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Klima und Wandel

Thwaites-Gletscher: Das "jüngste Gericht" kommt offenbar früher

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
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Nick ReimerFreitag, 24.05.2024

Wissenschaftler haben ihn "Weltuntergangs-Gletscher" oder auch "Gletscher des Jüngsten Gerichts" getauft: Tatsächlich geht von dem in der Westantarktis gelegene Thwaites-Gletscher eine gigantische Bedrohung aus. Denn wenn dieser Eispanzer abschmilzt, hat das einen Anstieg des Meeresspiegels um wenigstens 60 Zentimeter zur Folge - und zwar weltweit. Der Gletscher ist von der Fläche her halb so groß wie Deutschland und im Durchschnitt eintausend Meter dick - ziemlich viel gefrorenes Wasser. Doch nicht nur das: Weil der Thwaites wie ein Gürtel um antarktisches Inlandseis funktioniert, würde sein Zerfall weiteres Eis schmelzen lassen und unweigerlich in den kommenden Jahrhunderten den Meeresspiegel um zusätzlich drei Meter ansteigen lassen.

Glaziologen haben nun Satellitenmessung ausgewertet, die das polnisch-finnische Programm ICEYE von März bis Juni 2023 durchgeführt hatte: Mit durchaus beängstigendem Ergebnis, das in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht wurde: Demnach presst sich warmes Ozeanwasser bei Flut viele Kilometer weit unter das Eis des Gletschers, was den Schmelzvorgang beschleunigt. Bislang hatte die Wissenschaft lediglich dafür Belege, dass warmes Meerwasser nur den Rand des Gletschers unterspült, jetzt zeigen die Satellitenaufnahmen, wie sich der Gletscher unter dem Wasserdruck anhebt und biegt. Das internationale Forscherteam um den Erdsystemwissenschaftler Eric Rignot von der "University of California" geht deshalb davon aus, dass es nur zehn bis 20 Jahre dauern wird, bis der schmelzenden Gletscher zu einem deutlichen Anstieg des Meeresspiegels führen wird.

Die Schmelze in der Antarktis ist nur ein Teil, die den Meeresspiegel steigen lässt. Der Eisverlust auf Grönland, dem weltweit zweitgrößten Gletscher, hat sich seit den 1980er Jahren versechsfacht. Das grönländische Eisschild gilt als Kipp-Element im Weltklimasystem, die – einmal angeschoben – nie wieder gestoppt werden können. In den Spitzen ist der Eispanzer 3.300 Meter hoch. Wenn er anfängt zu tauen, fällt die Oberfläche nach unten in immer wärmere Schichten, was das das Tauen weiter beschleunigt. Taut das Grönlandeis vollständig ab, steigt der Meeresspiegel um sieben Meter an. Emden liegt ein Meter hoch.

Die Gletscher der Anden, der Alpen, jene in Afrika oder die im mittelasiatischen Tientschan - bis Mitte des Jahrhunderts werden viele, wenn nicht gar alle von ihnen verschwunden sein. Und verschwunden sein heißt: Ins Meer geflossen. Kommen auch noch die Gletschermassen des Himalayas, des Karakorums oder des Pamirs dazu, lässt das den Meeresspiegel um weitere Meter wachsen. Dazu kommt einfache Physik: Weil sich wärmeres Wasser ausdehnt, steigt der weltweite Ozeanpegel allein deshalb an. Bislang haben die Ozeane 90 Prozent jener Wärme aufgenommen, die durch den menschgemachten Treibhausgas-Effekt zusätzlich im Erdenrund verblieben sind: So viel Energie, wie 3,6 Milliarden Atombomben der Hiroshima-Größe.

Das weitaus größte Potential den Ozeanpegel ansteigen zu lassen, hat allerdings die Antarktis: Selbst die Gletscher in der Ostantarktis, die lange Zeit von der Wissenschaft als stabil eingeschätzt wurden, verlieren mittlerweile Eis. Taut alles gefrorene Wasser ab, wird der Meeresspiegel um gut 60 Meter höher liegen als aktuell. 

Das wird nicht bis Ende des Jahrhunderts, auch nicht bis Ende des Jahrtausends passieren: Physikalisch kann der Meeresspiegel nur um ein bis zwei Meter pro Jahrhundert ansteigen. Ob es aber 60 Meter werden, entscheidet sich dieser Tage: Ohne Klimaschutz werden die Kippelemente auf Grönland, in den Anden, im Himalaja und in der Antarktis in Gang gesetzt, die nie wieder gestoppt werden können. Statt jetzt aber anzufangen, Klimaschutz zu leben, diskutieren wir lieber über Wärmepumpen, Tempolimit, „Veggieday“ und Industriestrompreis.

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