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Kurator'in für: Volk und Wirtschaft Fundstücke Klima und Wandel
Ich schreibe „Cleantech Ing.“, einen Newsletter, über Technologien, die wir brauchen werden, um die Klimakrise zu lösen.
Die demokratische Geschichte Frankreichs ist ein Drama in fünf Akten – bisher. Fünfmal hat sich die république française in ihrer Geschichte neu gegründet, zuletzt 1958, als Charles de Gaulle Präsident mit einer neuen Verfassung wurde. Diese Verfassung gab dem französischen Präsidenten große Macht, die Macron gerade nutzte, um per Dekret eine Rentenreform durchzusetzen.
Der Präsident kommt "einem gewählten Diktator in der entwickelten Welt am nächsten", wie es in diesem lesenswerten Hintergrundstück in der Financial Times heißt. Darin nimmt der in Paris lebende Autor Simon Kuper die Gründe für die aktuelle große Protestwelle in Frankreich auseinander.
Was den Text dabei besonders macht: Kuper geht tiefer als viele andere Analysen. Denn ja, natürlich geht es in diesem Protest um die Rentenreform, aber vielleicht geht es auch um mehr, so jedenfalls Kupers These: um die institutionelle Verfasstheit des Landes, die Distanz, die sich zwischen Präsident und Bevölkerung entwickelt hat.
Kuper schreibt:
Die Enttäuschung über den Präsidenten zeigt sich in den Zustimmungswerten. Mitterrand (Präsident von 1981 bis 1995) und Chirac (1995-2007) hatten laut Umfrageinstitut Kantar Sofres in der Regel Zustimmungswerte zwischen 40 und 60 Prozent. Die letzten drei Präsidenten, Nicolas Sarkozy, François Hollande und Macron, lagen jedoch in der Regel zwischen 20 und 40 Prozent.
Und weiter:
Die heutige herrschende Klasse besteht überproportional aus weißen Söhnen der buchbesitzenden Oberschicht [...] Wenn sie nicht aus Paris stammen, sind sie in der Regel als Teenager dorthin gezogen, wie Hollande, der Sohn eines wohlhabenden Arztes aus der Normandie, oder Macron, der Sohn eines Neurologen aus Picardie.
Wenn Kupers Analyse stimmt, wird es keine Ruhe für Frankreich geben. Immer wieder neue Protestwellen werden entstehen, in mutmaßlich schnellerer Frequenz, so lange, bis sich am Aufbau der Republik etwas ändert. So könnte die Macht des Präsidenten beschränkt und die Rolle der Kommunen gestärkt werden. So eine Verfassungsänderung könnte Macrons Erbe werden. Bis die sechste Republik kommt, gilt aber weiterhin die speziell französische Gewaltenteilung:
Heute hat Frankreich drei Gewalten: die Präsidentschaft, die Justiz und die Straße.
Hinweis: Falls der Text eine Paywall hat, den Titel googeln. Bei mir war er so ohne Paywall.
Quelle: Simon Kuper EN www.ft.com
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"… aber vielleicht geht es auch um mehr, so jedenfalls Kupers These: um die institutionelle Verfasstheit des Landes, die Distanz, die sich zwischen Präsident und Bevölkerung entwickelt hat?" Vielleicht geht es aber auch um das Verhalten der Bevölkerung, um das was das Volk von Politik erwartet, erwarten kann? Was die Menschen von sich selbst erwarten? Also um die komplexe politische Kultur und nicht nur um den Sünder "Politik" und die Institutionen.