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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft Liebe, Sex und Wir Feminismen
Antje Schrupp ist Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Sachbuchautorin. Sie beschäftigt sich vor allem mit der politischen Ideengeschichte von Frauen und insbesondere mit feministischer Wirtschaftsethik. Ihr aktuelles Buch "Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung" erschien 2022. Sie bloggt unter www.antjeschrupp.com.
Ohne unbezahlte Haus- und Fürsorgearbeit würde die Wirtschaft zusammenbrechen. Und doch fließt dieser riesige Sektor überhaupt nicht in die gängigen volkswirtschaftlichen Analysen und Berechnungen ein – was feministische Ökonominnen seit Jahrzehnten kritisieren.
Die Freiburger Ökonomin und Soziologin Uta Meier-Gräwe erläutert in diesem Interview noch einmal, warum das so fatal ist: Laut Statistischem Bundesamt leisten Frauen in Deutschland rund 60 Milliarden Stunden an unbezahlter Hausarbeit. Wäre dafür der Durchschnittslohn eine Hauswirtschafterin, Köchin und Erzieherin zugrunde gelegt, wären das etwa 830 Milliarden Euro im Jahr. Meier-Gräwe fordert keineswegs, diesen Bereich eins zu eins in die Geldökonomie zu integrieren – nicht jede gesellschaftlich notwendige Arbeit lässt sich in Form von Erwerbsarbeit sinnvoll organisieren. Sondern das Problem liegt darin, dass alles, wofür kein Geld fließt, als unwichtig gilt und deshalb bei Planungen und Strukturen vernachlässigt wird. Meier-Gräwe:
Momentan geht die ökonomische Erzählung so: Erst müssen Industrie und Handwerk Gewinne erwirtschaften, dann können wir soziale Dienstleistungen finanzieren. Diese Denke zeigt sich unter anderem auch darin, wie Kosten für Kitas und Schulen verbucht werden. Nicht als Investitionen, wie zum Beispiel Rüstungsgüter, sondern als Konsumausgaben. Und diese Ausgaben unterliegen – anders als Investitionen – der Schuldenbremse und stehen damit unter Finanzierungsvorbehalt. Sind Kommunen klamm, haben sie folglich gar keine andere Wahl, als dort zu sparen.
Es sei aber verheerend für die Gesellschaft und auch für die Wirtschaft, wenn der Sorgesektor nicht bedarfsgerecht und vorausschauend entwickelt wird. Ein lesenswertes Interview. Wer es noch ausführlicher möchte: Soeben ist Meier-Gräwes zusammen mit Ina Praetorius geschriebenes Buch „Um-Care – Wie Sorgearbeit die Wirtschaft revolutioniert“ erschienen (Patmos, 2023, 19 Euro).
Quelle: Lisa Welzhofer, Uta Meier-Gräwe Bild: imago www.stuttgarter-nachrichten.de
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