhen auf diesen Daten. Diese Datenreihen sind jetzt komplett unterbrochen." Nebenbei seien auch Freundschaften verloren gegangen, die über die Jahre zu den Kollegen vor Ort entstanden sind.

"Methodisch sind wir vor allem Modellierer: Wir entwickeln physikalische Modelle, die das Auftauen des Permafrostes und die Veränderungen in der Landschaft abbilden", sagt Langer. Ziel ist es, besser vorhersagen zu können, was auf die Menschheit zukommt. Deshalb betreibt die Forschungsgruppe "Permarisk" auch Feldforschung, um selbst Daten zu generieren. "Wir brauchen sie, um unsere Modelle zu kalibrieren und zu validieren." Also um die Modelle einzustellen und um ihre Evidenz zu überprüfen.

Kein Einzelfall, sondern ein Gesamtproblem. "Die Arktis erwärmt sich viermal schneller als im globalen Mittel", sagt Volker Rachold, Leiter des Deutschen Arktisbüros am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Auch er und sein Team sind auf Daten aus der russischen Arktis angewiesen, ab Minute 8:55 in diesem Beitrag des Inforadios von RBB geht es um die Folgen des Angriffs:

"Wir haben keinen Zugang mehr, wir kriegen keine Proben mehr, wir kriegen auch keine Daten mehr aus der russischen Arktis."

Und das sei ein Problem für die Klimamodelle: Die Hälfte der Arktis gehört zu Russland, ohne Daten von dort wird Klimamodellierung schwer. Und ohne Klimamodellierung verlieren wir aus dem Blick, was auf uns zukommt: Nach dem Szenario SSP3-7.0 des Weltklimarates IPCC erhitzt sich die Erde bis zum Jahr 2300 um 8 °C – eine komplett andere Welt.

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